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Klage gegen ErzbistumOpfer verlangt 800.000 Euro nach Missbrauch durch Messdiener

Lesezeit 3 Minuten
Köln: Wolken ziehen am Dom vorbei.

Auf das Erzbistum Köln kommt erneut eine hohe Schmerzensgeldforderung zu.

In einer Kölner katholischen Gemeinde kam es Anfang der 1990er Jahre zu einer Reihe von Missbrauchsfällen. Täter war kein Priester, sondern ein Messdiener. Mehr als 30 Jahre nach den Taten verklagt eine Betroffene das Erzbistum Köln.

Neue Schmerzensgeldklage gegen das Erzbistum Köln: Gegenüber der Rundschau hat die Diözese den Eingang einer Klageschrift bestätigt, in der eine Betroffene 800.000 Euro wegen eines mehr als 30 Jahre lang zurückliegenden Missbrauchsfalls in einer Kölner Gemeinde verlangt. Anders als in bisher verhandelten Fällen war der Täter kein Priester, sondern Messdiener.

Die Klägerin ist eine von acht bekannten Betroffenen, die von dem damals 17- bis 18-jährigen Messdiener-Gruppenleiter im rechtsrheinischen Köln missbraucht wurden. Der Fall ist im vom Erzbistum veranlassten Gutachten der Kölner Anwaltskanzlei Gercke Wollschläger unter Nr. 167 dokumentiert. Die Klägerin, die bis heute unter den Folgen der Taten leidet und deswegen in medizinischer Behandlung ist, wird von dem Bonner Rechtsanwalt Eberhard Luetjohann vertreten.

Zum Zeitpunkt des Missbrauchs 1992 war die Klägerin erst 6 Jahre alt, also noch nicht Messdienerin. Der Gruppenleiter, der eigentlich nur für die Jungen zuständig war, kümmerte sich – so Luetjohann – trotzdem um kleine Mädchen unter dem Vorwand, ihnen die Abläufe beim Gottesdienst zu erklären. Teils habe er seine Opfer bei solchen Gelegenheiten missbraucht, teils auch bei angeblichen privaten Nachhilfestunden. 1998 wurde der junge Mann wegen des Missbrauchs zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.

Täter soll schon früh aufgefallen sein

Bitter: Nach Luetjohanns Darstellung wäre es schon viel früher möglich gewesen, seine Taten aufzudecken und weitere zu verhindern. Schon Anfang der 1990er Jahre sei der junge Mann in der Gemeinde aufgefallen, weil er kleine Mädchen auf den Schoß nahm und ständig berührte. Im Fall anderer Kinder sei es sogar schon einmal zu einem Ermittlungsverfahren gekommen – die damals betroffenen Kinder zogen ihre Aussagen aber zurück, unter dem Druck von Eltern und, wie Luetjohann meint, auch indirekt des Erzbistums. Davon steht im Gercke-Gutachten nichts. Als es schließlich doch zum Prozess kam, machte eins der missbrauchten Kinder laut Luetjohann die denkwürdige Aussage: „Damals, als ich gesagt habe, dass ich gelogen habe und dass das nicht stimmt (was dem Messdiener vorgeworfen wurde, d.Red.), da habe ich gelogen.“

Die Klägerin hat bereits 2011 eine Anerkennungsleistung beantragt und auch erhalten. Luetjohann geht aber davon aus, dass seine Klage Erfolgsaussichten hat: Der Täter sei offensichtlich vom Pfarrer und vom Gemeindereferenten nicht ausreichend beaufsichtigt worden. Auch wenn er kein Priester war, komme dem Erzbistum auch eine Garantenstellung für das Handeln ehrenamtlicher Mitarbeiter zu. Allerdings nur für Taten im kirchlichen Kontext, etwa bei angeblichen religiösen Unterweisungen, denn anders als ein Priester sei ein Messdiener natürlich nicht immer im (kirchlichen) Dienst.

Im Juni 2023 hatte Anwalt Luetjohann über 300.000 Euro Schadenersatz für ein Missbrauchopfer vom Erzbistum Köln erstritten. In einem weiteren Fall vertritt er zur Zeit eine Klägerin, die von ihrem Pflegevater, der zugleich katholischer Geistlicher war, über viele Jahre hinweg sexuell missbraucht wurde. Diesmal bezweifelt das Landgericht Köln allerdings, dass der Täter seine Delikte im Rahmen seiner Amtsausübung beging.

Für die jetzt eingereichte Klage ist diese Frage aber ohnehin nicht relevant, da der Täter ja kein Priester war. Grundsätzlich könnte das Erzbistum allerdings Verjährung geltend machen. Darauf hat Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki in den bisherigen beiden Verfahren verzichtet. Ob er es auch in dem neuen Fall so halten wird, ist unklar. Das Erzbistum bittet um Verständnis, „dass wir uns zu dem laufenden Verfahren nicht äußern können“.