Im zweiten Teil des Rundschau-Interviews spricht Philipp Türoff über Lehren aus dem Fall Potocnik und seinen Umgang mit der Krise.
Finanzchef des 1. FC Köln„Weglaufen vor der Krise ist für mich keine Option“
Herr Türoff, welche Gedanken haben Sie sich im Nachgang des Falls Potocnik gemacht?
Ich habe mir das oft durch den Kopf gehen lassen: Welche Risiken sind genau bekannt gewesen? Welche Risiken habe ich erkannt? Was habe ich selbst als Konsequenzen für möglich und wahrscheinlich erachtet? Und: Warum habe ich mich bei dem Vorgang nicht anders verhalten, dass ich ihn gestoppt, aufgehalten, unterbunden habe? Ich habe damals meine Einschätzung getroffen, das nicht zu tun. Sicher mit eingeschränkter Erfahrung, was genau solche verbandsrechtlichen Themen angeht. Ich habe in verschiedensten Kontexten Unternehmen in verschiedenen Größenordnungen und in verschiedenen Rechtsräumen geführt, aber in diesem Bereich war ich als Geschäftsführer auf entsprechende Einschätzung angewiesen. Alexander Wehrle und ich waren zu dem Zeitpunkt des Transfers die beiden verantwortlichen Geschäftsführer. Wir haben unter sehr großem Zeitdruck in den letzten Zügen des Transferfensters die entsprechenden Informationen, die uns zur Verfügung standen, angesehen und dann die Entscheidung getroffen, dass wir den Vorgang nicht aufhalten. Das Ergebnis ist verheerend. Ich hätte mir gewünscht, dass ich den Vorgang gestoppt hätte. Ich habe diese Größenordnung aber schlicht und ergreifend nicht erkannt. Das Ergebnis ist ganz klar, dass dieser Transfer so nicht richtig war.
Was unternimmt der FC, damit so ein Fall nicht wieder vorkommt?
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Eines ist völlig klar: Das darf nicht wieder passieren und das wird mir auch nicht wieder passieren in dieser Form. Wir schauen, dass die Prozesse innerhalb des FC klar und ausformuliert sind. Wir prüfen, wo mehr Sicherheit und das Mehraugenprinzip ausgebaut werden kann. Ebenso, wo bestimmte Beratung hinzugefügt und bestimmte Gremien hinzugezogen werden können. Das alles ist auf den Prüfstein gelegt worden, und daran arbeiten wir auch weiterhin. Weil es um eine Wachsamkeit geht, die man immer braucht.
Warum hat der FC in der Phase, in der Olimpija Ljubljana noch keine juristischen Schritte eingelegt hatte, nicht mit mehr Vehemenz eine außergerichtliche Einigung angestrebt?
Der Fall ist komplexer, als man sich das wünscht. Wir konnten uns in besagter Phase nicht in der Form einigen, dass der Fall vom Tisch kam. Wir haben allerdings auch nicht das Gegenteil betrieben und in einer Art und Weise agiert, mit der wir gezeigt hätten, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Wir haben versucht, uns mit juristischer Expertise rational mit dem Thema auseinanderzusetzen.
War es glücklich, dass die Geschäftsführung bereits vor Abschluss der Untersuchungen zum Fall Potocnik ein Treuebekenntnis des Vorstands erhalten hat?
Ich kann nachvollziehen, dass diese Frage gestellt wird. Gleichzeitig bin ich jedoch dankbar dafür, dieses Signal des Vertrauens vom Vorstand erhalten zu haben. Wenn Vertrauen im Innenverhältnis schwindet, ist es geradezu unmöglich, Entscheidungen zu treffen und zu führen. Es muss aber sichergestellt sein, dass wir in der Krise nicht auseinanderfallen und weiterarbeiten können. Es gibt wichtige Entscheidungen zu treffen. Dafür braucht es Zusammenhalt. Daher ist es für uns intern ein ganz wichtiges Signal gewesen. Dennoch haben wir nicht allem vorweggegriffen. Wir haben immer gesagt, dass es diese kritische Auseinandersetzung geben muss, und die findet auch statt.
Wie viel Lust verspüren Sie, die wohl größte Krise in der Vereinsgeschichte des FC zu bewältigen?
Große Lust. Krise ist nicht immer schön, das ist völlig klar. Weglaufen davor ist für mich aber keine Option. Mein eigenes Verständnis als Manager ist, dass ich Verantwortung übernehmen möchte, um Lösungen zu schaffen und Wege zu ebnen. Verantwortung in so einer prominenten Position heißt, immer gerade dann, wenn es schwierig ist, stehenzubleiben. Wofür braucht es denn Führung, wenn alles läuft? Das ist easy. Führung braucht es in dem Moment, wenn nicht alles läuft. Man muss bereit sein, stehenzubleiben, gleichzeitig aber eine maximale Lernkurve an den Tag legen, um zu schauen, was korrigiert werden muss. Und man muss rational bleiben. Das versuche ich, in dieser Phase einzubringen. Ich löffele die Suppe mit aus und gucke, dass wir wieder auf die Füße kommen.
Der Vertrag mit Hauptsponsor Rewe läuft 2025 aus. Was ist der Stand der Verhandlungen?
Bei Partnerschaften ist es immer gut, wenn man sich in der Krise kennt. Rewe ist und bleibt unser erster Ansprechpartner. Wir sind in Verhandlungen und müssen die Dinge bei so wichtigen Rechten eines Hauptpartners gründlich machen.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat das Oberverwaltungsgericht Münster Ende April aufgefordert, den Bebauungsplan zum Ausbau des Geißbockheims neu zu verhandeln. Wann erwarten Sie eine Reaktion aus Münster?
Das Juristische wird, wie immer, Zeit brauchen. Aus unserer Sicht ist mit der Entscheidung aus Leipzig neue Bewegung reingekommen. Die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans wurde nochmals bestätigt. Unter den gegebenen Voraussetzungen kann man mit den Maßnahmen starten. Daran arbeiten wir jetzt mit Hochdruck.
Wie geht es weiter?
Ein Umzug nach Marsdorf funktioniert für uns wirtschaftlich schlicht und ergreifend nicht. Mit dem Abstiegsszenario der Profis sieht man es noch deutlicher. Um den 1. FC Köln dahinzuführen, wo wir ihn haben wollen, können wir nicht alle Körner, die wir haben, nur für die Geschäftsstelle und das Trainingsgelände einsetzen. Wir brauchen auch wirtschaftliche Möglichkeiten, um die sportliche Reise und Vermarktungsthemen zu gestalten. Das ist nun offensichtlicher denn je und deswegen müssen wir am Geißbockheim weiterkommen.
Den ersten Teil des Interviews mit Philipp Türoff lesen Sie hier