Es ist ziemlich genau Viertel vor vier, als am Sonntag der Prinzenwagen aus der Ostkurve ins Ründerother Herz einbiegt, das sich im schönsten Sonnenschein präsentiert. Tausende erwarten Peter II. und seine Prinzessin Tanja. Doch plötzlich kullern Tränen auf dem letzten der insgesamt 22 Wagen. Die Prinzessin weint, sämtliche Mariechen haben feuchte Augen und sogar Prinzenführer Klaus Braeucker greift zum Taschentuch.

Schnell ist klar: Es sind Tränen der Rührung und für die ist Mariechen Sophie Funken verantwortlich. Ihr Maurice hat sich die schönste Kulisse ausgesucht, die sich einem Ründerother Karnevalisten bieten kann, um die wichtigste Frage des Lebens zu stellen. „Sophie wird heiraten, das ist so schön“, mehr bekommt Prinzessin Tanja in diesem Moment einfach nicht heraus.

Einen Heiratsantrag im Rosensonntagszug gab es in 50 Jahren Ründerother Karnevalsverein vermutlich höchst selten, aber auch auf makellosen Sonnenschein haben die Jecken in der Perle des Aggertals viele Jahre warten müssen. Zum Jubiläum des RKV ist sie da – und wie. Schon bei der Zugaufstellung in Wiehlmünden sorgen die warmen Strahlen für allerbeste Laune.

Die Osberghauser Panzerknacker haben kurz vor Karneval noch ein dickes Ding gedreht, stehen jetzt allerdings vor dem Problem, den ausgeräumten Tresor irgendwo entsorgen zu müssen. Kurzerhand wird das Ungetüm zum Zwischenlager für Kamelle und Schnäpschen umfunktioniert.

Die Ründerother Grundschulkinder verwandeln sich in kunterbunte Tintenfische, die Oesinghauser Karnevalisten machen mit beim Fitnesswahn und haben gleich einen Hometrainer an ihren Wagen angehängt, um ja keine Trainingseinheit zu verpassen, und die Gruppe Colorado sorgt mit wandelnden Karussells für einen der absoluten Higucker im Zug 2025. Seit über 25 Jahren geht der Freundeskreis bereits mit, seine kreativen Ideen in Sachen Kostüm reichen auch locker für die nächsten 25 Jahre.

Bei aller Tradition gibt es am Sonntag allerdings auch echte Premieren: Mit der Wagennummer acht feiern die „Jecken Fründe“ ihren Einstand in Ründeroth. Die Truppe ist aus dem letzten Dreigestirn hervorgegangen, zählt exakt 33 Leute und richtet sich an Familien mit Kindern. „Wir sind uns ziemlich sicher, dass wir in den kommenden Jahren noch weiter wachsen werden“, betont Geraldine Loewenguth, die von allen nur „Mutti“ genannt wird, weil sie bei der Premiere den Überblick behält.

Nur auf den ersten Blick furchteinflößend wirken die Samuraikrieger unter ihren Kegelhüten, die nämlich viel lieber zur Kamellekanone als zum Schwert greifen. Gleich dahinter rollt das „Team Hahn“ heran, das sich ganz dem Neanderthal widmet. Mammuts schunkeln zusammen mit Urmenschen in den Ründerother Ortskern, dazu raucht es gewaltig, denn die Hahner haben einen voll funktionsfähigen Vulkan in ihrem Wagen untergebracht.

Mindestens genauso detailverliebt ist aber auch das große Zahnrad, das die Gruppe Popcorn-Freunde an ihre Kutsche geschraubt hat – die Truppe ist zum 24. Mal dabei und vereint Karnevalsfans aus Ründeroth und Hülsenbusch. Der TSV Ründeroth wiederum „fühlt sich Disco“ und setzt beim Outfit auf silbernen Glitzer – und zwar in so hoher Konzentration, dass im Sonnenlicht regelmäßig die Selfies misslingen, weil die Linse vor der Reflexion kapituliert. Toll anzusehen sind die Sportler trotzdem.

Allerdings sind es nicht nur die Zugteilnehmer, die sich am Sonntag herausgeputzt haben – auch am Wegesrand wird ganz viel Kreativität bewiesen. Längst vorbei ist die Zeit, in denen männliche Zuschauer maximal ein farbiges Hütchen riskierten. Der moderne Papa wird zur Haribo-Tüte, trägt Haifisch-Kostüm oder verwandelt sich dank Mini-Luftgebläse gleich in einen gewaltigen Dinosaurier.

Als sich der Zug am Abend nahe dem Awo-Altenheim auflöst, sind die Zuschauer hochzufrieden und die Teilnehmer glücklich und geschafft. Nur die Sportskanonen aus Oesinghausen haben noch Reserven. Und das ist auch gut so: Heute muss die Truppe nämlich beim Bielsteiner Zug erneut ran.