Serie „Häuser mit Historie“Was es mit dem Palast auf Kölns Schildergasse auf sich hat
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Was es mit dem Palast auf Kölns Schildergasse auf sich hat
In unserer Serie „Häuser mit Historie“ berichtet Anselm Weyer über Entstehung und Nutzung bekannte Bauten.
Heute: das Palatium an der Schildergasse.
Köln – „Das Palatium, ein monumentaler Bau von architektonischer Schönheit, bildet in der verkehrsreichsten Geschäftsgegend Köln eine neue Zierde der Stadt“, frohlockt die Kölner Presse im Frühjahr 1912. Dem Neubau vorausgegangen war ein Unbehagen im Rat der Stadt Köln. Wie sollte man eine moderne Großstadt von Rang sein, wenn eine der Hauptverkehrsstraßen, die immer noch so mittelalterlich anmutende Schildergasse, so eng und krumm in die Hohe Straße einbog, während es andererseits keinen direkten Weg vom Ring zum Heumarkt bis zum Rhein gab?
Also wurde 1903 ein Straßendurchbruch beschlossen: Nach einem neuen Fluchtlinienplan von Baudezernent Carl Rehorst entstand die neue Gürzenichstraße, die im Sommer 1912 für den Verkehr freigegeben wurde. Resultat dieses markanten Eingriffs in die städtische Infrastruktur war nicht nur die erstmalige Freilegung der Gürzenich-Südseite, die heute das Bild vom Festhaus prägt. Es entstand auch ein dreieckiges Grundstück zwischen Schildergasse, Hohe Straße und neuer Gürzenichstraße, auf dem sich nun ein repräsentatives dreieckiges Geschäftshaus erheben sollte.
Für diese herausfordernde Bauaufgabe engagierte die Baufirma Cohn & Kreh aus Frankfurt am Main mit Wilhelm Kreis einen Stararchitekten seiner Zeit. 1908 hatte er im zarten Alter von 35 Jahren die Nachfolge des berühmten Peter Behrens als Direktor der Kunstgewerbeschule Düsseldorf angetreten. Sein Nachruhm hat empfindlich unter seiner späteren Verstrickung mit dem Nationalsozialismus gelitten.
Kreis errichtete nun ab 1911 ein viergeschossiges Bauwerk mit Dachgeschoss und Sandsteinfassade, das bei aller klassizistisch-barocker Anmutung mit seiner großzügigen Schaufensterverglasung auch moderne Elemente umfasste. Zum 1. Juli 1912 wurde das Gebäude bezugsfertig. Seinen Namen Palatium (lat.: Palast) erhielt das Gebäude in Rückgriff auf die Historie, wurden doch schon im Jahr 1314 vier an dieser Stelle stehende Häuser unter den Namen „ad palatium“ erwähnt.
„Das Palatium ist in solidester Bauart errichtet und mit allen Bequemlichkeiten der Neuzeit und allen modernen Einrichtungen, als Zentralheizung und Ventilation, elektrischer Beleuchtung, Vakuumanlage, Brieffallschaft mit Briefkasten der Kaiserlichen Post, sowie Personen- und Warenaufzüge und so weiter ausgestattet“, lobt die zeitgenössische Presse. Blickfang sind die flachüberkuppelten Rundtürme an den Eckpunkten der West- und Ostseite.
Im Anschluss sollte Wilhelm Kreis auch den Auftrag für das gegenüberliegende Warenhaus Tietz erhalten, so dass an dieser Stelle der Stadt von einem kleinen Kreis-Ensemble gesprochen werden kann. Nachdem der Zweite Weltkrieg auch das Palatium nicht verschonte, wurde die zerstörte Ecke zu Hohe Straße und Schildergasse modernisiert neu errichtet. Von Beginn an legten Kreis und seine Bauherren Wert darauf, die verschiedenen Teile des Gebäude möglichst flexibel vermieten zu können, was sich etwa in der ursprünglichen Verteilung der Toiletten widerspiegelte. Entsprechend sind heute vom Technikekonzern Apple über die Bäckerei Merzenich und die Kaufhauskette REWE bis hin zu etlichen Büros eine Vielzahl verschiedener Nutzer im Gebäude untergebracht.
Palatium Wilhelm Kreis (1912) Gürzenichstraße 1–5/ Hohe Straße 55–61/ Schildergasse 1–5