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Verkrampfte LockerheitKölner Krisenstab mahnt trotz Öffnungen zur Disziplin

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Willkommen im Leben: Nicht nur im Zülpicher Viertel zog es die Menschen am Wochenende wieder nach draußen.

Köln – Im Grunde war alles entschieden. Wenn am kommenden Wochenende die besten Handballmannschaften Europas beim „Final 4“ in der Lanxess-Arena um die Krone des Vereinshandballs kämpfen, dürfen 500 Fans zuschauen. In der Halle. Denn in Köln gilt seit Sonntag Stufe 2 der Bundes-Notbremse. Am heutigen Dienstag will Arena-Chef Stefan Löcher entscheiden, ob sogar 1000 Tickets in den Verkauf gehen. Denn „Stufe 1“ ist in Sichtweite, am Montag lag die Stadt bei der Sieben-Tage-Inzidenz den dritten Werktag in Folge unter der Marke von 35. Dabei galt vorigen Samstag noch Stufe 3. Wer blickt da noch durch?

Gegebenenfalls müsse über Verschärfungen beraten werden

Die Biergärten sind gut besucht, auf den Einkaufsstraßen stehen die Menschen Schlange vor den Geschäften, und sogar die Freibäder sind wieder geöffnet. Das Leben kehrt zurück in die pandemiegelähmte Stadt. In seiner Montagssitzung entschloss sich der Krisenstab der Stadt erneut, die Rolle des Mahners einzunehmen. Von einer Verschärfung der Coronaregeln sahen die Verantwortlichen ab, obwohl sie wieder „partyähnliche Zustände“ monierten. „Es mangelt nicht an Regeln, sondern manchen Menschen leider an Einsicht, Verantwortungsbewusstsein und Solidarität, diese zu befolgen“, kritisierte Krisenstabs-Chefin Andrea Blome und betonte, man werde gegebenenfalls über Verschärfungen beraten müssen.

Die Freiheit wirkt brüchig wie eine Eisfläche, von der niemand weiß, wie viel sie trägt. „Bei allem Verständnis für eine gewisse Pandemiemüdigkeit dürfen wir nicht das Erreichte verspielen“, mahnt Blome wie eine Gefängnisdirektorin, die einem Entlassenen die Bewährungsauflagen verdeutlicht. Zwanzig Neuinfektionen sind dem Gesundheitsamt zum Wochenstart gemeldet worden. Für eine Millionenstadt ist das wenig. Die Inzidenz liegt bei 26,7.

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Das Leben mit Stufenplan ist gewöhnungsbedürftig

Seit Montag gilt die Aufhebung der Impfpriorisierung, auch das klingt nach großer Freiheit, die bei genauem Hinsehen nur eine theoretische ist (siehe Infotext). Auch in der Lanxess-Arena herrscht derzeit nur gebremste Freude. „Bei 500 oder 1000 Zuschauern ist der Aufwand größer als der Ertrag. In zwei Monaten wollen wir wieder eine volle Halle erleben. Geimpfte, Genesene und negativ Getestete sollten dann wieder Veranstaltungen besuchen dürfen“, hofft Arena-Chef Löcher.

Das Leben mit Stufenplan ist gewöhnungsbedürftig, vor allem viele jüngere Menschen haben am Wochenende im Zülpicher Viertel auf Endstufe geschaltet und in großen Gruppen das Beisammensein genossen. Noch am Samstag durften sich nur Menschen aus zwei Haushalten treffen, seit Sonntag bis zu zehn Menschen mit negativem Schnelltest. Und sollte die Inzidenz unter 35 bleiben, dürften schon ab Samstag bis zu 100 getestete Menschen beisammensein. Auch Kneipen dürften dann ohne Negativtest besucht werden, ebenso die Freibäder.

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Angesichts des erwartbaren Freiheitsstrebens der Menschen, bleibt der Stadt nur der Appell an die Vernunft. „Der Ordnungsdienst wird weiterhin konsequent die Einhaltung der Coronaschutz-Regeln durchsetzen, er kann in einer Millionenstadt aber nicht gleichzeitig überall sein“, schränkt Andrea Blome ein.

Etwa 180 Mitarbeiter gehören dem Ordnungsamt an. Sie arbeiten im Schichtdienst, abzüglich all jener, die Urlaub haben oder krank sind. Die Polizei hält sich bei Ahndungen von Corona-Verstößen zurück. Noch herrscht in den Grünanlagen der Stadt ein Alkoholverbot, ebenso am Rheinufer. Die Maskenpflicht in Einkaufsstraßen interpretieren längst viele Menschen als nette Empfehlung. Die Stadt wirkt, als befände sie sich im stufenlosen Schwebezustand.