Der 1. FC Köln verfällt beim 1:2 gegen Paderborn in Lethargie. Der Druck vor dem DFB-Pokalspiel am Dienstag gegen Kiel ist massiv.
FC-Trainer schwer unter DruckGerhard Struber droht seine Mannschaft zu verlieren
Lukas Kwasniok machte gleich zu Beginn der Pressekonferenz keinen Hehl aus seinem Erstaunen. Er sei „schon etwas überrascht“ gewesen ob der Passivität, die der sonst so stürmische 1. FC Köln im eigenen Stadion an den Tag gelegt hatte, sagte der Trainer des SC Paderborn. Kwasnioks Geständnis war umso bemerkenswerter, weil es nach dem 2:1 (0:0)-Sieg der Ostwestfalen nicht mal einer Frage danach bedurfte. Das wiederum brachte das ganze Dilemma auf den Punkt, das sein Gegenüber Gerhard Struber am Freitagabend angerichtet hatte.
Auf der Suche nach besseren Ergebnissen war der Bundesliga-Absteiger fußballerisch vom rechten Weg abgekommen. Aktivität verwandelte sich in Passivität, die in einer Lethargie gipfelte, dass Struber nach dem nächsten Rückschlag im Kampf um den Wiederaufstieg massiv in Bedrängnis geriet. „Wir wollten in einem tieferen Block stehen und trotzdem proaktiv sein. Das ist uns nicht so gelungen, weil die Mannschaft es nicht so gewohnt ist, in so einem tiefen Block zu verteidigen“, musste der Österreicher einräumen. Seine Systemumstellung nach dem 1:5-Debakel in Darmstadt hatte nur zu noch mehr Verunsicherung bei seinen Spielern geführt.
Da half es auch nichts, dass die Kölner in einer chancenarmen Partie aus dem Nichts durch Jan Thielmanns Volleyschuss nach einer eigentlich schon abgewehrten Ecke (66.) in Führung gegangen waren. Die Instabilität war geblieben, weshalb zwei erneute Patzer der Innenverteidiger Timo Hübers und Julian Pauli ausreichten, um den eingewechselten Routinier Sven Michel (76., 80.) zum Matchwinner werden zu lassen. „Haarsträubend“ nannte Struber die nicht enden wollenden individuellen Aussetzer in der Defensive. „Dass wir es hinten raus so hergeben, war nicht die Reaktion, die ich mir vorgestellt hatte.“
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Die zweite Niederlage in Folge und die vierte insgesamt stürzte den einstigen Aufstiegs-Favoriten nach nur zehn Spieltagen in eine neuerliche Krise und ließ die Stimmung im Umfeld endgültig kippen. Nach dem Schlusspfiff hagelte es gellende Pfiffe und „Keller raus“-Rufe. „Nach dem Abstieg und den verlorenen Spielen ist es eine verständliche Reaktion. Wenn ich auf den Rängen sitzen würde, würde meine Reaktion ähnlich ausfallen. Ich kann den Frust in ganz Köln verstehen“, sagte Torschütze Thielmann und brachte die Ratlosigkeit in der jungen Kölner Mannschaft zum Ausdruck: „Wir wissen selbst nicht, wie wir damit umgehen sollen. Wir können uns das selbst nicht erklären.“
Die Wechsel von Gerhard Struber sorgen erneut für Irritation
Auch Gerhard Struber, der verstärkt auf Plattitüden zurückgreift („Es gilt, die Ärmel hochzukrempeln“), wirkt zunehmend ratlos. „Wir werden unserem Anspruch in keinster Weise gerecht. Wir übernehmen die volle Verantwortung für das, was hier ergebnistechnisch gerade passiert“, erklärte der erst im Sommer verpflichtete Österreicher, dessen drei Tage langes Geheimtraining vor dem Paderborn-Spiel wirkungslos verpufft war. Das galt ebenso für die öffentliche Attacke, mit der Sportchef Christian Keller („Wie eine Schülermannschaft“) das von ihm selbst zusammengestellte Team nach dem Untergang in Darmstadt auseinandergenommen hatte. Dennoch bleiben Struber und Keller vorerst im Amt (siehe unten stehender Text) und tragen auch im DFB-Pokal-Heimspiel am Dienstag (20.45 Uhr, Sky) gegen den sieglosen Bundesliga-Neuling Holstein Kiel die Verantwortung. Struber spricht zwar nur von einem „Bonusspiel“, doch der Druck ist massiv.
Der häufig zu distanziert wirkende FC-Coach ist nun mehr denn je gefordert, seine Mannschaft, die er auch wegen rätselhafter Wechsel (Sargis Adamyan, Steffen Tigges) und Nichtberücksichtigungen (Max Finkgräfe, Florian Kainz) zu verlieren droht, in kürzester Zeit zu stabilisieren. „Am Anfang der Saison haben wir immer darüber gesprochen, dass die Leistungen gut sind, aber die Ergebnisse nicht. Jetzt haben wir schlechte Leistungen und schlechte Ergebnisse“, beschreibt Kapitän Timo Hübers die kapitale Rückwärtsentwicklung, die gegen Paderborn in einem taktischen Fiasko mündete. „Wir haben es verpasst, die richtigen Auslöser zu finden, um wirklich ins Pressing zu kommen und das auf den Platz zu bekommen, was uns stark macht und Selbstvertrauen vermittelt. Das haben wir völlig versäumt“, legte Hübers die Probleme schonungslos offen und konstatierte: „Wir müssen einen besseren Mix finden.“
Christian Keller, der den Sturz auf den zwölften Tabellenplatz als „unbefriedigenden Zustand“ bezeichnet, will das Saisonziel trotz des nächsten besorgniserregenden Auftritts noch nicht zu den Akten legen. „Wir haben eine Mannschaft, die mehr leisten kann und das auch schon gezeigt hat. Wir müssen es besser machen und haben dazu noch alle Möglichkeiten“, erklärte der sichtlich angeschlagene 45-Jährige, der dabei offenbar auch auf das Prinzip Hoffnung setzt: „Es ist allein schon der Wahrscheinlichkeit geschuldet: Wenn du längere Zeit nicht gut drauf bist, dann drehst du es irgendwann wieder in eine positive Richtung.“ Es wird höchste Zeit.