Bergisch Gladbach – Die Bürgermeisterkandidatur Frank Steins (SPD, 56) wird wahrscheinlicher: Am Freitag gab es das Votum der Grünen für den Stadtkämmerer von Bergisch Gladbach, am Samstag folgte die FDP. Heute Abend entscheidet die SPD.
Bündnis 90/Die Grünen: Dreieinhalb Stunden diskutierten die Mitglieder, ehe sich eine deutliche Mehrheit (31 von 44 Mitgliedern) hinter Stein stellte. „Wir wollen nach der Wahl nicht der Juniorpartner der CDU sein“, erklärte Vorstandsmitglied Maik Außendorf, weshalb man in eine Dreierkandidatur mit FDP und Grünen einsteigen wolle. Nach der Kommunalwahl könne man mit Stein und mit den beiden Partnern als stärkste Fraktion ökologische Akzente setzen.
Strategische Neuausrichtung gefordert
Der Kreisstadt-Kämmerer warb in seiner Vorstellrunde dafür, mit dem Dreierbündnis die Politik der Stadt „strategisch neuauszurichten“. Der Klimaschutz sei derzeit eine „Diaspora“ in der Verwaltung, das wolle er nach seiner Wahl ändern. Stein kündigte an, die Erstellung des Klimaschutzkonzepts direkt dem Bürgermeisterbüro zuordnen zu wollen und einen Sachverständigenrat einzurichten, der sich mit der nachhaltigen Entwicklung Gladbachs befasse. „Das wird ein Thinktank, eine Denkfabrik für Ökologie.“
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Eine Fraktionsgruppe mit den Vorsitzenden Dirk Steinbüchel und Edeltraud Schundau kritisierte allerdings das Auswahlverfahren des Vorstands um Eva Gerhardus und Maik Außendorf scharf. Die Präsentation eines Konzeptpapieres ohne Mitglieder-Abstimmung widerspreche dem basisdemokratischen Prinzip zutiefst. Steinbüchel warb energisch für einen eigenen grünen Kandidaten, der das Parteiprofil im Wahlkampf besser transportiere. Dann sorgte er für den Paukenschlag des Abends.
Am Donnerstag habe die CDU-Fraktion getagt und den Grünen ein Angebot für eine sofortige Zusammenarbeit bis zur Kommunalwahl im September unterbreitet – was de facto die Aufkündigung der CDU-SPD-Kooperation zur Folge gehabt hätte. Durchsetzen konnten sich die Vorstandskritiker nicht, die Zerrissenheit zwischen Teilen der Fraktion und Ortsvorstand blieb.
FDP feiert Stein und sich
FDP: Parteichefin Anita Rick-Blunck wurde geradezu mit Lob überschüttet für den eingeschlagenen Weg. „Ich bin seit zehn Jahren wieder richtig stolz in der FDP zu sein“, sagte ein Mann und bekam Beifall. 36 Mitglieder waren ins Kreishaus gekommen, um für die FDP die richtungsweisende Entscheidung zu treffen. Dabei blieb vieles – bis zur Rede von Frank Stein – sehr allgemein. Die Stimmung zwischen den handelnden Personen sei außergewöhnlich: außergewöhnlich gut, außergewöhnlich konstruktiv, außergewöhnlich vertrauensvoll.
FDP-Fraktionschef Jörg Krell: „Das ist auch ein Angebot gegen die Politikverdrossenheit.“ Die Parteivorsitzende Rick-Blunck erklärte, dass der eingeschlagene Weg kein leichter sei. Komme es beispielsweise im Bund zu Neuwahlen, dann müsse man einen Wahlkampf gegen die Grünen führen und gleichzeitig mit den Grünen vor Ort das gemeinsame Projekt verteidigen. „Das ist natürlich ein Spagat.“ Einer, der von höchster Stelle, vom Bundesvorsitzenden Christian Lindner gutgeheißen werde.
Und dann kam die Stunde von Stein. 55 Minuten sprach er zur FDP. Und er wurde sehr konkret. 150 Millionen Euro müssten in Schulen investiert, Radwege gebaut und Straßen saniert werden, ebenfalls Millionen. „Aber ich sage ihnen, wir können das finanzieren.“ Denn Gladbach werde sich 2021 nicht mehr im Nothaushalt befinden. Über Kredite würden die dringend benötigten Investitionen finanziert. Bei den konsumtiven Ausgaben müsse noch stärker gespart werden. „Wir haben gerade zwei Bürgerbüros eröffnet – meine Entscheidung ist das nicht gewesen.“
Besser wäre es, in die digitale Verwaltung zu investieren. Und dann führte er den „weißen Elefanten“ vor – ein Problem, das jeder kennt, aber niemand ausspricht, weil es einfacher so ist. Stein bezog den Elefanten aufs Zanders-Gelände. Für die Stadtentwicklung sei die Fabrikschließung die bessere Perspektive. „Das tut mir weh zu sagen, aber es ist die Wahrheit.“ Am Ende der Rede gab es langen, teils stehenden Applaus. Die folgende Wahl war Formsache: Alle 36 stimmten für ihn – keine Enthaltung, keine Gegenstimme