So steht das Quelle-Fertighaus von 1965 derzeit noch in Stommelerbusch.
Copyright: (Foto: Rosenbaum) Lizenz
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Kommern – Als Bretterbuden waren die ersten Fertighäuser verschrien, und Banken verweigerten Hypotheken auf solche Bauten, weil sie nur lose auf den Boden gesetzt seien und über Nacht gestohlen werden könnten. „Die ersten Häuser waren wohl auch tatsächlich eher schlecht“, sagt Dr. Carsten Vorwig, Historiker des LVR-Freilichtmuseums in Kommern. Darum ist er froh, dass für die Baugruppe „Marktplatz Rheinland“ ein sehr gut erhaltenes Quelle-Fertighaus von 1965 gefunden wurde: „Das ist schon etwas ausgereifter als die ersten Quelle-Häuser von 1962.“
Das Haus, das noch in Stommelerbusch (Stadt Pulheim im Rhein-Erft-Kreis) steht, passt perfekt in die neue Baugruppe, findet Museums-Sprecher Dr. Michael Faber: „Wir wollen mit dem neuen Gebäudeensemble die Urbanisierung des ländlichen Raums dokumentieren – mit allem, was dazugehört: dem Autoverkehr, der kleinen Tankstelle, der Kneipe und auch einer Kapelle.“
Und während die meisten dieser Gebäude nur ein inhaltsloser Name auf Fabers Wunschliste sind, ist das Fertighaus praktisch „gekauft“ – obwohl das Museum grundsätzlich nichts für die Gebäude bezahlt.
„Die Besitzer sparen die Abrisskosten, und um mehr geht es ihnen in der Regel auch nicht“, weiß Faber. „Es gibt noch Unwägbarkeiten beim Translozieren“, erklärt der stellvertretende Museums-Chef. Eigentlich stand die Verfrachtung des Gebäudes von Stommelerbusch nach Kommern für das Frühjahr auf dem Programm. „Aber wir beschäftigen uns jetzt mit einer Epoche, bei der wir uns, anders als bei einem Fachwerkbauernhaus, um Schadstoffe Gedanken machen müssen.“ Und anders als so manches Fachwerkhaus, das nun im Wald bei Kommern steht, statt an seinem früheren Platz irgendwo im Rheinland, soll das Fertighaus auch nicht zerlegt und wieder zusammengesetzt werden.
Faber: „Es soll am Stück transloziert werden.“ Das bedeutet, das komplette Gebäude ab der Kelleroberkante mit seinen Abmaßen von 15 mal 7 Metern wird auf einen Tieflader gepackt und in die Eifel transportiert.
Das Quelle-Haus von 1965 steht noch in Stommelerbusch (Stadt Pulheim). Es steht leer, seit die Bewohner, die wohl keine Angehörige haben, starben, wie Horst Leusink vom Löschzug Stommeln der Pulheimer Feuerwehr der Rundschau berichtete.
Leusink war es, der dem Freilichtmuseum den Tipp gab, wo es noch ein original Quelle-Fertighaus aus den 60er Jahren gibt.
Und das kam so: „Wir hatten vor etwa drei Jahren die Erlaubnis erhalten, in dem Quelle-Haus mit der Feuerwehr zu üben, wie man einen Zimmerbrand bekämpft. Die ungewöhnliche Architektur des Hauses führte zu Nachfragen bei den Eigentümern“, berichtete Leusink. So erfuhr der Feuerwehrmann, wie in den 60er Jahren ein Ford-Mitarbeiter dieses Haus kaufte, weil er annahm, nicht allzu lange im Ort zu wohnen. „Die Bewohner sind dann doch hier alt geworden, aber leider inzwischen gestorben“, so Leusink weiter.
Er ist froh, dass die Feuerwehr damals nicht mit Wasser übte und kein Schaden an dem noch original erhaltenen Bungalow entstand. Und weil die Mitglieder des Stommelner Löschzugs immer mal wieder in das Kommerner Museum fahren, gibt es einen guten Kontakt dorthin.
Im Museum war man über den Tipp heilfroh. Denn ein Fertighaus aus den 60er Jahren stand ohnehin auf der Wunschliste der Museumsleitung. „Dass es nun ein Haus von Quelle ist, das wir in der Baugruppe ,Marktplatz Rheinland‘ aufbauen können, ist ein Zufall“, sagte der stellvertretende Museumsleiter Dr. Michael Faber. Ihm ist es zwar unangenehm, dass nun der genaue Standort des Hauses bekannt wurde, weil es noch viele Unwägbarkeiten gebe und kein Termin für eine Versetzung des Hauses feststehe, aber über die Anziehungskraft der neuen Hausgruppe, die von der Urbanisierung der Dörfer zeugen soll, freut er sich: „Denn den Quellekatalog kennt doch jeder, auch wenn vielleicht nicht so viele Menschen wissen, dass man in diesem Katalog auch ein Haus bestellen konnte.“ (mfr)
„Das wird ein aufregender Transport, der nur in der Nacht stattfinden kann und für den alles abgebaut werden muss, was im Weg steht, etwa Aufbauten an Straßenkreuzungen und Verkehrsinseln“, kündigte Faber an.
Gut sei, dass die tragende Stahlkonstruktion mit den Rahmengefachen aus Metall und einer Verkleidung aus Platten nicht zerlegt werden müsse.
Das Freilichtmuseum wandelt sich laut Faber zum Museum der Zeitgeschichte. So gebe es noch einige Zeitzeugen, die sich bis 1945 zurückerinnern könnten: „Wir wissen noch gar nicht so genau, was und wie viel wir sammeln sollten, denn eigentlich müsste man ein komplettes Kaufhaus von heute einfach mal abschließen, um den Inhalt für die Zukunft zu sichern. Wir brauchen auch Dinge aus dem Alltag der Menschen in den 60er und 70er Jahren.“
Das Fertighaus von Quelle war offenbar leichter zu finden als die originalgetreue Einrichtung dafür. Anders ist es bei den Themen Friseur und Eisdiele.
Der moderne Mensch wohnt in einem Bungalow im Grünen. Das war der Zeitgeist der 60er Jahre. Und deshalb ist es vielleicht nur ein Zufall, dass eines der bekanntesten Modellhäuschen aus DDR-Zeiten dem Quelle-Fertighaus der 60er Jahre sehr ähnlich sieht.
Das Modellhaus, das beim VEB Vero im Werk 5 hergestellt wurde, hat die gleichen Proportionen wie das Haus aus dem Quelle-Katalog. Auch die Miniaturbehausung aus dem Osten Deutschlands weist an der Längsseite rechts zwei einzelne Fenster mit senkrechter Teilung auf. Und an der linken Seite gibt es – wie beim Quelle-Haus – einen Balkon mit großen Fenstern und einer Tür.
Die breite Fassung des Flachdachs entsprach sicherlich dem damaligen Stand der Technik und ist darum ebenfalls bei beiden Häusern identisch.
Das Freilichtmuseum in Kommern besitzt ein solches Modellhaus, bei dem der Balkon noch im Stil der Picknick-Ära mit knallroten Stühlen, einem weißen runden Tisch und einem Sonnenschirm aus rot-weiß kariertem Stoff bestückt ist.
Selbst die bunten Blumen und der grüne Rasen, den man sich für ein schönes Leben wünschte (oder ein „glückliches Wohnen“, wie die Quelle-Fertighaus-Fibel titelt), ist im Modell nachempfunden, das selbst in einer schlichten grauen Karton-Verpackung steckte, wie sie in der DDR damals für fast jedes Produkt üblich war.
Der „volkseigene Betrieb“ (VEB) in Marienberg-Hüttengrund war auf Modellspielsachen spezialisiert. Ansonsten war Vero in der DDR vor allem für seine Holzspielzeuge bekannt. (mfr)
Dafür haben Faber und Co. die Einrichtungen, aber noch kein passendes Haus. Für die Tankstelle liegen Zapfsäulen von Rheinpreußen bereit. „Aber das typische Kassenhäuschen samt Werkstatt fehlt noch“, sagt Faber. Aber vielleicht erhält das Museum ja noch den richtigen Tipp von einem Fan – so wie beim Quelle-Fertighaus.