Kreis Euskirchen – Seit Montag können Kunden wieder durch das Sortiment der Geschäfte stöbern – fast wie früher. Es gibt jedoch eine Voraussetzung: Es muss vorher ein Termin vereinbart werden. Das Telefonieren kostet sowohl Geschäftsinhaber als auch Kunden Zeit und Nerven. Den Vorgang vereinfachen soll die Melde-App Eifel. Touristiker und Gastronomen nutzen die Software bereits seit September. Die Einzelhändler reagieren bisher allerdings zurückhaltend.
Aus Sicht des Kreises gibt es kaum Alternativen zur App, wenn Einzelhändler ihre Läden öffnen wollen. Sie sei die „sinnvollste Lösung“, sagt Iris Poth, Leiterin der Wirtschaftsförderung des Kreises. Unternehmen können sich bei der Melde-App kostenlos registrieren. Die Eifel Tourismus GmbH überprüft, ob der Betrieb tatsächlich in der Eifel ist – und gibt ihn dann frei. Normalerweise dauert das einen Tag.
App berücksichtigt bei Terminvergabe auch Lüftungszeiten
Den QR-Code, den die Unternehmer nach der Registrierung erhalten, können diese etwa in Ladenlokalen oder auf Internetseiten Kunden präsentieren. Die müssen den Code dann scannen, einmalig ihre Kontaktdaten angeben und können sich dann einen Termin sichern. Name und Kontaktdaten des Kunden werden 30 Tage auf dem Account des Händlers gespeichert und danach automatisch gelöscht.
Für die Einzelhändler können Terminreservierungen mit der App eine große Zeitersparnis bieten. Sie müssen sich vor den Terminen nicht mehr mit ihren Kunden telefonisch oder per E-Mail abstimmen. Dauer und Uhrzeit aller Termine sind festgelegt. Das Programm berücksichtigt auch Lüftungszeiten zwischen einzelnen Terminen und eine Maximalanzahl parallel anwesender Haushalte. Sieht ein Kunde online einen Termin, der ihm zusagt, kann er ihn einfach reservieren.
Die Melde-App sei im September ursprünglich für Tourismusbetriebe, Restaurants und Sportvereine eingeführt worden, sagt Stephan Kohler von der Eifel Tourismus. „Die Auflagen der Datenschutzverordnung machten den Unternehmern zu schaffen.“ Manche hätten regelmäßig ganze Aktenordner voller Formulare vernichten müssen. Dementsprechend gut werde das Angebot angenommen, so Kohler. 330 Betriebe sind bislang bei der App registriert. Das Problem: Weniger als 30 davon sind Einzelhändler.
Analoge Unternehmer
„Das ist viel zu wenig. Die App muss sich noch deutlich mehr verbreiten“, sagt deshalb Wirtschaftsförderin Poth: „Wir wissen, dass nicht so sehr viele Betriebe ihre Strukturen im Hinblick auf die Digitalisierung angepasst haben.“ Viele stellten sich sogar aktiv gegen Onlinehandel und vergeben ihre Termine nur telefonisch. Poth: „Genau die tun sich jetzt auch mit der Melde-App schwer.“
Grundsätzlich empfiehlt Poth Einzelhändlern den Einsatz der App. Wenn es nach der Leiterin der Wirtschaftsförderung ginge, müsse nur an der Nachverfolgung eventueller Corona-Fälle über die App gearbeitet werden: „Am liebsten wäre mir, es gebe eine Schnittstelle zum Gesundheitsamt.“ Noch in dieser Woche will die Wirtschaftsförderung erste Gespräche hierzu führen.
Gefahr des Datenmissbrauchs bei zentraler Speicherung
Auch die rheinland-pfälzischen App-Entwickler von Shapefruit suchen derzeit nach einer geeigneten Schnittstelle zu den Gesundheitsämtern. „Wir sind in engem Austausch mit zwei Anbietern“, erläutert Benjamin Bellardita vom Shapefruit-Team. Interesse gebe es an der Software Sormas, die von fast 300 Gesundheitsämtern deutschlandweit zur Kontaktverfolgung eingesetzt wird. Parallel dazu finden Gespräche mit einer Initiative verschiedener Digitalunternehmen statt.
Die Initiative versuche, eine zentrale Lösung zu etablieren, so Bellardita. Aus zwei Gründen sei er da aber skeptisch: „Wenn die Daten zentral gespeichert werden, ist die Gefahr eines Missbrauchs natürlich größer.“ Außerdem würden viele Unternehmen Kontaktdaten teils digital, teils in Papierform aufzeichnen: „Und die in Papierform werden bei einer zentralen Anfrage nicht berücksichtigt.“
Ganz egal, wie sich App-Entwickler und Wirtschaftsförderung am Ende entscheiden, in einer Hinsicht sind sie sich einig: Die Politik müsse den Einzelhandel verpflichten, bei der Kontaktnachverfolgung auf die digitale Variante zu setzen, sagt Bellardita. Doch das scheitert, wie schon von Poth kritisiert, vor allem an Unternehmern, die nicht entsprechend digital aufgestellt sind.