Erftstadt – Bürgermeister Volker Erner steht für die Kommunalwahl im Jahre 2020 nicht mehr als Bürgermeisterkandidat zur Verfügung. Im ausführlichen Gespräch mit dieser Zeitung nennt der Christdemokrat die Gründe dafür: „Bei mir hat sich immer mehr der Eindruck verstärkt, dass aus der Politik heraus alles daran gesetzt wurde, den Bürgermeister ja kein Tor schießen zu lassen. Das hat für mich mit Sacharbeit nichts mehr zu tun.“
Aus den Reihen der Fraktionen sei versucht worden, die Stadtverwaltung regelrecht auszubremsen, und zwar bis hinunter in die Dienststellen der Abteilungen. „Das Hineinregieren der Politik und mangelndes Vertrauen in die Verwaltung sind die Hauptprobleme“, sagt Erner. So habe er sich den Job als Bürgermeister nicht vorgestellt. Er wolle kein Frühstücksdirektor sein, kein König ohne Land.
Seit 2015 politisch zerstrittener Rat
„Man kann die tollsten Ideen in der Verwaltung haben. Aber man braucht dafür auch die politischen Mehrheiten“, so Erner. Doch genau das habe gefehlt. „Verwaltungsvorlagen wurden auseinandergenommen, bekrittelt, in immer weiteren Sitzungen verschoben und Entscheidungen vertagt.“ Seit den heftigen Auseinandersetzungen in der Gesamtschulfrage ab 2015 sei der Rat politisch zerstritten. „Von da an gab es nur noch wechselnde Mehrheiten. Das erschwert das Tagesgeschäft und erhöht das Frustpotenzial.“
Der Bürgermeister nennt als konkrete Beispiele die Energiegesellschaft, bei der dem Bürgermeister Blockade vorgeworfen wurde, oder die Sanierung des Lechenicher Schulzentrums. „Das Thema führte zur politischen Lagerbildung.“
Das Fass zum Überlaufen brachte aus Sicht des Verwaltungschefs das Hickhack um den Stellenplan der Stadtverwaltung. Die eigene Fraktion habe ihm signalisiert, sie werde den Haushalt im Gesamtpaket mittragen. Im Stadtrat habe sie dann aber den Stellenplan nicht abgesegnet. „Man hätte zumindest darüber diskutieren können. Aber wie sieht das denn aus, wenn einem die eigenen Leute nicht folgen?“
Für ihn sei es in der Reaktion darauf auch um die Frage der Selbstachtung gegangen. „Ich bin ein ruhiger Typ, aber auch nur bis zu einem gewissen Punkt.“ Ihm sei nach den Erfahrungen der letzten Monate und Jahre klar geworden, dass es keinen Sinn habe, in den nächsten Wahlkampf um das Amt des Bürgermeisters einzusteigen. „Ich finde es fair, meine Entscheidung rechtzeitig vor der nächsten Kommunalwahl mitzuteilen.“ Erner weist drauf hin, dass er sich nach wie vor der CDU verbunden fühle. Der Partei habe er viel zu verdanken, das betone er in großer Demut.
Erster Bürger der Stadt
Das Amt des Bürgermeisters bekleidet Volker Erner seit Juni 2013. Er wurde mit 52,4 Prozent gewählt und erreichte im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit. Der 56-jährige, gebürtige Sauerländer wurde damit Nachfolger des ebenfalls aus dem Sauerland stammenden Sozialdemokraten Franz-Georg Rips, der aus gesundheitlichen Gründen das Amt vorzeitig abgegeben hatte.
Der Volljurist Erner hatte 1993 seine Verwaltungslaufbahn in Köln begonnen, wo er bis zum städtischen Oberrechtsrat aufgestiegen war. Anfang 2001 war er in Erftstadt zum Ersten Beigeordneten gewählt und 2008 für weitere acht Jahre bestätigt worden. Erner ist verheiratet, hat zwei Kinder (20 und 22) und wohnt seit 1994 in Lechenich. Er gehört mehreren Vereinen an und hatte unter anderem den Erftstadt-Lauf (später umbenannt in GVG-City-Lauf) mitbegründet.
Der Bürgermeister in Erftstadt ist zugleich Chef des größten Arbeitgebers in der Kommune. Die Verwaltung hat etwa 600 Mitarbeiter. Volker Erner zur Seite stehen dabei drei Beigeordnete. Der Stadtrat war 2014 gewählt worden.
Es gibt keine klaren Mehrheitsverhältnisse im Rat. Die CDU verfügt über 20, die SPD über 16 Stadtverordnete. Grüne und FDP haben je fünf Ratsmitglieder, die Freien Wähler drei, dazu kommt ein Mitglied der Piratenpartei. Gelegentlich kommt es bei einer Entscheidung auch auf die Stimme des Bürgermeisters an. (kom)
Doch er stellt auch unmissverständlich klar, dass er sich immer seiner Leitlinie verbunden fühle, politisch, ideell oder wirtschaftlich nie abhängig sein zu wollen. „Unabhängigkeit und Freiheit habe ich mir nie nehmen lassen.“ Ein Rücktritt sei für ihn nie eine Option gewesen. „Das hieße ja, mein Handeln wäre angreifbar gewesen.“
Der Erftstädter betont, er wolle kein Bild von einem Gejagten oder Genervten zeichnen. Aber er habe seine Ansprüche an Qualitätsarbeit, denen er sich verpflichtet fühle. Erner sagt: Das Amt des Bürgermeisters bereite wegen der vielen Begegnungen mit den Menschen auch große Freude. „Mit der Bürgerschaft gab es nie Probleme.“ Nach reiflicher Überlegung habe er im Kreise der Familie entschieden, sich aus der Politik zu verabschieden und deutlich mehr Zeit fürs Privatleben zu haben. Vielleicht nehme er einen neuen Job an, möglicherweise im Ausland. Entsprechende Gespräche wurden bereits geführt.