Rhein-Berg – Theatersaal statt Sitzungssaal, Einzeltische und Maskenpflicht, der Landrat ohne „Regierungsmannschaft“ der Dezernenten – die konstituierende Sitzung des Kreistags fand angesichts der aktuellen Corona-Lage unter besonderen Sicherheitsmaßnahmen statt. Seitdem die Pandemie den Kreis Anfang März erreichte, hat das größte kommunalpolitische Gremium im Kreis nicht mehr getagt. Nun musste es, denn es hat sich verändert. Mit der Kommunalwahl im September schieden 23 Kreistagsmitglieder aus, 29 kamen neu hinzu.
„Um die kritische Infrastruktur nicht zu gefährden“, bat Landrat Stephan Santelmann (CDU), Kreisdirektor Dr. Erik Werdel, der zugleich Leiter des Krisenstabs ist, sowie die Dezernentinnen und Dezernenten zu entschuldigen. Allein mit dem Leiter des Kreistagsbüros, Georg Lind, und Sicherheitsabstand saß der Kreishauschef auf der Bühne.
Auseinandersetzung mit AfD
„Geprägt ist der Kreistag von einem breiten Konsens“, blickte Santelmann auf die vergangene Wahlperiode zurück. Zu Beginn der neuen war’s das dann aber auch erstmal mit der Ruhe, bedeutete der Konsens keineswegs komplette Einigkeit mit allen im neuen Kreistag. Denn schon das von CDU, Grünen, SPD und FDP abgestimmte Vorhaben, wie in der vergangenen Wahlperiode wieder vier stellvertretende Landräte zu wählen, griff die seit der Wahl in Fraktionsstärke im Kreistag sitzende AfD scharf an.
70 Mitglieder von sieben politischen Gruppierungen gehören dem neuen Kreistag an.
22 Frauen sind im Kreistag und 48 Männer.
29 Kreistagsmitglieder zogen neu in den Kreistag ein, 23 schieden aus.
Als „Signal nach außen“ solle man die Zahl der Stellvertreter auf das Mindestmaß von zwei reduzieren, schlug Sebastian Weirauch (AfD) vor. Ursula Ehren (Grüne) verteidigte den Vorschlag von vier Vertretern, die durch ihre Besuche bei zahlreichen Veranstaltungen und Terminen ehrenamtlichen Einsatz von Menschen im Kreisgebiet würdigten. Es sei wichtig, dass das Ehrenamt gewertschätzt werde, bekräftigte Michael Becker (FDP). Nicht zur vertretungsweisen Leitung des Kreistags, wie Jörg Feller (AfD) impliziert hatte, seien vier Stellvertreter nötig, erläuterte Gerhard Zorn (SPD), sondern zur Wahrnehmung der zahlreichen Repräsentationstermine bei ehrenamtlich aktiven Gruppen, Vereinen und Organisationen.
Uli Heimann (CDU) wird 1. stellvertretender Landrat
Auch wenn aktuell wenig Repräsentationstermine stattfänden, so wähle man die stellvertretenden Landräte doch bis zum Ende der Wahlperiode, so Zorn. Bei drei Gegenstimmen der AfD stimmte der Kreistag am Ende mit breiter Mehrheit für Uli Heimann (CDU) als 1. stellvertretenden Landrat, Friedhelm Weiß (Grüne) als zweiten Stellvertreter, Lenore Schäfer (SPD) als dritte Stellvertreterin und Michael Becker (FDP) als vierten Stellvertreter. Die beiden letzteren übernehmen das Stellvertretungsamt neu.
Die Linke enthielt sich in der weiteren Sitzung bei der Wahl der Mitglieder des Kreisausschusses, „um nicht der AfD eine Stimme zu geben“, wie Peter Tschorny (Die Linke) erklärte. Tschornys Bezeichnung der AfD als „rassistische und ausländerfeindliche Partei“ wies unterdessen deren Vertreter Sebastian Weirauch wiederum scharf zurück. Nicht unwahrscheinlich, dass solche Auseinandersetzungen des Kreistags mit der Fraktion am rechten Rand künftig häufiger vorkommen, zumal sich die AfD fest vorgenommen hat, dass ihre dreiköpfige Fraktion diesmal nicht wie nach der vorletzten Kommunalwahl auseinanderfällt und damit den Fraktionsstatus verliert.
Fokus auf Pflege, Verbraucherschutz, Wirtschaft und IT
Beim Zuschnitt der Fachausschüsse legte der Kreistag einen neuen Fokus auf Themen wie Pflege, Verbraucherschutz, Wirtschaft und IT. Künftig gibt es neben den vorgeschriebenen Ausschüssen für die Jugendhilfe, die Rechnungsprüfung und die Wahlprüfung einen Ausschuss für Arbeit Soziales und Pflege, einen für Finanzen, Wirtschaft und Beteiligungen, einen für Gesundheit, Rettungswesen und Verbraucherschutz, einen für Personal, Organisation, Gleichstellung und IT, einen für Schule, Sport und Kultur, einen für Umwelt und Planung, einen für Verkehr und Bauen sowie den Zukunftsausschuss.
Über den Haushalt des Kreises für das kommende Jahr wird diesmal später entschieden. Die Einbringung sei erst für Anfang 2021 geplant, hieß es auf Nachfrage.