AboAbonnieren

Heimatblätter Neunkirchen-SeelscheidDie Kinder halfen in der Freizeit beim Dreschen

Lesezeit 3 Minuten
Heimatblaetter

Die Schule Ohlig um 1950: Lehrer Grau mit den Klassen 1 bis 4.

Neunkirchen-Seelscheid – Eine Kindheit in Niederwennerscheid hat etwas von Bullerbü, dem schwedischen Bilderbuchdorf aus der Feder von Astrid Lindgren. So erinnert sich jedenfalls Erika Anna Werning in der ersten von 15 Geschichten der Heimatblätter Neunkirchen-Seelscheid. Die Kinder seien früher einfach zu Fuß zur Schule gegangen.

Da habe sich niemand beschwert, dass der Schulbus nicht fahre, beschreibt die Autorin eine Zeit ohne Technik, in der den Kindern in den 1960er Jahren dennoch an nichts gefehlt habe. In der Freizeit wurde den Erwachsenen zum Beispiel beim Dreschen des Getreides an der Maschine von Onkel Peter geholfen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Insgesamt zwölf Autoren haben die Beiträge für die 36. Auflage der Heimatblätter geliefert, die jetzt offiziell im Kreis der Mitwirkenden vorgestellt wurden. „Runden wie diese sind in der heutigen Zeit, wo mal wieder alles weniger wird, durch nichts zu ersetzen“, sagte Hans-Jürgen Parpart als Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins zur Begrüßung.

Heimatblaetter_Praesentation

In der Buchhandlung Krein stellte Vorsitzender Hans-Jürgen Parpart (links) den Mitgliedern und Autoren die 36. Heimatblätter des Heimat- und Geschichtsvereins vor.

Die Stimmungslage habe eigentlich für ein grauen Einband gesprochen. Doch dann entschieden sich Parpart und sein Team dazu, mit der Farbe Flieder auf dem Umschlag der 168 Seiten starken Publikation ein Zeichen für die Hoffnung zu setzen. „Das Buch ist nicht ganz so dick wie im Vorjahr, aber es sind viele interessante Geschichten drin“, betonte Parpart.

In der Schule Ohlig gab es genau ein Klassenzimmer

So schreibt Manfred Vilshöver über Erinnerungen an seine Schulzeit in der Schule Ohlig von 1946 bis 1954. Alle acht Jahrgänge wurden in einer Klasse unterrichtet – man habe dennoch viel gelernt. Auch Dieter Oberdörster erzählt von seiner seine Schulzeit 16 Jahre später in der evangelischen Volksschule Ohlig.

Fast alle in der Runde konnten sich noch gut an die beliebte Lehrerin Frau Rogge erinnern. Zu lesen gibt es außerdem ein langes Interview von Anke Glasmacher mit der Fußballerin Andrea Krieger, die es als Torhüterin der SSG 09 Bergisch Gladbach bis zum Deutschen Meistertitel und DFB-Pokalsieg brachte.

Heimatblaetter_Frauenfussball

Mit der Fußballerin Andrea Krieger führte Anke Glasmacher ein langes Interview.

1985 war sie von der ebenfalls erfolgreichen Frauentruppe des TSV Seelscheid dorthin gewechselt. Sie schildert eindrucksvoll ihre Erlebnisse und die Ressentiments und sogar rechtliche Probleme, denn bis 1970 war die Sportart für Frauen offiziell in den im DFB organisierten Klubs noch verboten.

Es folgt ein Reisebericht von Karl Schmitz über die Romfahrt 1959 der Neunkirchener Dekanatsjugend, gefolgt von Einblicken in die Inventarliste eines Kleinbauern aus dem Jahr 1871 von Elisabeth Pützstück. Da war beispielsweise eine Kuh „30 Thaler“ wert und vier Hühner „1,18 Thaler“.

Heimatblätter bieten Lesestoff zum Fest

Die Heimatblätter machen Appetit aufs Lesen und bieten sich als Weihnachtsgeschenk an. Es gibt sie zum Preis von zehn Euro in der Buchhandlung Krein in Neunkirchen, der Bäckerei Stümper sowie allen Banken. Wer weniger Lesestoff verschenken will, der kann auf die ebenfalls vom Heimat- und Geschichtsverein herausgebrachten Kalender für zehn Euro zurückgreifen. (que)

Neben Amüsantem stehen allerdings durchaus auch ernste Beiträge. So schildert Antje Fischer unter der Überschrift „Euthanasie – ein verschwiegenes Kapitel in der Familiengeschichte“ das beklemmende Schicksal von Martha Fischer, die von den Nationalsozialisten zwangssterilisiert wurde und bis zu ihrem Tod 1974 einsam in ihrem Haus lebte.

Martin Krause hat drei Beträge über das „Fringsen“, die Schulspeisung sowie über Fritz Freese und seine Unterstützung des Seelscheider Posaunenchores verfasst. Johannes Weber schreibt zudem über den legendären Musikproduzenten und Toningenieur Conny Plank, der in seinem Tonstudio in Wolperath mit zahlreichen internationale Musikgrößen zusammenarbeitete, bevor er 1987 starb. Das Jahrbuch endet mit dem 50-Jahre-Rückblick der Gemeindeverwaltung sowie der Rubrik „Vor 100 Jahren“ und einem Beitrag Parparts über Adressbücher.