Nach dem Verzicht auf seine Ausstiegsmöglichkeit will der Innenverteidiger noch mehr Verantwortung übernehmen.
„Egoistische Entscheidung“Timo Hübers erklärt seinen Verbleib beim 1. FC Köln
Am Mittwochvormittag ging Gerhard Struber das Herz auf. „Den Laufweg liebe ich“, rief der Österreicher in feinem Dialekt über den sonnenüberfluteten Trainingsplatz am Geißbockheim und klopfte sich vor Freude auf die linke Brust. Adressat des Lobes war Leihrückkehrer Mathias Olesen, der sich im Trainingsspiel auf exakt jene Weise dem gegnerischen Tor angenähert hatte, wie es dem neuen Fußballlehrer des 1. FC Köln vorschwebt. Um seine Idee des vertikalen Spiels zu veranschaulichen, unterbrach Struber die Übung, gestikulierte und erläuterte, ehe er mit einem kraftvollen „Gemma!“ zur Fortführung des Trainings aufrief. Ein Vorgang, der sich am dritten Vorbereitungstag des Zweitligisten mehrfach wiederholte und deutlich machte, dass es sich bei dem 47-Jährigen keinesfalls um einen Chefcoach handelt, der sich als stiller Beobachter sieht.
Timo Hübers teilt die Eindrücke der Zaungäste. „Viel am Eingreifen, viel am Korrigieren“ sei der neue Mann an der Kölner Seitenlinie, schilderte der Innenverteidiger nach der schweißtreibenden Einheit in der Sommerhitze, bei der sich die FC-Profis hohen Anforderungen ausgesetzt sahen. „Es wird viel eingefordert: Gegenpressing, hohes Anlaufen, Ballgewinne.“ Hinzu komme eine „positive Ansprache“ von Gerhard Struber, dessen Mundart bei manchem FC-Profi allerdings noch für fragende Blicke sorgt. „Die Dänen, die letztes Jahr viel Deutsch gelernt haben, gucken sich etwas verwundert an und brauchen eine englische Nachjustierung. Aber man versteht es schon“, schmunzelt Timo Hübers, der hoffnungsfroh resümiert: „Der erste Eindruck passt auf jeden Fall.“
In der vergangenen Saison passte bei den Geißböcken dagegen kaum etwas zusammen. Den siebten Bundesliga-Abstieg der Vereinsgeschichte bezeichnet Hübers als „super enttäuschend“. Der Innenverteidiger brauchte eine gewisse Zeit, ehe er in die Aufarbeitung gehen konnte: „So wie die letzte Saison verlaufen ist, war ich erstmal froh, ein paar Tage frei zu haben, um einen etwas neutraleren Blick auf die Situation zu bekommen.“ Als einer von insgesamt sieben FC-Profis, die nach dem Abstieg im Besitz einer Ausstiegsklausel waren, spielte Timo Hübers mit dem Gedanken, sich nach drei Jahren neu zu orientieren. „Ich habe mir auch andere Sachen angehört, das habe ich letzte Saison intern kommuniziert“, räumte der Abwehrmann ein, der das Interesse von Udinese Calcio und Brighton & Hove Albion hervorgerufen haben soll.
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Doch nach ausgereizter Bedenkzeit hielt Timo Hübers dem FC die Treue. Und ließ sich ebenso wie Jan Thielmann, Eric Martel und Florian Kainz die Möglichkeit eines Ausstiegs per Bonuszahlung abkaufen. Seine Entscheidungsfindung beschreibt Hübers in der ihm typischen Art: „Am Ende habe ich ganz egoistisch entschieden und mir das herausgesucht, was für mich das coolste Gesamtpaket hat. Und das ist am Ende der FC gewesen, der mir schon am Herzen liegt.“
Der Innenverteidiger präzisierte: „Das fängt an mit den Leuten, die hier arbeiten, und geht weiter über die Fans, das Stadion und die Stadt. Trotz Zweiter Liga gibt es eine Menge Sachen, die den Verein super attraktiv machen.“ Eine Meinung, mit der Hübers längst nicht alleine dasteht: „Am Ende ist es nicht ganz der vor zwei Monaten prognostizierte Weltuntergang geworden. Wir haben eine super schlagkräftige Truppe beisammen.“
Mit Jeff Chabot ist sein Innenverteidiger-Kollege allerdings nicht mehr dabei. „Trotz des Abstiegs hat Jeff eine super Saison gespielt. Daher ist es absolut verständlich, dass er die Chance wahrnimmt, Champions League spielen zu können“, ordnet Timo Hübers den Abgang seines Nebenmannes zum VfB Stuttgart ein. Doch auch so sieht Hübers den FC im Abwehrzentrum „ganz gut aufgestellt“: „Mit Dominique Heintz haben wir einen Spieler parat stehen, der über eine Menge Erfahrung verfügt und viel kommuniziert.“
Hübers selbst will in der verjüngten Kölner Mannschaft noch stärker in die Verantwortung treten. Und zwar losgelöst von der Frage, ob der kriselnde Florian Kainz die Kapitänsbinde behält. „Verantwortung übernehmen heißt ja nicht unbedingt nur, dass es mit einer Rolle einhergehen muss“, betont der 27-Jährige. „Ich will versuchen, die jungen Spieler von meinem Erfahrungsschatz profitieren zu lassen und mit den Eindrücken, die ich habe, eine Richtung vorzugeben. Ich habe recht oft auch mal eine andere Sicht der Dinge. Und die versuche ich, miteinfließen zu lassen.“