Klimawandel im Rheinland (2)Starkregen und Dürren werden sich häufen
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Wissenschaftler sagen voraus, dass wir in unseren Breiten häufiger mit Starkregenphasen und Dürreperioden leben müssen.
Ein Ausblick, was uns in den kommenden Jahrzehnten erwarten wird, geben wir in unserer Mini-Serie.
Lesen Sie hier Folge zwei.
Welche Auswirkungen wird die globale Klimaerwärmung nach heutiger Kenntnislage für das Rheinland und die angrenzenden Mittelgebirge mit sich bringen?
Mit welchen Starkregenereignissen und lang anhaltenden Dürrephasen müssen wir in den ländlichen und städtischen Gebieten unserer Region rechnen? Was sind die Folgen für unser Grundwasser und die Flüsse. Die Rundschau hat dazu Experten gefragt.
Klicken Sie sich hier durch die vier Beispiele zur Klimaentwicklung!
„Durch die globale Erwärmung wird in der Atmosphäre mehr Wasserdampf gespeichert. Dadurch haben die Wolken mehr Energie und es kann zu mehr extremen Niederschlägen kommen“, erläutert Bernhard Pospichal, Meteorologe an der Universität Köln.
Für das Wetterphänomen Starkregen müssen allerdings weitere Faktoren hinzukommen wie eine örtliche Gewitterlage oder ein massives Tiefdruckgebiet wie jüngst bei der Flutkatastrophe in der Region.
Ursache für die schweren Hochwasser mit den verheerenden Folgen war aber vor allem, dass sich das Tiefdruckgebiet nicht weiterbewegt hat, sondern der Starkregen fast 24 Stunden über einer Region niederging, so Pospichal weiter.„Es gibt klare Hinweise, dass dieses Phänomen durch den Klimawandel mit verursacht wird.“
Die Westströmung (Jetstream) in der Atmosphäre wird durch globale Erwärmung gestört, so dass Wetterlagen ihre Position weniger dynamisch verändern.
Wie verändern sich die Wolken?
Hinsichtlich der Menge der Wolken, die eine Abkühlung der Erdoberfläche bewirken, gab es laut dem Kölner Meteorologen in den letzten Jahren bisher keine grundlegenden Veränderungen in der Region, beziehungsweise in Mitteleuropa.
Einen großen Einfluss auf die Wolkenbildung haben die Schwebeteilchen in der Luft wie Staubpartikel, Salze, Ruß oder Pollen. Denn um die Schwebeteilchen bilden sich die Wassertröpfchen, aus denen die Wolken bestehen, erläutert der Kölner Klima- und Wetterexperte.
Man könne also sagen: „Je weniger Staubbelastung in unserer Luft ist, desto weniger Wolken haben wir.“ Wenn also die Rußpartikel in unserer Luft weiter verringert werden, könnte das zu weniger Wolken führen.
Eine auffällige Veränderung gibt es allerdings bei den Wetterlagen in den Jahreszeiten. „Wir haben mittlerweile deutlich mildere Winter und heißere Sommer als noch vor 30 Jahren.
Regionale Klimaausblicke
Gerics steht für Climate Service Center Germany – mit Sitz in Hamburg. Es ist ein Teil des Helmholtz-Zentrums Hereon in Geesthacht (nahe Hamburg) – hervorgegangen aus einer früheren Nuklear-Forschungseinrichtung. Gerics erstellt Klimaausblicke für alle deutschen Landkreise. Abrufbar sind sie unter www.gerics.de.
Basis sind Regionaldaten des Deutschen Wetterdienstes und 85 im europäischen Verbund erstellte regionale Simulationsrechnungen. Dabei legt Gerics drei Szenarien zugrunde, je nach der Entwicklung des CO 2 -Ausstoßes. Unsere Grafik zeigt Daten für ein mittleres Szenario, wonach die Emissionen noch bis Mitte des Jahrhunderts steigen, danach aber unter das heutige Niveau sinken. Dabei geben wir den Medianwert an, der in der Mitte der von Gerics ermittelten Bandbreite liegen. (EB)
Die gemessene Gesamtniederschlagsmenge ist bisher dennoch nahezu gleich geblieben.“ Wenn die Erwärmung der Atmosphäre ungebremst so weiter gehe, so Pospichal, werden wir vor allem heißere Phasen mit weniger Regen bekommen, als wir das in unseren Breiten bisher gewohnt sind, aber eben auch vermehrte Starkregenphasen mit sehr viel Niederschlag.
Eine lokale oder regionale Beeinflussung des Wetters ist kaum möglich, so der Wissenschaftler. Es gebe zwar Versuche, örtliche Gewitterzellen künstlich zu beeinflussen.
Ein Beispiel sind die so genannten „Hagelflieger“ im bayrischen Rosenheim, die Silberjodid und andere Kleinstteilchen in die Gewitterwolken versprühen, um zu vermeiden, dass große Hagelkörner entstehen, die dann großen Schaden in der Region anrichten.
„Das mag das eine oder andere Mal funktionieren, aber grundsätzlich sind dynamische komplexe Wolkenbildungen oder Starkregenereignisse regional nicht beeinflussbar“, ist Pospichal überzeugt. „Daher müssen wir uns darauf einstellen, unser Leben an Extremwetterlagen besser anzupassen.“
Wie verändern sich Flüsse und Bäche
Große Ströme wie der Rhein können auch größere Niederschlagsschwankungen ausgleichen, weil sie im Falle einer Trockenphase viele Zuflüsse in den unterschiedlichen Regionen haben beziehungsweise in Starkregenphasen das Volumen ausreicht, um viel Wasser aufzunehmen.
Deshalb ist der Rhein für die Binnenschifffahrt auch in Zukunft attraktiv, so der Hydrologe von der Uni Köln, Karl Schneider. „Auch der Rückgang der Gletscher durch die globale Erderwärmung wird dem Rhein nicht so viel ausmachen.“ Der Rhein durchfließt zunächst das große Auffangreservoir Bodensee und nimmt dann die Aare auf, die beim Zusammenfluss sogar mehr Wasser führt als der Rhein selbst. Danach habe das Gletscherwasser nur noch einen geringen Anteil am Pegelstand des Rheins.
Anders sehe das bei kleineren Flüssen und Bächen aus. Dort können Hochwasserlagen auch bei örtlichen Starkregenereignissen und zudem sehr schnell eintreten – wie jüngst in der Region geschehen.
„Eine solche Katastrophenlage ist dann sehr wahrscheinlich“, so Schneider, „wenn es mehr Wasser regnet als im Boden versickert“. In einem Mittelgebirge wie in der Ahrtal-Region gibt es Gelände mit viel Gefälle und engen Tälern. Somit sammelt sich das oberflächig abfließende Wasser sehr schnell in den Tallagen und schnellt dann als reißendes Flutwasser mit hohen Pegelständen die sonst kleinen Flussläufe entlang.
Was haben Dürren für Auswirkungen?
Im Falle von langen Dürreperioden drohen insbesondere Bäche, aber auch kleinere Flüsse auszutrocknen.
Der Grund ist vor allem ein niedriger Grundwasserspiegel, denn rund 70 Prozent des Wassers in den genannten Fließgewässern speisen sich aus dem örtlichen Grundwasser, erläutert der Hydrologe.
Der Schlüssel, um in regenreichen und in trockenen Phasen gewappnet zu sein, liege in der Bewirtschaftung des Grund- und Oberflächenwassers.
Beides hänge zusammen, so Schneider. „Grundsätzlich haben die Böden in unseren Breiten eine große Aufnahmefähigkeit für Niederschläge. Sie müssen aber Zeit haben sich zu füllen.“
Denn wenn das Wasser gleich in die Täler abfließt, belastet es zum einen die Bäche und Flüsse und ist zudem für die Grundwasserspeicher verloren, was sich sowohl in Starkregenphasen als auch Dürreperioden nachteilig auswirke.