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DunkelfeldstudieGewaltbereitschaft bei Jugendlichen steigt – auch bei Mädchen

Lesezeit 2 Minuten
Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen

Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen

Die Gewaltprävalenz bei Jugendlichen in NRW hat zugenommen, während moralische Ablehnung gegenüber Regelverstößen abgenommen hat.

Die Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen hat im Zehn-Jahres-Vergleich deutlich zugenommen, während die moralische Ablehnung von Regelverstößen spürbar zurückgegangen ist. Diesen Schluss lässt eine neue Dunkelfeldstudie des Instituts für Soziologie und Sozialpsychologie der Universität Köln zu, die NRW-Innenminister Herbert Reul in Auftrag gegeben hat.

Im Vergleich zu einer ähnlichen Erhebung vor zehn Jahren berichtet heute ein deutlich höherer Anteil der Jugendlichen, in den letzten zwölf Monaten ein oder mehrere Eigentums- oder Gewaltdelikte begangen zu haben. In der siebten Jahrgangsstufe sei die sogenannte „Prävalenz“ (Wahrscheinlichkeit) von Eigentumsdelikten von 15,8 auf 19,3 Prozent gestiegen (plus 22,2 Prozent) und die von Gewaltdelikten von 19,8 auf 25,9 Prozent (plus 30,8), so das Forscherteam um den Kölner Professor Clemens Kroneberg. In der neunten Jahrgangsstufe sei der Anstieg der Gewaltprävalenz von 17,2 auf 21,4 Prozent (plus 24,4 Prozent) ebenfalls deutlich.

Auffällig: Vor allem bei Mädchen in der neunten Klasse ist der Anstieg der Gewaltbereitschaft stärker ausgeprägt als bei Jungen. Mehrfachtäter machen heute einen größeren Anteil aus als noch vor zehn Jahren. Das Erklärungsmuster „Perspektivlosigkeit der jungen Generation“ taugt nicht: Ihre Berufschancen schätzen die Jugendlichen überwiegend positiv ein. Das Wissenschaftsteam hatte rund 3800 Schüler der siebten und neunten Jahrgangsstufe an 27 weiterführenden Schulen in Gelsenkirchen, Herten und Marl befragt.

„Unsere bisherigen Analysen legen nahe, dass die 2024 befragten Jugendlichen durchschnittlich über niedrigere Selbstkontrolle verfügen als ihre 2013 beziehungsweise 2015 befragten Altersgenossen“, heißt es in der Studie. Die Gründe dafür sollen weiter erforscht werden. Das Aufwachsen verändert sich unverkennbar. Insgesamt geben heute weniger Jugendliche an, mehrmals in der Woche Zeit mit ihren Freunden außerhalb der Schule zu verbringen. Welche Rolle der Konsum gewalthaltiger Medieninhalte spielt, wird ebenso noch untersucht. Interessant: Es geht diesmal offenbar nicht um Migrationsprobleme. Jugendliche, die im Ausland geboren wurden, zeigten 2024 sogar eine niedrigere Kriminalitätsanfälligkeit als noch vor zehn Jahren. „Der Anstieg der Jugenddelinquenz geht somit auf die in Deutschland geborenen Schülerinnen und Schüler zurück“, hieß es.