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NaturschutzWarum der Nabu im Kreis Euskirchen fast aufgeben musste und wie es ihm heute geht

Lesezeit 5 Minuten
Ulli Pohl, Christian Chwallek und Marion Zöller inspizieren die Vogelwelt in Weiler am Berge.

Den Naturschutz im Blick haben die Mitglieder des Nabu im Kreis Euskirchen. Die Aufgaben sind vielfältig. Im vergangenen Jahr etwa wurden mithilfe der Stiftung Naturerbe NRW drei Flächen im Raum Mechernich und Hellenthal gekauft und in den Naturschutz überführt.

Der Nabu im Kreis Euskirchen besteht seit 1954. Während es um die Jahrtausendwende finster aussah, gibt es heute mehr als 3500 Mitglieder.

Wenn es um das Thema Naturschutz im Kreis Euskirchen geht, kommt man kaum am Nabu-Kreisverband vorbei. Mehr als 3500 Mitglieder und rund 100 Aktive kümmern sich um viele Belange im Naturschutz, sorgen dafür, dass in der Laichzeit Amphibien sicher über die Straßen zu ihren Laichplätzen kommen, pflegen Naturschutzflächen und machen vieles mehr, was der Natur zugutekommt – und damit auch den Menschen. In diesem Jahr feiert der Kreisverband sein 70-jähriges Bestehen. Schon seit Jahresbeginn werden deshalb regelmäßig Exkursionen zu verschiedenen Themen angeboten. Am Samstag fand die zentrale Feier im Burghaus in Kronenburg statt.

Dass der Kreisverband auf derart viele Menschen zurückgreifen kann, war nicht immer so. So stand der Verein nach der Jahrtausendwende kurz vor der Auflösung. Doch durch den Einsatz der Ehrenamtler konnte der Verband gerettet werden. Dies war vor allem zwei Personen zu verdanken: Manfred Weitkemper und Dr. Josef Tumbrinck, der damals Nabu-Landesvorsitzender war. „Eigentlich waren wir nur noch fünf Aktive. Roland Nitsche war Vorsitzender. Aber als der nicht mehr wollte, drohte die Auflösung“, erinnert sich Weitkemper. Damals seien das Aufhängen von Nistkästen und der Schnitt der Kopfweiden in Euskirchen die Hauptaktivitäten gewesen.

Fortbestand des Nabu-Kreisverbands Euskirchen stand auf der Kippe

„Manfred hat mich angerufen, um mich zu fragen, wie so eine Auflösung funktionieren würde“, berichtete Tumbrinck, mittlerweile Leiter der Abteilung Naturschutz im NRW-Umweltministerium, von dieser Phase. Um das Ende des Kreisverbands zu verhindern, sei er selbst in die Bresche gesprungen und habe einen Vorstandsposten übernommen.

Manfred Weitkemper und Dr. Josef Tumbrinck stehen nebeneinander vor einem Kunstwerk.

Manfred Weitkemper und Dr. Josef Tumbrinck (v.l.) stellten vor rund 20 Jahren sicher, dass der Kreisverband Euskirchen nicht abgewickelt wurde, sondern weiter existierte.

„Das war damals der Vorteil, dass die Kreisverbände eigenständige Vereine waren. Eine Auflösung konnte nicht von oben durchgeführt werden, sondern musste von den Mitgliedern gemacht werden“, erläuterte er. Dadurch habe bei mehreren Kreis- oder Stadtverbänden die Auflösung verhindert werden können.

Jedes Mal, wenn irgendwo eine Siedlungsfläche ausgewiesen wird, kommen wieder Leute zu uns.
Marion Zöller, Vorstand Nabu-Kreisverband Euskirchen

Um Kosten zu reduzieren, wurde damals ein Lager in Wüschheim, das sogenannte „Domizil“, aufgelöst und die dort aufbewahrten Materialien zum Bonner Nabu gebracht, berichtete Weitkemper. „Das war die Stunde Null“, so Tumbrinck.

Nabu: Die Mitgliederzahl im Kreis Euskirchen ist stark angestiegen

Richtig in Gang gekommen sei der Kreisverband, als sich immer mehr Aktive dazu gesellt hätten. „Da gab es zum Beispiel die Bürgerinitiative um Rainer Liedtke gegen das Zementwerk in Sötenich“, berichtete Tumbrinck. Als deren Engagement erfolgreich abgeschlossen gewesen sei, hätten die Mitglieder einen Naturschutzverband gesucht, dem sie sich hätten anschließen können. „Dann haben sie sich dem Nabu angeschlossen, ich war mit meiner Werbung wohl sehr überzeugend“, sagte er zufrieden lächelnd. Liedtke habe sich später mit Anita Waffenschmidt um den Kauf des einstigen Kameradschaftshauses in Vogelsang und die Entwicklung der Genossenschaft Nabear verdient gemacht.

Foto des Naturschutzhaus Nabear in Schleiden-Vogelsang.

Das Naturschutzhaus Nabear in Vogelsang resultiert aus einer Initiative, die von Nabu-Mitgliedern in Gang gesetzt wurde.

Seit den Tagen des Neustarts hat sich viel entwickelt. „Wir haben die traditionelle Schiene des Naturschutzes verlassen und das Feld geöffnet“, so Marion Zöller, die seit 2014 dabei und heute neben Ulrich Pohl und Peter Berthold eine der drei Vorsitzenden ist. Durch die Nutzung von Social Media habe es eine Streuwirkung gegeben, die früher nicht möglich gewesen sei. Dadurch sei der Kreisverband stark gewachsen. 2018 seien es knapp 1200 Mitglieder gewesen, aktuell 3542.

Die Wurzeln des Nabu im Kreis Euskirchen liegen im Vogelschutz

„Jedes Mal, wenn irgendwo eine Siedlungsfläche ausgewiesen wird, kommen wieder Leute zu uns“, erklärte Zöller. „So sind auch die Mechernicher Gruppen zu uns gekommen“, sagte Uwe Wedegärtner, ehemaliges Vorstandsmitglied. Die Arbeit der Aktiven wirkt offenbar ansteckend: „Deren Aktivität hat mehr Aktivität erzeugt.“

Auch der klassische Vogelschutz wird noch praktiziert. So ist vor einigen Jahren das Forum Ornithologie gegründet worden. „Der Vogelschutz ist unsere DNA“, so Wedegärtner. Teils kommen 25 bis 30 Leute zu den Treffen. Von den Zeiten, als der Nabu noch der Deutsche Bund für Vogelschutz war, konnte Manfred Martin berichten, der seit 1974 Mitglied ist: „Damals wurden hauptsächlich Exkursionen angeboten.“ Er habe sich für die heimische Vogelwelt interessiert, weil er ein Junge aus dem Dorf gewesen sei und ihm niemand etwas erklärt habe. Josef Weber und Manfred Borgmann hätten die Exkursionen geleitet. Ab 1985 sei er eingewiesen worden und sei selbst als Führer aktiv geworden. „Ich war damals einer der besten Vogelstimmenkenner“, sagte er stolz.


Nabu ist seit 1954 im Kreis Euskirchen aktiv

Gegründet wurde der Kreisverband im Jahr 1954 als Teil des 1899 ins Leben gerufenen Bundes für Vogelschutz, der Vorgängerorganisation des Nabu. 1990 schlossen sich die Verbände aus der DDR und der BRD zusammen, erweiterten ihr Tätigkeitsfeld und benannten sich in Naturschutzbund um, kurz: Nabu.

Viele Tätigkeitsbereiche haben sich auf den Feldern des Natur- und Artenschutzes entwickelt. Schwarzstörche, Amphibien, Schwalben, Steinkäuze, Flusskrebse, Schmetterlinge, Fledermäuse, Eulen und Uhus – diese und noch mehr bedrohte Arten erfahren besondere Aufmerksamkeit durch den Nabu. Seitdem die Stiftung Naturerbe NRW des Nabu-Landesverbandes und die Eifelstiftung immer mehr Flächen erwerben, ist auch die Pflege dieser Gebiete zum Tätigkeitenkatalog hinzugekommen. Wenn verletzte Wildtiere gefunden werden, ist oft der Nabu die erste Anlaufstelle.

Einflussnahme auf politischer Ebene gehört für den Nabu genauso dazu wie das Führen von Prozessen. So positionierte sich der Nabu aus Gründen des Artenschutzes etwa eindeutig gegen die Windparks in Dahlem und reichte immer wieder Klagen gegen die Genehmigungen ein. Deutliche Worte fand Dr. Heide Naderer, aktuelle Vorsitzende des Nabu NRW, im Rahmen der Jubiläumsfeier zu den Windparks in Dahlem, wo in der vergangenen Woche im Rahmen des Besuchs von NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur die letzten der insgesamt 18 Anlagen ans Netz gegangen sind.

Rund 50 Mitglieder und Naturschützer waren zur Jubiläumsfeier ins Burghaus in Kronenburg gekommen. Neben einer Ausstellung über die vielen Naturschutzprojekte, an denen der Kreisverband beteiligt ist, gab es auch Beiträge vom langjährigen Nabu-Landesvorsitzenden Dr. Josef Tumbrinck, von Dr. Stefan Meisberger, Geschäftsführer der Bio-Station Euskirchen, und vom stellvertretenden Landrat Leo Wolter. Für Unterhaltung sorgte die Autorin und Schauspielerin Barbara Geiger mit „Fräulein Brehms Tierleben“.