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ArtenvielfaltDer Biber ist zurück an der Wiehl

Lesezeit 4 Minuten
Ein abgenagter Baum.

Am Biebersteiner Stauweiher hat ein Biber Spuren hinterlassen.

Der Biber breitet sich im Oberbergischen immer weiter aus. Nun ist er an der Wiehl angekommen - ausgerechnet am Biebersteiner Stauweiher.

Dass der Ortsname etwas mit dem Nagetier zu tun hat, ist ungewiss. Die Schreibweise der Erstnennung im Jahr 1342 lautete „Bevirstein“. Allemal ist es ein schöner Zufall, dass der erste Nachweis eines Bibers an der Wiehl seit vielen Jahrzehnten ausgerechnet am Biebersteiner Stauweiher gelungen ist. Dort hat Heinz Kowalski kürzlich Baumstämme entdeckt, die in typischer Weise angenagt wurden.

Kowalski ist Vogelkundler und Sprecher des Bundesfachausschusses   des Naturschutzbundes. In Bieberstein ist er regelmäßig unterwegs, um Wasservögel zu beobachten. „Das hier ist eine herrliche Ecke“, schwärmt Kowalski beim Ortstermin mit Blick auf die Wiehlaue zwischen Klärwerk und Stauerweiher am Giershausener Weg nahe Brüchermühle. Bei einem dieser Spaziergänge fiel ihm auf, dass am Stauweiherufer – abgesehen von umfangreichen Holzarbeiten von Menschenhand – auch ein vierbeiniger Holzfäller am Werk war.

Verwandtschaft wohnt in der Eifel

Kowalski geht davon aus, dass es sich um ein Jungtier   aus der Population handelt, die in den 1980er Jahren in der Eifel angesiedelt wurde und sich entlang der Flussläufe in NRW ausbreitet. Wenn Biber mit etwa drei Jahren die Geschlechtsreife erreichen, werden sie von den Eltern vertrieben, um sich einen Partner zu suchen und ein eigenes Revier zu gründen. Sie wandern dafür auch mehr als 100 Kilometer weit.

2017 ist der erste Biber in der Wupper bei Wuppertal und danach bei Wipperfürth nachgewiesen worden. 2021 wurden an einem stehenden Gewässer im Einzugsbereich des Wisserbachs zwischen Morsbach und Friesenhagen angenagte Bäume entdeckt. Später gelangen an der Wisser sogar Filmaufnahmen von dem scheuen Tier.

Die Nachtaufnahme eines Bibers.

Dieses Foto eines Bibers mit dem typischen platten Schwanz, Biberkelle genannt, wurde vor einem Jahr bei Morsbach aufgenommen.

Nun ist ein Biber mitten im Oberbergischen Kreis angekommen. Ob er sich dort niederlässt, hänge davon ab, ob das Männchen oder Weibchen eine Partnerin oder einen Partner findet, sagt Heinz Kowalski. „Ich bin gespannt, ob das Tier bleibt.“ Das Feuchtgebiet in der Biebersteiner Wiehlaue mit seinen Erlen sei ein optimales Biotop nicht nur für viele Wasservögel, sondern auch für den Nager. „Er muss hier keinen Damm bauen, um Wasser aufzustauen, Konflikte mit der Landwirtschaft sind nicht zu erwarten.“

Reichshofer Revierförster fürchtet keine Konkurrenz

Der Biber sei ein reiner Pflanzenfresser, anders als die Nutria, die eigentlich in Südamerika heimisch ist und sich zu Kowalskis Ärger auch an die Gelege von Bodenbrütern macht.

Auch Jürgen Kerstin hat keine Bedenken. Zufällig hat der Revierförster an diesem Vormittag mal wieder am Stauweiher zu tun. Die Biberbäume waren ihm noch gar nicht aufgefallen. „Dieser Bereich ist forstwirtschaftlich ohnehin uninteressant“, winkt Kerstin ab. „Über die Rückkehr des Bibers freut sich auch die Försterseele.“

Zwei Männer vor einem Teich.

Nabu-Experte Heinz Kowalski (l.) und Revierförster Jürgen Kerstin zeigen eine der Stellen, wo ein Biber Bäume angenagt hat.

Im Rheinisch-Bergischen Kreis hat die Rückkehr des Bibers dagegen schon für kontroverse Diskussionen gesorgt, die fast ein wenig an die Wolf-Debatte erinnern. Wim Dissevelt, Abteilungsleiter für Gewässerunterhaltung beim Abwasserverband, freut sich einerseits, dass der Biber als „tierischer Wasserbauingenieur“ die Bemühungen des Verbands bei der Renaturierung unterstützt. Andererseits müsse verhindert werden, dass das Tier Rückhaltebecken verstopft, Deiche durchlöchert oder für Überflutungen von Straßen und Schienenwege sorgt, zumal in dichter besiedelten Bereichen. „Wir stehen da ganz am Anfang“, sagt Dissevelt. „Wir müssen uns noch aneinander gewöhnen. Es gilt, dass der Biber eine streng geschützte Art ist, wir müssen mit und nicht gegen ihn arbeiten.“

Etwas verwundert, sagt Dissevelt, sei er übrigens, dass der neueste Biber am Biebersteiner Stauweiher aufgetaucht ist, ohne dass das Tier an der unteren Wiehl, etwa an den Brucher Wiesen, Spuren hinterlassen hat. Offenbar sei der Zuwanderer nicht entlang des Flusslaufs, sondern über die Höhen zugewandert, vielleicht aus dem Wissergebiet im Süden. „Bei der Ausbreitung scheint der Biber einige Mühen in Kauf zu nehmen.“

Die Untere Naturschutzbehörde des Kreises will die Entwicklung in Bieberstein in Abstimmung mit dem Aggerverband, dem Naturschutzbund und der Biologischen Station beobachten. Man sei sich des Dilemmas bewusst, dass der Biber mit seinen Dämmen zwar zur ökologischen Vielfalt und zur Renaturierung von Gewässern beiträgt – „mitunter kann dies jedoch auch Konflikte mit sich bringen“. Es sei verboten, den Biber zu stören oder seine Lebensstätten zu beschädigen. Aber: „Sollte dies im Einzelfall doch einmal erforderlich sein, kann die Untere Naturschutzbehörde von diesen Verboten Ausnahmen zulassen.“