Weil er Angst vor der Corona-Impfung hatte, fälschte ein Overather Handwerker Ende 2021 Impfnachweise. Jetzt stand er vor Gericht
CoronaOverather Handwerker gesteht weinend Impfattest-Fälschung
„Wir werden einander viel verzeihen müssen“: Der berühmt gewordene Satz von Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn über die Corona-Jahre schwebt irgendwie im Raum, als sich vor dem Bensberger Amtsgericht ein 30-jähriger Handwerker aus Overath verantworten muss. Der Vater dreier Kinder im Alter von neun, fünf und einem Jahr steht wegen Urkundenfälschung vor Gericht: Zwei Mal soll er versucht haben, sich mit gefälschten Impfdokumenten einen digitalisierten Impfnachweis zu erschleichen.
Aufmerksame Apothekerin schöpft Verdacht
Zwei Zeuginnen hat Richter Ertan Güven vorsichtshalber für die Verhandlung geladen, denn im Ermittlungsverfahren hat Jakub W. (Name geändert) geschwiegen. Es sind eine Apothekerin aus Overath, die argwöhnisch wurde, weil die beiden im Impfbuch klebenden Bescheinigungen vom 2. und 26. September 2021 zeitlich einfach zu eng beieinander lagen, und die Chefin der aufmerksamen Frau, die daraufhin im Kölner Impfzentrum anrief und erfuhr, dass an einem der beiden Tage gar nicht geimpft worden war.
Mehr als zwei Jahre nach der Tat legt Jakub W. in Begleitung seines Verteidigers und einer Polnisch-Dolmetscherin im Prozess ein umfassendes Geständnis ab. Die Vorwürfe träfen zu. Er habe im Bekanntenkreis von Impfschäden gehört und große Angst vor einer Impfung gehabt. Zugleich sei aber der Druck, sich impfen zu lassen, immer größer geworden: Keine Impfung – keine Aufträge.
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Er habe um seine wirtschaftliche Existenz gefürchtet und schließlich beschlossen, es mit der Urkundenfälschung zu versuchen.
Der Angeklagte wirkt nicht wie ein fackeltragender Corona-Leugner
Genutzt hat ihm die kriminelle Tour aber nichts: Sein Unternehmen musste er im Juli dieses Jahres aufgeben, weil unter anderem der Auftraggeber, der so auf den Impfnachweis gedrängt habe, ihn nicht mehr bezahlt habe. Aktuell lebe er von Bürgergeld.
Der bärtige junge Mann mag alles Mögliche sein. Wie ein Corona-Leugner, der abends mit Aluhut und Fackel durch die Straßen zieht, wirkt er im Prozess überhaupt nicht. Nach dem Geständnis ruft Richter Güven die beiden Apothekerinnen, die vor der Tür warten, in den Gerichtssaal: „Vielen Dank, dass Sie gekommen sind. Wir brauchen Sie nicht mehr.“ Der Angeklagte habe gestanden, was vorher nicht absehbar gewesen sei.
„Was für eine verrückte Welt“, sagt die Apotheken-Chefin. Der erfahrene Staatsanwalt pflichtet ihr bei. Bei der Strafverfolgungsbehörde waren oder sind dem Vernehmen nach mehrere hundert vergleichbare Verfahren anhängig. Im Plädoyer zeigt sich der Ankläger äußerst maßvoll. Er fordert eine Geldstrafe auf Bewährung: Nur wenn sich der Handwerker in nächster Zeit noch etwas zuschulden kommen sollte, müsse er 675 Euro Geldstrafe zahlen, 45 Tagessätze zu je 15 Euro. Außerdem sei aber eine Geldauflage in Höhe von 500 Euro fällig.
Der Verteidiger weist noch einmal auf die soziale Situation hin. Jakub W. selbst beteuert im letzten Wort: „Ich hatte wirklich sehr große Angst vor der Impfung. Ich habe damals keine andere Möglichkeit gesehen, was ich heute bereue.“
Geldauflage: 500 Euro an „Ärzte ohne Grenzen“
Und dann beginnt der junge Familienvater ganz überraschend zu schluchzen – so heftig, dass der Richter den Prozess für einen Moment unterbricht, damit sich der Angeklagte vor der Tür wieder sammeln kann.
Das anschließend verkündete Urteil nimmt Jakub W. sofort an. Es entspricht der Forderung des Staatsanwaltes. Die 500 Euro Geldauflage, im Volksmund Buße, gehen in monatlichen Raten an die humanitäre Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“.