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Das Paradies erhaltenIm Kölner Zoo werden hochbedrohte asiatische Vögel vermehrt

Lesezeit 6 Minuten
Den farbenprächtigen Kubatrogon gibt es nur auf dieser einen Insel.

Den farbenprächtigen Kubatrogon gibt es nur auf dieser einen Insel. 

Die wohl deutschlandweit größte Nachzuchtstation für hochbedrohte tropische Vögel gibt es im Kölner Zoo. Ein Ortsbesuch.

Für die Laute der Vögel fehlen uns die Worte. Ein tiefdunkles Gokgok, ein helles gläsernes Tirilieren an der Grenze der Hörbarkeit, es trillert, gluckst, keckert, knallt, manchmal klingt einer der höchstens taubengroßen Vögel so, als würde er schimpfen, dann wieder sind ihre Töne sanft und lockend. Jeder Laut ist anders, jeder einer Art eigen, sie zeigen an, wie sich die Vögel fühlen, und ob sie warnen, sich mitteilen oder Kontakt aufnehmen wollen.

Und doch ist es meist leise in dem großen Areal hinter der Tropenhalle des Kölner Zoos. Zwischen den hohen, weiß gekalkten Decken und Wänden finden hier 13 große Volieren Platz, vor zwei Wochen sind die ersten 30 Vögel in die neue Nachzuchtstation eingezogen. In dem für Zoobesuchende nicht zugänglichen Bereich setzen Kurator Bernd Marcordes und sein Team alles daran, hochbedrohte und gefährdete Vogelarten aus Indonesien, Vietnam und anderen asiatischen Ländern zu vermehren und so zu verhindern, dass sie aussterben.

Fruchttauben wie diese Purpurbrustfruchttaube sind bunt, ganz anders als ihre heimischen Artgenossen.

Fruchttauben wie diese Purpurbrustfruchttaube sind bunt, ganz anders als ihre heimischen Artgenossen.

So wie den Kubatrogon, den es nur auf dieser einen Insel gibt. Seine türkis schimmernden Deckfedern laufen aus in weiß und schwarz, die Vögel haben eine weiße Brust und ein leuchtend rotes Bauchgefieder. Das Pärchen lebt schon lange im Zoo und ist nicht mehr scheu, mit schief gelegtem Kopf beobachten die Vögel das Geschehen vor ihrer Voliere. Unter ihnen scharren braune Kubatauben mit azurblauer Kopfzeichnung im Mulch, die beiden Arten harmonieren gut, sie nutzen verschiedene Lebensräume. Das Männchen der faustgroßen Vögel balzt. „Das ist ungewöhnlich so kurz nach dem Umzug. Aber ein Zeichen, dass sich die Tiere schon wohl fühlen“, freut sich Marcordes.

Der Umzug ist Teil eines großangelegten Ringtauschs rund um die im März 2022 durch einem Brand massiv beschädigte Tropenhalle, in der 99 Vögel an Rauchvergiftung starben. Die Vögel in der kleinen alten Nachzuchtstation blieben unversehrt. Sie leben derzeit in der neuen Station, weil ihr Bereich nachsaniert wird. „In zwei Wochen kann ein Teil der Vögel wieder dorthin zurück“, so Marcordes. Dann können Neuzugänge wie bedrohte vietnamesische Häherlinge aus ihrer Quarantäne in eine der zwei Mal fünfeinhalb Meter großen Volieren wechseln. Und in eine Anlage für 120 Vögel, „die in Deutschland in der Größe wohl einmalig ist“, sagt Marcordes, und man sieht ihm seine Begeisterung an. „Ich bin sehr froh, dass wir ein so extrem wichtiges Zeichen für den Schutz bedrohter Arten setzen.“

Damit das ambitionierte Projekt auch gelingt, muss das Team die Vögel genau beobachten und Fingerspitzengefühl haben im Umgang mit empfindlichen Tieren. So springen etwa die rötlichbraunen Ohrstreiftauben im hinteren Teil ihrer Volieren aufgeregt hin und her, als sich der Kurator nähert. „Aber das wird langsam weniger, seit wir die Hufeisenfruchttauben mit dazugesetzt haben. Die sitzen entspannt vornean und wirken beruhigend auf ihre Artgenossen.“

Das für uns tiefschwarze glänzende Gefieder eines Beos schillert für Vögel metallisch in allen Regenbogenfarben.
Bernd Marcordes, Kurator

So wie der Nestbau und die Aufzucht ihrer Jungen. Hier will der Zoo unter anderem seinen Schwerpunkt „Fruchttauben“ weiter ausbauen. Im Gegensatz zu den heimischen Arten sind diese Tauben sehr farbenfroh gefiedert und deshalb begehrt. So trägt die Jambu-Fruchttaube auf ihrer weißen Brust einen kreisrunden rosafarbenen Fleck zum melierten Gefieder. Andere Tauben sind grün-orange, manche haben neben grünem auch leuchtend rotes oder gelbes Gefieder oder sind vollends vielfarbig.

Weil Vögel sehr viel intensiver sehen als Menschen, muss das Licht unbedingt flackerfrei sein. „Das für uns tiefschwarze glänzende Gefieder eines Beos schillert für Vögel metallisch in allen Regenbogenfarben“, erklärt Marcordes. „Die Lichtfarbe und flackerfreie Lichtquellen sind wichtig, damit die Vögel sich wohlfühlen.“ Die Beleuchtung simuliert über Zeitschaltuhren Tag und Nacht, unabhängig von den Arbeitszeiten des Teams, denn nur auf einer Seite der Halle sind Fenster baulich möglich. Baumstämme zum Zerhacken, Lebendfutter und teils auch ein Wechsel der Volieren sorgen für Beschäftigung der Vögel.

Quirligen Schwarmvögel brüten dicht beieinander

Weil es immer schwieriger wird, farbenprächtige Vögel zu fangen, geraten auch weniger auffällige Arten wie etwa Finkenschnabelstare ins Visier von Vogelhändlern, so Marcordes. „Auf Straßenmärkten werden sie teils in Papptüten verkauft und überleben nur wenige Tage, weil viele Menschen nicht wissen, was diese Vögelchen zum Leben brauchen.“

Die Jambu Fruchttaube ist eine von vielen bedrohten Arten in der Station.

Die Jambu Fruchttaube ist eine von vielen bedrohten Arten in der Station.

Immer wieder bekommt der Zoo auch Tiere angeboten, die der Zoll beschlagnahmt hat. So kamen etwa zwei seltene Balistare und ein Paradiesvogel mit gelb-braunem Prachtgefieder nach Köln. Wichtiger für die Erhaltungszucht ist aber der gezielte Austausch mit Zoos und ambitionierten privaten Züchtern oder Haltern. Platz genug ist dafür im Zoo, denn wenn das Tropenhaus, das im Juli für knapp ein Jahr geschlossen wird, vollends saniert ist, werden auch Vögel aus der Zuchtstation dorthin übersiedeln. „Tiere, die wir in die Freiflughalle geben, dürfen nicht zu empfindlich und nicht zu aggressiv sein“, erklärt Bernd Marcordes.

Die quirligen Finkenschnabelstare etwa sind perfekt. Als Schwarmvögel brüten sie dicht beieinander, und das früher auch im Tropenhaus. „Wir hatten dort einmal 40 von ihnen und waren damit führend in Europa“, sagt Macordes. Drei haben überlebt, jetzt schwirrt ein gutes Dutzend in der größten der Volieren hin und her. Bis Sommer 2026 sollen sie sich verdreifach, sagt Marcordes mit Verve.

Er schaut auf die amselgroßen Vögel, die auf den ersten Blicke rein schwarz aussehen; ihr Schnabel ist sonnengelb. Doch wenn sie im Schwarm auffliegen, werden wie von Zauberhand leuchtend rote, schillernde Federschuppen auf ihren Bürzeln sichtbar. Aus dem Loch eines ihrer Nistkästen an der Wand lugen zwei Vogelköpfchen. Ein gutes Zeichen.


Neues Areal für Baum- und Felsenkängurus — Betreten ist erlaubt

Beuteltiere, die auf Bäumen leben, sind extrem selten. Das gelingt lediglich wenigen Arten der Tiere, die es nur in Australien und Ozeanien gibt. Und auch nicht immer, denn manchmal fallen sie auch runter. Deshalb dürfen die Bäume in der Freianlage für die neuen Zoobewohner auch nicht allzu zu hoch sein. Wer's nicht glaubt, kann die ungewöhnliche Beuteltiere bald mit eigene Augen sehen. Und das aus nächster Nähe. Denn das Areal, in dem sie wahrscheinlich Ende Mai zunächst alleine und später in Gesellschaft von mehreren Felsenkängurus leben werden, darf von Zoobesuchenden auf einem klar umrissenen Weg betreten werden. Das gab es, außer im Streichzoo der Bauernhoftiere, bislang im Zoo noch nicht.

Goodfellow-Baumkängurus gibt es demnächst im Zoo zu sehen.

Goodfellow-Baumkängurus gibt es demnächst im Zoo zu sehen.

Anfassen ist allerdings verboten bei den Kängurus. „Und das werden sie auch gar nicht zulassen“, so Kurator Bernd Marcordes. Beide Känguruarten sind durch Abholzung des Regenwaldes und durch Bejagung bedroht und haben in ihren Ursprungsländern lediglich kleine Verbreitungsgebiete. „Die Übersiedlung von Kängurus musste ich bei der australischen Regierung beantragen. Denn die Tiere sind weiterhin Nationaleigentum, auch wenn sie in europäischen Zoos leben“, erklärt Marcordes. Im oberen Bereich des mit Felsen und demnächst auch mit künstlichen Bäumen gestalteten Areals werden die Kurzkrallenotter leben, die bislang im Tropenhaus untergebracht waren.

Auch bei den Giraffen wird fleißig gebaut. Das Haus und der Außenbereich werden vergrößert; dafür wird der Weg deutlich näher an das alte Elefantenhaus gelegt. Neben den Giraffen werden dort die stark gefährdeten beiden Arten Mhorr-Gazellen und Dorkas-Gazellen leben. Das Areal soll im Jahr 2026 fertig werden.