Köln – Am 31. August endet ihre Zeit an der Oper Köln. In ihrer gewohnt zurückhaltenden Art lässt Birgit Meyer im Gespräch mit Axel Hill Erfolge, Probleme und Verletzungen Revue passieren.
Wie geht es Ihnen jetzt, wo Sie die Büros ausgeräumt haben?
Ich verlasse das Haus mit einer gewissen Heiterkeit, weil Vieles gelungen ist. Zum anderen gibt es auch die Vorstellung: auf zu neuen Ufern. Es gibt viele Optionen. Ich will jetzt für mich Klarheit gewinnen, was ich eigentlich weiter machen möchte. Ich werde auf jeden Fall wieder nach Wien ziehen – und dort könnte ich auch wieder unterrichten.
Aber Sie sitzen jetzt nicht auf dem berühmten „Intendantenkarussell“?
Natürlich werde ich da immer wieder angesprochen. Aber diese Positionen werden durch politische Entscheidungen besetzt. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wenn Sie eine gewisse Erfahrung und einen Erfolg aufweisen können, eine solche Position auch bekommen.
Gab es Momente, wo Sie alle Brocken hinwerfen wollten?
Das gab es schon das eine oder andere Mal. Das habe ich dann mit mir und ein paar wenigen Leute ausgemacht, bin aufgestanden und habe weitergemacht.
Was waren das für Momente?
Es waren manchmal – nicht von Ihrer Zeitung – mediale Übergriffe, denen ich anfangs doch fast hilflos gegenüberstand. Mit den Medien umzugehen, ist etwas, was man im Laufe der Zeit lernt. Es waren Momente, in denen ich eine tiefe Ungerechtigkeit empfunden habe. Aber es ist nie verbunden gewesen mit den Aufgaben, die mir gestellt waren, zum Beispiel im Zusammenhang mit der nicht geglückten Renovierung im Sommer 2015 oder der Pandemie.
Gibt es Dinge, die Sie im Rückblick anders machen würden?
Ich habe mich ja im Umgang mit den Medien extrem zurückgehalten, weil ich kein Interesse hatte, gewisse Themen immer weiterzuspielen. Es ist die Frage, ob ich mich nicht an der einen oder anderen Stelle hätte deutlicher positionieren müssen. Aber letztlich geht es ja darum, dass „Produkt“, also die Oper, dem Publikum in möglichst positiver Weise nahe zu bringen.
Zur Person
Die gebürtige Kölnerin war ab 2009/2010 Operndirektorin in der Intendanz von Uwe-Eric Laufenberg . Als dieser 2012 von der Stadtentlassen wurde, übernahm Birgit Meyer seine Position. Ihr Vertrag wurde verlängert mit der Option auf zwei Spielzeiten am Offenbachplatz – mit der Einschränkung, dass der Vertrag höchsten bis August 2022 laufe. (HLL)
Warum hat sich Ihr Verhältnis zu François-Xavier Roth über die Jahre so verschlechtert?
(lange Pause) Ich finde es schwierig, von einem Verhältnis zu sprechen.
Zumindest die Chemie bei Pressekonferenzen schien ja anfangs bestens zu sein...
Ich habe schon vor mehreren Jahren bei der Stadt hinterlegt, dass es einen richtigen Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Oper und dem Gürzenich-Orchester geben müsste. Es geht ja nicht nur darum, wie gut man sich versteht, sondern um ein Arbeitsverhältnis und um dessen konkrete Rahmenbedingungen. Es war schon vor meiner Zeit so, dass es in diesem Zusammenhang viele Reibungspunkte gab. Das wird dann auch schnell mal emotional.
Was sich dann auf das persönliche Miteinander auswirkt...
..und das ist ja unnötig. Darüber hinaus spielt eine Rolle, wie eine Stadt das entscheidet, wie häufig ein Generalmusikdirektor am Haus ist und wie viel er macht. Ich hätte mir auch sehr gut vorstellen können, mehr gemeinsame Zeit mit dem GMD zu verbringen. Dann ist einfach ein anderer Austausch möglich. Der Erfolg ist auch davon abhängig, wie man als Leitung die Möglichkeiten und Kapazitäten eines Hauses einschätzt, um diese dann optimal zu nutzen. Das betrifft etwa auch das Ensemble und wie man dieses einsetzt. Das gemeinsam zu machen, finde ich auch sehr inspirierend.
Gleiche Frage zum Verhältnis zur Oberbürgermeisterin Henriette Reker.
Ich kann da keinen Moment benennen, ich nehme es einfach zur Kenntnis. Was soll ich sagen?
Dass Sie enttäuscht sind?
Ich hätte gerne ein gewisses Mitspracherecht über den Zeitpunkt gehabt und gerne die Zeit im Staatenhaus zu Ende geführt. Was ich festhalten möchte, ist der Status Quo: Wenn ich jetzt die Bühnen zum Ende des Monats verlasse, dann gibt es bei den Bühnen und dem Gürzenich-Orchester in den jeweiligen Betriebsleitungen keine einzige Frau mehr. Das ist im Jahr 2022 in keiner Form zeitgemäß.
Wie lautet Ihr Fazit?
Am Ende des Musicals „Anatevka“, als alle das Dorf verlassen haben, fegt Golde das Haus. Ihr Mann Tevje fragt, wo sie denn bleibe, worauf sie sagt: „Ich kann doch das Haus nicht schmutzig hinterlassen.“ Mir war bis zum letzten Tag wichtig, ein möglichst intaktes Haus zu hinterlassen.Ich habe, obwohl ich es als Intendantin der Oper nicht mehr erleben werde, die verschimmelten Ausstattungen der „Italienerin in Algier“ und des „Billy Budd“ aus „meinem“ Budget wieder herstellen lassen, damit sie eines Tages am Offenbachplatz wieder gespielt werden können. Es sind Juwelen im Repertoire der Oper Köln. Andererseits musste ich erfahren, dass der hoch gelobte Kölner Ring in der Inszenierung von Robert Carson, der nach Barcelona und Madrid ausgeliehen war, nicht wieder zurückgeholt werden soll.
Das klingt danach, als solle ein neuer „Ring“ entstehen.
Dazu kann ich Ihnen nichts sagen.
Was wünschen Sie sich von Ihrem Nachfolger Hein Mulders?
Respekt vor dem, was die Oper Köln jetzt und heute ausmacht. Auf jeden Fall wünsche ich der Oper Köln und ihren wunderbaren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Beste für die Zukunft. Es war mir eine Ehre, zehn Jahre die Geschicke des Hauses lenken zu dürfen.