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Doppelter VerletzungsschockWie der 1. FC Köln die Ausfälle auffangen will

Lesezeit 4 Minuten

Intensive Beratung: Kapitän Florian Kainz und Trainer Gerhard Struber.

Details zur Knieverletzung von Max Finkgräfe, den es wohl noch schlimmer erwischt hat als Florian Kainz.

Gerhard Struber wirkte sichtlich mitgenommen, als er am späten Samstagnachmittag die turbulenten Entwicklungen der letzten Stunden Revue passieren ließ. Innerhalb eines Tages war die Vorfreude auf das Trainingslager in Bad Waltersdorf in Sorge umgeschlagen, nachdem sich der vor der Abreise in die Steiermark angesetzte Doppeltest zu einem herben personellen Rückschlag für den 1. FC Köln entwickelt hatte. Hatte sich am Freitag gegen VV St. Truiden (3:0) bereits Linksverteidiger Max Finkgräfe am Knie verletzt, erwischte es am Samstag gegen Viktoria Köln (3:3) Kapitän Florian Kainz am Sprunggelenk. Beide Spieler waren als Leistungsträger eingeplant, doch nun werden sie den Saisonauftakt am 2. August gegen den Hamburger SV verpassen und dem Aufstiegsanwärter der 2. Fußball-Bundesliga darüber hinaus wohl für längere Zeit fehlen. „Das ist richtig bitter, dass wir in den zwei Spielen zwei Spieler verlieren“, zog Struber ein ernüchterndes Fazit. „Das ist das Schlimmste, wenn Spieler nicht verfügbar sind.“

Florian Kainz, der nach FC-Angaben „mehrere Wochen“ ausfallen wird, war in der Schlussphase nach einem Zweikampf um den Ball zu Boden gegangen. Sein Trainer hatte gleich Schlimmes befürchtet. „Es schaut nicht gut aus. Kainzi hat eine riesige Schwellung“, schilderte Gerhard Struber, noch bevor sich der Offensivspieler für Untersuchungen ins Krankenhaus begeben hatte. Passiert war das Unglück im zweiten Einsatz des Österreichers nach seiner EM-Teilnahme. Nach Kainz' Comeback gegen St. Truiden hatte Struber noch geschwärmt: „Kainzi ist richtig im Saft. Er hat das richtig gut gemacht im Gegenpressing. Er war auf den Punkt da und richtig hilfreich.“ Ob der Ausfall des 31-Jährigen Auswirkungen auf die Entscheidung in der Kapitänsfrage hat, blieb zunächst unklar. Zuletzt hatte Struber seinen Landsmann als „ganz wichtigen Partner“ gelobt.

Der Kader ist groß genug. Jetzt dürfen andere Spieler in die Verantwortung kommen.
Gerhard Struber, FC-Trainer

Nach Informationen der Rundschau wurden bei Max Finkgräfe sowohl das Innenband als auch der Innenmeniskus in Mitleidenschaft gezogen. Der 20-Jährige hatte nach einem Pressschlag über Schmerzen im Knie geklagt, weshalb er gegen St. Truiden bereits in der Anfangsphase ausgewechselt werden musste. „Max hat sich hier richtig reingearbeitet, um wieder zu liefern in der Meisterschaft. Er hatte viele gute Momente in der Vorbereitung, und dann kommt diese Verletzung dazwischen“, bedauert Struber das vorläufige Aus für den jungen Linksverteidiger, der einer der wenigen positiven Erscheinungen in der Abstiegssaison war. Finkgräfe hatte es in seinem ersten Profijahr auf bemerkenswerte 24 Bundesligaspiele gebracht, in denen er durch Unbekümmertheit zu gefallen wusste. Nach einer bereits am Freitagabend vorgenommenen MRT-Untersuchung soll sich Finkgräfe zu Wochenbeginn noch einer Arthroskopie unterziehen, um die Schwere der Verletzung genauer definieren zu können.

Naheliegendster Ersatz ist Leart Pacarada, der nach einem enttäuschenden ersten Jahr am Geißbockheim in der Bringschuld steht. Der 29-Jährige war im Sommer 2023 mit reichlich Vorschusslorbeeren vom FC St. Pauli verpflichtet worden; seinem Ruf als bester Verteidiger der Zweiten Liga konnte er bislang allerdings nicht gerecht werden. Als andere Alternative kommt Meiko Wäschenbach in Betracht. Der 20-Jährige, der auf seinen endgültigen Durchbruch beim FC noch wartet, hat sich in der Vorbereitung im Profikader festgekrallt. Als Finkgräfe am Freitag rausmusste, erhielt Wäschenbach den Vorzug vor Pacarada, der sich wegen eines Infektes erst seit zwei Wochen im Mannschaftstraining befindet. Auch Innenverteidiger Dominique Heintz (30) hat schon mal auf der linken Seite ausgeholfen. „Es ist immer schade, wenn man auf diesem Niveau Spieler verliert. Auf der anderen Seite rücken andere Spieler nach. Der Kader ist groß genug. Jetzt dürfen andere Spieler in die Verantwortung kommen“, nimmt Gerhard Struber die Akteure aus der zweiten Reihe verstärkt in die Pflicht.

Doppeltest gerät nach Verletzungen schnell in den Hintergrund

In Anbetracht des doppelten Verletzungsschocks waren die beiden Testspiele rasch in den Hintergrund geraten. Dabei hatte der überzeugende Auftritt der vermutlichen A-Elf gegen St. Truiden (Tore: Tim Lemperle, Damion Downs und Florian Dietz) für große Zufriedenheit bei Gerhard Struber gesorgt. „Wir waren im Gegenpressing bedingungslos und unmissverständlich und hatten das Lenkrad immer in der Hand. Das hat mir sehr gut gefallen. Wir sind hinten raus richtig ins Zocken gekommen. Es war ein guter nächster Schritt in der Vorbereitung“, freute sich der Österreicher über den nie gefährdeten Erfolg gegen den belgischen Erstligisten, der bereits am nächsten Wochenende in die Meisterschaft startet.

Am Tag danach war der zweite Anzug auf der Saisoneröffnung des Drittligisten Viktoria Köln trotz einer 3:1-Führung (Tore: Sargis Adamyan, Dominique Heintz und Dietz) über ein am Ende sogar noch schmeichelhaftes Remis nicht hinausgekommen. Zu allem Überfluss hatte Jan Thielmann (Notbremse) kurz vor Schluss auch noch die Rote Karte kassiert. Struber zeigte gewissermaßen Verständnis für den trägen Auftritt: „Man hat gemerkt, dass die Jungs müde waren. Es ist uns schwergefallen, den Gegner zu dominieren. Wir waren einfach nicht frisch und immer wieder einen Schritt zu langsam.“ Kritik übte er an der wackligen Defensive: „Wir haben in den Momenten keine so guten Entscheidungen getroffen. Da müssen wir situativ schlauer werden.“ Doch am Ende war auch das irgendwie nur nebensächlich. „Was uns an diesem Tag am nachdenklichsten stimmt“, sagte Struber, „sind die beiden Verletzungen.“