Im neuen Bus kann Wilfried Sievernich nun Ausflüge mit seiner schwerstbehinderten Tochter Julia machen. Viele Jahre war das unmöglich.
SpendenaktionEin Transporter bringt Vater und Tochter aus Mechernich-Weyer neue Freiheit
Es war kurz vor Weihnachten 2022, als die Geschichte von Wilfried Sievernich und seiner Tochter Julia die Runde im Kreis Euskirchen machte: Anträge, Schreiben und Klinkenputzen des Vaters waren nicht von Erfolg gekrönt. Doch seinen Wunsch nach einem speziell ausgestatteten Bus, um mit seiner schwerstbehinderten Tochter mobil sein zu können, wollte er nicht begraben.
Es lief eine Spendenaktion an, die fast 50.000 Euro einbrachte. Mehrere soziale Einrichtungen und der Landschaftsverband Rheinland trugen ihren Teil bei, so dass die Finanzierung und Beschaffung gesichert waren. Nun ist es vollbracht: Der Bus steht in Weyer vor der Tür, Vater und Tochter haben bereits die ersten Ausflüge gemeinsam gemacht.
Das Auto musste für Julia Sievernich speziell ausgestattet werden
Julia Sievernich ist 28 Jahre alt und leidet an Tetraparese, Tetraplegie sowie Muskeldystrophie, einer unheilbaren Erbkrankheit. Sie benötigt 24 Stunden am Tag Betreuung und Hilfe. Kurz nach der Geburt haben die Eltern, die seit einigen Jahren getrennt sind, erfahren, dass das Mädchen unheilbar krank ist. Eine Lebenserwartung von zwei Jahren ist der Familie damals in Aussicht gestellt worden. Doch der Vater bezeichnet Julia wohl völlig zurecht als „Kämpfernatur“ – die sein ganzer Stolz ist.
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Von 2001 bis 2014 hatte Sievernich einen Mercedes-Van, den er in Eigenregie umgebaut hatte. Seit der verschrottet werden musste, waren auch die kleinen Ausflüge, die Julia so liebt, nicht mehr möglich. Es ist ausgeschlossen, dass die junge Frau in einem normalen Auto gefahren wird. Aus Sicherheitsgründen muss sie beispielsweise liegend gefahren werden, um sie bestmöglich zu schützen. Auch muss in dem Fahrzeug die Sauerstoffversorgung gewährleistet werden.
Ein Auto von der Stange war also keine Option. Daher dauerte es auch, als die Finanzierung gesichert war, noch eine ganze Weile, bis das Gefährt mit sämtlichen Umbauten ausgeliefert werden konnte.
Die ersten Ausflüge gingen nach Bad Münstereifel und zum Radioteleskop
Etwas mehr als sechs Meter ist der weiße Opel lang, 130 PS hat er unter der Haube. Beim Straßenverkehrsamt hatte Wilfried Sievernich Glück: Das Wunschkennzeichen mit dem J und dem Geburtsdatum seiner Tochter war noch verfügbar und prangt nun auf dem Gefährt. Aufgrund der Größe bietet der Opel zudem fünf Sitzplätze. So kann auch die Crew des Intensivpflegedienstes Lanzerath aus Wald mitfahren, die sich im Schichtdienst rund um die Uhr um Julia kümmert.
Erste Ausflüge hat die Familie schon gemacht: Mal ging es in den Mühlenpark, mal nach Bad Münstereifel, wo Sievernich aus seiner Zeit als Postbote noch bestens bekannt ist. Eine weitere Tour führte sie zum Radioteleskop nach Effelsberg, wo Julia nicht nur dem Gezwitscher der Vögel, sondern auch den Geräuschen beim Drehen des Teleskops lauschen konnte.
Belastend sind die Ausflüge nicht, wie Wilfried Sievernich berichtet – im Gegenteil: „Es ist für Julia kein Stress, sondern ein Glücksgefühl.“ Denn auch im Auto gibt's reichlich Musik von Julias Lieblingssendern. Rock, Pop und Karnevalsmusik hört die 28-Jährige gerne. Letzteres, so ihr Vater lachend, „muss wohl erblich sein“.
Geplant sind Tour in den Kölner Zoo und Empfang in Kreuzweingarten
Nun sollen die Touren etwas ausgeweitet werden. Köln steht auf dem Programm. Dort soll, so Wilfried Sievernich, auch am Dom ein Stopp eingelegt werden, um den Madonnen-Altar zu besuchen, zu beten und Kerzen anzuzünden. Ganz besonders freut er sich, seiner Tochter nun den Wunsch nach einem Besuch im Zoo erfüllen zu können. „Julia liebt Tiere über alles“, sagt Sievernich.
Das zeige sich in ihrer Leidenschaft für Zeichentrickfilme wie das „Dschungelbuch“ oder in ihrer Liebe zu dem Stoffbärchen, den sie seit ihrer Kindheit stets eng umschlungen hält und das schon unzählige Waschgänge heil überstanden hat. Die Geräusche der Tiere im Zoo, so Sievernich, dürften seiner Tochter besonders gut gefallen, da ihr Sehvermögen zwar stark eingeschränkt ist, sie aber über ein geschärftes Gehör verfügt. „Hoffentlich trötet einer der Elefanten im Gehege dann mal“, sagt er.
Eine Fahrt ans Meer lässt sich mit dem neuen Transporter wohl auch realisieren. Das alles gehört und passt zu dem Versprechen, das Wilfried Sievernich vor vielen Jahren gegeben hat: „Meine Tochter kommt nicht in ein Heim, solange ich die Kraft und die Unterstützung des wunderbaren Pflegeteams habe. Das habe ich meiner Jule versprochen.“
Sievernich ist immer noch tief berührt von der Hilfe, die ihm und seiner Tochter zuteil geworden ist: „Meine Eindrücke sind so etwas von überwältigend und kaum beschreibbar. Es sind für mich so viele Bekannte und Unbekannte gewesen, die uns unterstützt haben.“
Private Sammelaktionen wurden initiiert, die Dorfgemeinschaft Weyer engagierte sich, in Euskirchen wurde ein Benefizkonzert auf die Beine gestellt. Das hatten Johannes Bernd Moers und Tanja Milden organisiert, die inzwischen das Alte Brauhaus in Kreuzweingarten betreiben. Dort findet am 15. Juni ab 10 Uhr ein Empfang für Julia Sievernich statt, zu dem jeder eingeladen ist.