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Kaderplanung 1. FC KölnGeißböcke gehen ein kalkuliertes Risiko ein

Lesezeit 4 Minuten
1. FC Köln vs. VFL Bochum, 28. Spieltag, 06.04.2024, 15.30 Uhr, Davie Selke (1. FC Köln), Bild: Herbert Bucco

Davie Selke bei seinem bislang letzten Einsatz für den 1. FC Köln gegen den VfL Bochum.

Der 1. FC Köln und Davie Selke sind bislang finanziell auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen. Der Zweitligist muss demnach in der Offensive auch auf junge Spieler setzen.

Der 1. FC Köln hat am Wochenende noch einmal eine Abschiedsrunde gedreht. Der Club schickte Faride Alidou und Benno Schmitz auf seiner Vereinsseite die besten Wünsche mit auf den Weg in eine Zukunft, die nicht am Geißbockheim liegt. Die Verträge des Leihspielers von Eintracht Frankfurt und des langjährigen Rechtsverteidigers sind mit dem 30. Juni ausgelaufen. Was auch für Davie Selke gilt, der im Gegensatz zu seinen beiden Teamkameraden aber keine warmen Worte des FC mit auf den Weg bekam.

Ein Fakt, der die Interpretation zulässt, dass im Fall des 29-Jährigen Stürmers noch keine Entscheidung gefallen ist. Immerhin hatte sich der Torjäger schon im Frühjahr dazu bekannt, im Falle eines Abstiegs mit dem FC auch in die Zweite Fußball-Bundesliga zu gehen. Sein Vertrag, den er im Juni 2023   um drei Jahre bis 2026 verlängert hatte, galt allerdings nur für die Erste Bundesliga.

Finanzielle Vorstellungen liegen weit auseinander

Es musste also neu verhandelt werden, denn Selke wollte bleiben und der FC ihn trotz seiner immensen Verletzungsanfälligkeit und seiner bedingten Passfähigkeit zur Kölner Spielidee des hohen Pressings auch gerne halten. Natürlich vor dem Hintergrund, dass es dem Bundesliga-Absteiger in diesem Sommer durch die FIFA-Sperre unmöglich ist, neue Spieler registrieren zu lassen und in der vergangenen Saison vor allem in der Offensive der Schuh gedrückt hat.

Die Kölner unterbreiteten Selke also ein mit einer Frist versehenes Angebot, das den Mittelstürmer trotz einiger leistungsbezogener Komponenten zu einem Spitzenverdiener der Zweiten Bundesliga hätte werden lassen und nahe der Millionengrenze gelegen haben soll. Ein Angebot, das Selke aber nicht annahm. Er hatte offensichtlich eine andere Auffassung seines Marktwerts und forderte nach Rundschau-Informationen ein Gehalt, das jenseits der 1,5 Millionen-Grenze pro Saison lag.

Club und Spieler hatten ihre Positionen bezogen und bauten darauf, dass sich die Gegenseite bewegt. Der FC, weil er   davon ausging, dass Selke sich in Köln wohlfühlt und nach zwei schweren Fußverletzungen und nur vier Einsätzen in der Rückrunde froh sein durfte, überhaupt ein so gutes Angebot zu bekommen. Selke und sein Berater hofften dagegen, dass die Kölner ihm in Person von Sportchef Christian Keller angesichts der Transfersperre ein Stück weit entgegen kommen würden.

Ich weiß, dass die Frist verstrichen ist und dass es seitdem nicht wirklich viel Kontakt gegeben hat.
Gerhard Struber, Trainer 1. FC Köln

Beide Seiten blieben aber bei ihren Vorstellungen. Selke ließ die Frist verstreichen und ist damit seit dem 1. Juli vertrags- und vereinsloser Profi. „Mein Stand hat sich nicht verändert. Ich weiß, dass die Frist verstrichen ist und dass es seitdem nicht wirklich viel Kontakt gegeben hat“, berichtete der neue FC-Trainer Gerhard Struber am Wochenende und erklärte weiter: „Wir haben vor einiger Zeit miteinander telefoniert. Es braucht einfach dieses Commitment, und so lange es das nicht gibt, macht das auch keinen Sinn. Ich habe viel zu tun mit dem Kader.“ Hört sich gar nicht danach an, als ob Davie Selke, dem Angebote aus Saudi Arabien, Südkorea, Zypern und der Bundesliga vorliegen sollen, und der FC in diesem Fußballleben noch einmal auf einen Nenner kommen.

Zu viele Kompromisse für den 1. FC Köln

Die Kölner gehen mit ihrem Vorgehen ein gewisses Risiko ein. Es gibt keine Garantie, dass die jungen Spieler wie Tim Lemperle und Damien Downs offensiv in die Bresche springen können oder Sargis Adamyan und Steffen Tigges in der Zweiten Liga endlich richtig durchstarten. Und Christian Keller weiß, dass er erst in der Winterpause nachbessern kann, falls der Plan im ersten halben Jahr nicht aufgeht.

Auf der anderen Seite hätte der FC für einen neuen Vertrag von Davie Selke tief in die Tasche greifen müssen. Geld, für das Sportchef Keller ab dem 1. Januar wahrscheinlich sogar zwei zweitligataugliche Stürmer holen könnte. Außerdem garantiert niemand den Geißböcken, dass Selke aufgrund seiner hohen Verletzungsanfälligkeit in der kommenden Saison überhaupt auf die Anzahl an Spielen und Toren kommt, die seine Gehaltsforderungen rechtfertigen.

Addiert man die Kompromisse, auf die sich der 1. FC Köln hätte einlassen müssen, um den erfahrenen Stürmer zu halten, scheint die Entscheidung gegen die Forderungen des Spielers eine vernünftige zu sein. Auch vor dem Hintergrund, dass die nächste Saison den jungen Spielern die Möglichkeit bietet, sich weiterzuentwickeln und mehr ins Rampenlicht zu treten.