Köln – Am Ende durfte sich Alexander Wehrle noch einmal über hohen Besuch freuen. Das Dreigestirn um Prinz Sven I., Bauer Gereon und Jungfrau Gerdemie war am Samstagabend zu Gast im Rhein-Energie-Stadion, als dem 1. FC Köln mit dem 1:0-Sieg gegen Eintracht Frankfurt der nächste Coup in einer ohnehin schon überaus erfolgreichen Saison gelang.
Am Rande der Partie entstand vor der Südtribüne ein Gruppenbild der Cluboberen mit dem Trifolium, das als eines der letzten Aufnahmen Wehrles in Diensten des FC in die Geschichte eingehen wird. Nach Informationen der Rundschau war das Duell mit den Hessen vermutlich das finale Heimspiel des Schwaben als Kölner Geschäftsführer.
Wehrle kehrt zurück in seine alte Heimat
Wehrle wird den Club bekanntlich nach mehr als neunjähriger Tätigkeit verlassen, um beim VfB Stuttgart das freiwerdende Amt des Vorstandsvorsitzenden von Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger zu übernehmen. Zuvor hatte der 47-Jährige eine Offerte des FC-Vorstands abgelehnt, seinen im Sommer 2023 auslaufenden Vertrag vorzeitig um ein Jahr zu verlängern. Für den gebürtigen Bietigheimer bedeutet der Wechsel zum Tabellenvorletzten der Fußball-Bundesliga nicht nur eine Rückkehr in seine Heimat, sondern auch eine Rückkehr zu jenem Club, bei dem er zwischen 2003 und 2013 als Referent des Vorstands seine ersten Schritte im Profigeschäft tätigte.
Der Ende Dezember von FC und VfB kommunizierte Zeitplan, wonach der Wechsel „im Laufe des Aprils“ – genauer gesagt am 15. April – über die Bühne gehen sollte, wurde in der Zwischenzeit angepasst. Wehrle wird nun bereits Mitte März am Geißbockheim offiziell ausscheiden. Der DFB-Bundestag am 11. März wird damit zu seinem letzten Termin als Kölner Funktionär. Eine offizielle Bestätigung steht noch aus. Sein letzter Arbeitstag im Grüngürtel könnte wiederum in der kommenden Woche anstehen. Wehrle dürfte sich vor seinem Amtsantritt in Stuttgart noch etwas Zeit zum Kräftesammeln und Durchschnaufen nehmen. Das nächste Heimspiel am 6. März gegen die TSG Hoffenheim wird er aller Voraussicht nach nicht mehr vor Ort verfolgen.
Um eine emotionale Distanz bemüht
Die innere Abschiednahme hat bei Alexander Wehrle bereits begonnen. „Ich versuche schon, ein bisschen emotionale Distanz aufzubauen“, sagte die langjährige Kölner Konstante am Samstag am Sky-Mikrofon und blickte auf ein intensives Jahrzehnt am Rhein zurück: „Wir haben hier alles mitgemacht, Höhen und Tiefen“, fasste Wehrle seine Amtszeit treffend zusammen. In sein Wirken fielen der Wiederaufbau nach dem Abstieg 2012 und mit dem Einzug in die Europa League 2017 der größte Erfolg des FC im vorangegangenen Vierteljahrhundert. Im Moment des großen Triumphes unterliefen den damaligen Machern allerdings auch grobe Fehler, die in der Saison 2017/18 in den Trennungen von Rekordtrainer Peter Stöger und Sportchef Jörg Schmadtke sowie dem sechsten Abstieg der Vereinsgeschichte gipfelten. Die Altlasten aus überteuerten Verträgen schmerzen den FC noch heute.
Nun aber ist der Augenblick gekommen, in dem Alexander Wehrle ein „gutes Gefühl“ verspürt, das nächste Kapitel in seiner Manager-Laufbahn aufschlagen zu können. „Ich kann mit einer gewissen inneren Ruhe gehen.“ Dennoch sei es für ihn schwierig, in der einen Woche auf der einen Tribüne und in der nächsten Woche auf der anderen Tribüne mitzujubeln. „Das passt nicht. Ich brauche in den nächsten Wochen den Abstand“, deutete Wehrle bei Sky an, warum er den FC nicht wie ursprünglich geplant erst im April verlässt.
Das könnte Sie auch interessieren:
Sein vorgezogener Abschied aus Köln erfolgt auf Druck der in akuter Abstiegsgefahr schwebenden Stuttgarter, die bei vier Punkten Rückstand auf den rettenden 15. Tabellenplatz zur zweigleisigen Planung gezwungen sind. Dabei und auch bei der Suche nach weiteren Investoren – der VfB hat seit Pandemie-Beginn rund 60 Millionen Euro verloren – wollen Club-Präsident Claus Vogt und seine Mitstreiter so schnell wie möglich auf die Expertise von Finanz-Experte und DFL-Präsidiums-Mitglied Wehrle zurückgreifen.
Der FC-Vorstand um Präsident Dr. Werner Wolf willigte dem Wunsch wohl auch deshalb ein, weil Übergabe und Einarbeitung des neuen kaufmännischen Geschäftsführers Philipp Türoff (45/zuvor Birkenstock) reibungslos verliefen. Das gilt auch für die Gespräche über die Auflösung von Wehrles Vertrag. Um Geld ging es dem Schwaben dabei dem Vernehmen nach nie. Wehrle erhält keine Abfindung. Durch seinen vorzeitigen Abgang entlastet er sogar noch etwas die Clubkassen des FC, der in der Coronakrise durch einen Umsatzverlust von mehr als 85 Millionen Euro in finanzielle Schieflage geraten ist.