Trainer Gerhard Struber genießt vor dem DFB-Pokalspiel gegen Holstein Kiel weiter die Rückendeckung der Verantwortlichen.
Krise beim 1. FC Köln„Sie werden von uns keine Deadline hören“
Die Nachricht des Tages kam ganz zum Schluss und sie hatte weder etwas mit Gerhard Struber noch mit Christian Keller zu tun. Wer also damit gerechnet hatte, dass es nach den beiden erschreckenden Auftritten des 1. FC Köln in der 2. Fußball-Bundesliga bei Darmstadt 98 (1:5) und gegen den SC Paderborn (1:2) personelle Konsequenzen auf den Positionen des Cheftrainers oder Sportchefs geben wird, wurde am Montag enttäuscht. Diskussionsstoff gab es trotzdem reichlich, denn Marvin Schwäbe kehrt ins Tor zurück und löst im Heimspiel der 2. Runde des DFB-Pokals am Dienstag (20.45 Uhr/Sky) gegen Bundesligist Holstein Kiel Stammkeeper Jonas Urbig ab.
„Weil Marvin im Training so professionell unterwegs ist und uns im Training immer wieder zeigt, wie wichtig auch er für die Mannschaft ist, wird er gegen Kiel starten“, begründete Gerhard Struber seine Entscheidung. Der Österreicher rückte damit schon in der zweiten Runde von seinem ursprünglichen Plan ab, im Pokal nicht auf der Torwartposition rotieren zu lassen. So hatte er jedenfalls eine entsprechende Frage vor der Erstrundenpartie bei Drittligist SV Sandhausen (3:2 nach Verlängerung) beantwortet: „Es gibt keine Gründe, etwas zu wechseln oder Experimente anzudenken. Wir wollen mit der bestmöglichen Mannschaft auf dem Platz stehen und uns nicht hinreißen lassen, etwas auszuprobieren.“
Die sportliche Entwicklung beim FC hat den 47-Jährigen offensichtlich eines Besseren belehrt. Urbig ist zwar mit Ausnahme des Heimspiels gegen den Hamburger SV, als er vor dem 0:1 schwer patzte, nichts vorzuwerfen, der erhoffte große Rückhalt hinter der wackligen Kölner Defensive (22 Gegentore in elf Pflichtspielen) war der U21-Nationalspieler aber auch nicht.
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Für die nötige Stabilität braucht es in einer Abwehr auch Erfahrung und die bringt Marvin Schwäbe mit. Der 29-Jährige, der im Sommer 2021 nach Köln kam, blickt auf 102 Pflichtspiele für den FC zurück, davon 89 in der Bundesliga. Schwäbe war zum Bundesliga-Abstieg in diesem Jahr die unangefochtene Nummer eins im Tor der Geißböcke und vor allem durch seinen geplatzten Wechsel im Sommer ins zweite Glied gerutscht.
Sollte nun ausgerechnet Schwäbe im Pokal gegen den Bundesliga-Aufsteiger für die Wende sorgen, hätten die Kölner womöglich auf der Torwart-Position die nächste Diskussion am Bein. Gerhard Struber bemühte sich am Montag, direkt einen Riegel vor diese Eventualität zu schieben und lobte Urbig über den grünen Klee: „Jonas ist ein ganz, ganz großes Torwarttalent. Ich habe in meiner Zeit als Trainer bereits mit sehr guten Torhütern zusammenarbeiten dürfen, aber er hat ein Profil, das ich so noch nicht gesehen habe.“
Torwartwechsel könnte für neue Diskussionen sorgen
Was ihm noch fehlt, ist besagte Erfahrung. „Gleichzeitig ist er ein junger Spieler, der diesen Bewegungen unterliegt, dass es mal besser und herausfordernder sein kann. Wir sind, was die Gegentore betrifft, nicht auf dem Level, auf dem wir sein wollen. Und natürlich braucht Jonas auch eine stabile Abwehr und eine stabile Mannschaft um sich herum.“
Wenn Struber es sich aussuchen dürfte, würde er wohl die Torwart-Diskussion wählen, weil sie bedeuten könnte, dass seine Mannschaft die Hürde Kiel nimmt und ins Achtelfinale des DFB-Pokals am 3./4. Dezember einzieht. Der immer noch neue FC-Chefcoach ist nach dem 1:2 gegen Paderborn schwer angezählt. Vor allem, weil er seinem Team nach dem Debakel in Darmstadt eine defensivere Herangehensweise verordnete und die Spieler damit offensichtlich verunsicherte.
„Der Fokus der Mannschaft war etwas zu defensiv und mit Ball haben wir keine guten Entscheidungen getroffen. Dann haben die Jungs auch durch das 1:5 eine gewisse Verunsicherung gespürt und im Stadion ist es unruhiger geworden. Das gehört dazu. So wunderbar das Stadion ist, so grausam kann es auch mitunter für die Jungs sein“, versuchte sich Thomas Kessler an einer Erklärung. Der Leiter Lizenz verwies darauf, dass auch dies eine Erfahrung sei, die die Spieler im Laufe ihrer Karriere voranbringen kann. Für den FC geht es nach nur einem Sieg aus den jüngsten Pflichtspielen darum, diese Erfahrung „kurzfristig in Erfolg umzumünzen“.
Das Wort „kurzfristig“ dürfte nichts anderes bedeuten, als dass es gegen Kiel und am Samstag im Zweitligaspiel bei Hertha BSC Berlin um die Zukunft von Gerhard Struber und Christian Keller geht. „Grundsätzlich sind wir alle nicht naiv, ich schon gar nicht. Wenn du in der Welt des FC ins Verlieren kommst, wird diskutiert. Das ist normal“, sagte Struber und erklärte weiter: „Natürlich sind die vergangenen Tage nicht spurlos an uns vorübergegangen. Das war zweimal eine Leistung, wie wir sie uns nicht vorstellen. Für mich gilt aber, den Fokus mit der Mannschaft zu behalten. Wir wissen, was wir zu tun haben.“
Kessler umschiffte die Trainerfrage: „Sie werden von uns keine Deadline hören. Wir gehen intern rational an die Sache ran.“ Klar dürfte sein, dass Christian Keller Struber nicht entlassen wird, solange er Sportchef ist. Dafür sind die Schicksale der beiden zu eng miteinander verknüpft und Keller zu sehr von der Arbeit des Trainers überzeugt. Mitentscheidend dürfte demnach sein, inwieweit Struber die Kabine noch hinter sich hat und ob die erwartete Rückkehr zum riskanteren Offensivansatz gegen den noch sieglosen Tabellenvorletzten der Bundesliga zum Erfolg führt. Und natürlich, ob Marvin Schwäbe der löchrigen Defensive wieder Sicherheit verleiht.
Voraussichtliche Aufstellungen:
1. FC Köln: Schwäbe; Thielmann, Hübers, Heintz, Pacarada; Martel, Huseinbasic, Ljubicic, Maina; Lemperle, Waldschmidt. — Holstein Kiel: Weiner; Ivezic, Erras, Geschwill; Becker, Knudsen, Gigovic, Porath, Skrzybski; Machino, Pichler.