Corona-Tests statt PartyPulheimer Karnevalist hilft in einem Kölner Pflegeheim aus
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Pulheim – „Nein“, sagt Jürgen Sender (66) kopfschüttelnd. „Das hätte ich wirklich nicht gedacht beim letzten karnevalistischen Vorstellabend, dass ich heute als Krankenschwester arbeite.“ Krankenschwester? „So steht es in meinem Abschlusszeugnis von 1976.“ Den Humor hat er also auch in dieser schwierigen Zeit nicht verloren. Jürgen Sender ist eine rheinische Frohnatur und in Pulheimer Karnevalskreisen bekannt wie ein bunter Lappenclown.
Seit fast einem halben Jahrhundert ist er im Karneval des Rhein-Erft-Kreises unterwegs. Seit 15 Jahren auf der Suche nach jungen Talenten, die er auf Vorstellabenden den Karnevalsvereinen der Region präsentiert. Noch im September 2019 stand er mit „Annegret vum Wochemaat“ und „Woosch un Wööschje“ auf der Bühne, umjubelt von den Mitgliedern der Karnevalsvereine Ahl Häre aus Pulheim, den Stommeler Buure, den Dansweiler Süße Sahneschnittchen und all den anderen, die jetzt auf die närrischen Tage verzichten müssen. So wie Jürgen Sender selbst. Hauptberuflich ist er Inhaber eines Reisebüros in Pulheim-Stommeln. Er winkt ab. „Alles dicht“, sagt er. „Aber ich gucke ja immer positiv nach vorne.“
Jürgen Sender nimmt jetzt Corona-Tests in einem Kölner Seniorenheim
Dabei fiel ihm seine Ausbildung wieder ein. Danach hat er auf der Intensivstation eines Krankenhauses gearbeitet und auch bei der Bundeswehr im ärztlichen Bereich. „Sowas verlernt man nicht“, sagt er. „Wozu sollte ich bei dem Pflegenotstand jetzt in Corona-Zeiten zu Hause herumsitzen? Ich mache das gern.“ Ein Pflegeheim war schnell gefunden. Jetzt nimmt Sender im Elisabeth-von-Thüringen Haus in Köln-Worringen, in dem auch seine Tochter arbeitet, mit zwei Soldaten der Bundeswehr Corona-Tests bei Mitarbeitern und Besuchern vor.
Jürgen Sender ist äußerst gewissenhaft. Und beliebt. Denn auch im Pflegeheim kommt der Karnevalist in ihm durch. Für jeden, der getestet wird, hat er einen lockeren Spruch parat. Und eine Idee, wie Karneval trotz der widrigen Umstände ein bisschen stattfinden kann, hat Jürgen Sender auch. „Hier im Pflegeheim sind alle Bewohner schon zum zweiten Mal geimpft“, berichtet. „Jetzt habe ich die Erlaubnis bekommen, mit jeweils etwa zehn Bewohnern der einzelnen Pflegebereiche auf Abstand und mit sozialer Betreuung ein wenig zu feiern. Man muss ja den Leuten gerade jetzt Abwechslung und ein wenig Freude geben.“
Jürgen Sender tritt gemeinsam mit weiteren Künstlern auf
Künstler, die ohne Gage auftreten, waren schnell gefunden. Den Anfang machten F.M. Willizil, Ex-Mitglied der Höhner und jetzt bei der Band „Schmitz“, und Newcomerin Josephine Ohly. „Sie freuen sich, wenn sie mal wieder vor Publikum auftreten können“, sagt Sender. Und auch wenn einige der an Demenz erkrankten Bewohner während der Feier einnickten, sei dies ein gutes Zeichen. „Dann sind sie entspannt, das ist doch schön. Sie kriegen das trotzdem mit und freuen sich.“
Eigentlich hätten seine Karnevalsbands und Büttenredner jetzt einen Auftritt nach dem anderen in ausverkauften Sälen der Region. Daran zu denken, schmerze. „Aber fast alle haben noch einen richtigen Beruf und machen das nebenher. Da trifft es sie zumindest finanziell nicht so hart“, sagt Jürgen Sender. Für ihn selbst gilt: „Wir müssen jetzt alle an einem Strang ziehen. Ich jedenfalls werde weiterhin immer positiv nach vorn schauen.“