Die Ergebnisse der „Stunde der Wintervögel“ liegen vor. Eine Vogelart auf der Durchreise brachte die Statistik durcheinander.
Stunde der WintervögelIn Oberberg liegt der Haussperling vorn
Eine Art passt nicht zu „den üblichen Verdächtigen“, wie Heinz Kowalski es ausdrückt. Die Rangliste der meist beobachteten Tiere bei der „Stunde der Wintervögel“ entspricht weitgehend dem Bundestrend und dem Ergebnis der Vorjahre, hat der Bergneustädter Experte festgestellt. Ein Ausreißer ist der Kranich – mit einer Zunahme von 753 Prozent seit dem Vorjahr landete er auf Platz 9.
Es kommt eben nicht jedes Jahr vor, dass diese großen Zugvögel im Oberbergischen Station machen, erläutert Kowalski. Diesmal gab es doppelte Gelegenheit: Im Januar habe es mit dem zwischenzeitlichen Schnee einen Wetterwechsel gegeben, der die Kraniche dazu bewegte, sich wieder ins nordfranzösische Winterquartier zurückzuziehen – „bevor sie einen kalten Hintern kriegen“ – um danach wiederzukommen auf dem Weg zu den norddeutschen Brutgebieten.
Als Sprecher des Bundesfachausschusses für Vogelkunde und Vogelschutz des Naturschutzbundes analysiert der Bergneustädter auch die bundesweite Entwicklung. Wie in Oberberg habe es keine großen Überraschungen gegeben, auf den ersten Plätzen finden sich wieder Haussperling vor Kohl- und Blaumeise sowie Amsel, mithin die bekannten Gäste am Futterhäuschen.
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Bundesweit knapp 122.000 Menschen folgten am Wochenende 10. bis 12. Januar dem Aufruf zur „Stunde der Wintervögel und haben in rund 85.000 Gärten etwa 275.000 Vögel gezählt. Im vergangenen Jahr waren es 315.000. Nabu-Experte Martin Rümmler führt die geringeren Meldezahlen auf die bisher milden Temperaturen zurück. Diese spiegelten die größere Dynamik der Vogelwelt im Winter wider, die Tiere blieben bei ausreichend Nahrung und wenig Kälte öfter auch den Gärten und Futterstellen fern.
In Oberberg machten 450 Vogelfreunde mit
In Oberberg wurden von 450 Vogelfreunden (2024 waren es 415) in 326 Gärten (312) 12.009 Vögel (11.635) gezählt. Eine Besonderheit in der Region wie in ganz Deutschland war ein großes Aufkommen von Bergfinken, sagt Kowalski. Diese ziehen im Winter auf der Suche nach Samen und Früchten teils in enormen Schwärmen umher: „Und mal kommen sie, mal kommen sie nicht.“
Kowalskis oberbergischer Lieblingsvogel war früher der Raubwürger. Seit dieser hierzulande kaum noch anzutreffen ist, sondern eher im Sauerland, hat der Ornithologe eine besondere Vorliebe für den Schwarzspecht und seine Verwandten entwickelt, auf der oberbergischen Rangliste taucht er mit einer einzigen Sichtung auf Platz 59 auf. Auf seiner Liste für die Bergneustädter Altstadt vor seiner Haustür hat Heinz Kowalski einen großen Zuwachs an Dohlen festgestellt, die dort Brutplätze gefunden haben. Verwundert war Kowalski über die geringe Zahl von gemeldeten Zeisigen, ihm selbst seien sie an der Wiehltalsperre in großer Zahl begegnet. Allerdings seien es eben eher kleine Vögel, die nicht am Futterhaus, sondern hoch oben in den Erlen und Birken sitzen und leichter zu hören als zu sehen sind.
Der Rückgang der Amselbeobachtungen macht Kowalski weniger Sorge, ein Grund könne der Usutu-Virus sein. Von der Vogelgrippe sei Oberberg ja bisher verschont geblieben. Schwerwiegender für die Vogelwelt sei der Verlust von Lebensräumen, in Regionen mit viel Ackerland vor allem durch den Einsatz von Pflanzen- und Insektenschutzmitteln. Nicht ohne Grund habe er mit dem Nabu-Bundesfachausschuss ein Manifest veröffentlicht, in dem die Politik zu mehr Anstrengungen beim Erhalt der Artenvielfalt aufgefordert wird. „Dass es Jahr für Jahr eine Million Vögel weniger gibt, merkt man auch im eigenen Garten.“
Um solche Tendenzen beschreiben zu können, seien die Laiensichtungen wichtig, sagt Heinz Kowalski. Die „Stunde der Wintervögel“ ist Deutschlands größte wissenschaftliche Mitmachaktion und fand bereits zum 15. Mal statt. Die nächste Vogelzählung findet mit der „Stunde der Gartenvögel“ vom 9. bis 11. Mai statt.