Nach sehr holprigem Start in Köln präsentiert sich der Winter-Zugang Davie Selke von Hertha BSC im Saison-Endspurt in allen Bereichen deutlich verbessert.
Individualarbeit als SchlüsselWie sich Davie Selke beim 1. FC Köln zur erhofften Verstärkung entwickelt
Im Trainerteam des 1. FC Köln, das auf den Gängen des Geißbockheims besser bekannt ist unter dem Namen „Callcenter“, gibt es eine klare Aufgabenverteilung. Während sich der frühere Innenverteidiger Kevin McKenna um die Stabilität der Abwehrkette kümmert, ist René Wagner für die Betreuung der zentralen Mittelfeldspieler zuständig. André Pawlaks Fokus liegt wiederum auf der Offensive.
„Wir arbeiten unheimlich individuell mit den Spielern. Das ist ein wichtiges Bauteil“, erklärte Pawlak am Rande der Montags-Einheit, die der Bundesligist ohne seinen Chefcoach abhalten musste. Steffen Baumgart weilte bei einer Trainertagung der Deutschen Fußball Liga (DFL) in Frankfurt. Ebenjenes Zusammenspiel im Kölner Trainerteam basiert auf einem gelebten Miteinander.
„Im Callcenter genießt jeder seine Wertschätzung. Was Steffen dem Trainerteam und dem Staff mitgibt, ist außergewöhnlich. Wir harmonieren hervorragend. Jeder trägt seinen Teil dazu bei. Und Steffen holt sich bei jedem seine Meinung ab“, berichtet André Pawlak. Neid gegenüber dem omnipräsenten Chef gäbe es nicht. „Es ist gut, dass Steffen seine Mütze reinhält. Wir machen den Job dahinter.“
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Kampfansage nach München
Besonders bezahlt macht sich die individuelle Arbeit derzeit bei Davie Selke. Der Mittelstürmer schwang sich beim jüngsten 2:1-Sieg bei Bayer Leverkusen mit einem Doppelpack zum Derby-Helden auf. Nach sehr holprigem Start in Köln präsentiert sich der Winter-Zugang von Hertha BSC im Saison-Endspurt in allen Bereichen deutlich verbessert. Besonders zur Freude von Offensiv-Experte Pawlak. „Davie hat sich sehr professionell verhalten und sehr gut gearbeitet“, lobt der 52-Jährige seinen wiedererstarkten Schützling, der bereits beim vorherigen Auswärtssieg bei der TSG Hoffenheim (3:1) getroffen hatte.
Dafür musste in den vergangenen Monaten an verschiedenen Stellschrauben kräftig gedreht werden. „Wir haben mit Davie unheimlich viel Videoanalyse betrieben. Nach seinen kleineren Verletzungen zu Beginn, durch die er immer wieder aus dem Rhythmus gekommen ist, haben wir im Kraftraum an seiner Physis gearbeitet“, gibt Pawlak einen Einblick. „Deshalb sind wir sehr froh darüber, dass Davie körperlich inzwischen auf dem Niveau ist, um unser Spiel mitspielen zu können.“ Seine beiden Tore in der BayArena, perfekt aufgelegt von Florian Kainz und Jan Thielmann, erzielte Selke im Stile eines Torjägers per Direktabnahme.
Davie Selke wirkt viel besser integriert
„Wir haben immer gesagt: Wenn wir Davie im Strafraum zu Abschlüssen bekommen, dann wird er auch torgefährlich. Das haben wir in Hoffenheim gesehen und jetzt auch wieder in Leverkusen“, sagt André Pawlak. Überhaupt wirkt Selke nun viel besser integriert. „Ich denke, dass sich die Mitspieler jetzt darauf eingestellt haben, wohin und wie Davie läuft und wie er sich im Strafraum verhält. Das sieht man jetzt.“
Beim 1. FC Köln hat sich die individuelle Schulung der Spieler zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Trainingsarbeit entwickelt. „Das hilft den Jungs, und sie fordern es auch ein. Sie warten nicht darauf, dass sie etwas vorgelegt bekommen, sondern kommen aktiv auf uns zu und fragen nach Szenen“, schildert Pawlak. All jene Mühen wurden nun einmal mehr belohnt. „Dass wir so früh den Klassenerhalt geschafft haben, ist eine große Sache für uns. Und nicht selbstverständlich nach allem, was wir in dieser Saison erlebt haben. Man muss den Hut vor der Mannschaft ziehen, wie sie damit umgegangen ist“, meint Pawlak.
Von einer „Sensation“ möchte er allerdings nicht sprechen. „Wir wissen, was wir können, und haben das erreicht, was wir uns vorgenommen haben. Deshalb sind wir zufrieden.“ Auf dem Weg zum fünften Erstliga-Jahr in Folge sei von zentraler Bedeutung gewesen, in den Schwächephasen konzentriert weitergearbeitet zu haben. „Wir haben nie Hektik aufkommen lassen. Steffen hat alles großartig moderiert“, blickt André Pawlak zurück und fasst zusammen: „Der Schlüssel ist, die Ruhe zu bewahren, an die eigene Stärke zu glauben und den Jungs das Vertrauen zu schenken. Jeder, der reinkam, hat seine Aufgaben gemacht.“ Als größte Stärken hätten sich „der Zusammenhalt der Mannschaft, die Ausgeglichenheit des Kaders und das Vertrauen des Trainerteams“ erwiesen. Deshalb wollen es die Kölner bei 38 Zählern nicht belassen.
„Wir wollen mindestens 40 Punkte. Die wollen wir schon am Freitag im Heimspiel erreichen“, sagt Pawlak vor dem Duell gegen Selkes Ex-Club, den Tabellenletzten Hertha BSC, der in Köln zum Siegen gezwungen ist. An einen Spannungsabfall glaubt Pawlak nicht. „Die Mannschaft ist hungrig und will die Saison nicht austrudeln lassen. Das merkt man in jedem Training. Wir ziehen es komplett durch“, betont der Co-Trainer. Zugleich sendet André Pawlak eine forsche Kampfansage Richtung München: „Wir wollen alle drei Spiele gewinnen. Wir wollen am Ende das Zünglein an der Waage sein, um vielleicht nochmal in den Meisterschaftskampf eingreifen zu können.“ Am letzten Spieltag kommen bekanntlich die Bayern nach Köln.