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Prozess in KölnFast acht Jahre Haft wegen sexuellen Missbrauchs für Ex-Polizisten

Lesezeit 3 Minuten
Blick auf das Landgericht in Köln.

Blick auf das Landgericht in Köln.

Wegen 39-fachen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen wurde der 63-Jährige verurteilt. Das minderjährige Opfer war von ihm schwanger geworden.

Alles Taktieren, Relativieren und Diskreditieren hat am Ende nichts genutzt: Am Freitag verurteilte die 3. Große Strafkammer am Landgericht einen Ex-Polizisten und späteren Politikberater (63) wegen 39-fachen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen zu sieben Jahren und zehn Monaten Haft; 13 Fälle wertete das Gericht als schweren sexuellen Kindesmissbrauch. Opfer war die zu Beginn der Missbrauchsserie zwölf oder 13 Jahre alte Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin.

DNA-Test brachte Gewissheit

Als Tatort nannte das Urteil unter anderem das Kinderzimmer, das Schlafzimmer des Angeklagten und seiner Lebensgefährtin sowie das Wohnzimmer im gemeinsam bewohnten Haus in Rath-Heumar sowie einen Wohnwagen in Südfrankreich. Die Tatzeitraum lag laut Urteil zwischen 2018 und Dezember 2022. Aufgeflogen war die Beziehung zwischen dem Mann und dem Mädchen, als die 13-Jährige 2020 schwanger wurde. Ein DNA-Test brachte die Gewissheit, dass der 63-Jährige der Vater des im Oktober 2020 geborenen Sohnes war.

Zwar hatte der Angeklagte die Vaterschaft für den Jungen anerkannt. Am vorletzten Verhandlungstag hatte der 63-Jährige aber, dessen Verteidigungs- und Einlassungsverhalten durchweg taktisch motiviert wirkte, nochmals versucht, Zweifel am Alter des Mädchens bei der Empfängnis des Sohnes zu erwecken. Möglicherweise sei die Nebenklägerin schon 14 Jahre alt gewesen. Damit gilt man laut Gesetz nicht mehr als Kind, was eine geringere Strafe zur Folge hätte haben können.

Doch die Kammer unter Vorsitz von Helge Eiselt rechnete genau nach: „Die Geburt fand in der 35. Schwangerschaftswoche plus fünf Tage statt“, sagte Eiselt. Zudem sei die Geburt einen Monat vor dem errechneten Termin erfolgt. „Demnach fand die Zeugung im Februar 2020 statt, die Nebenklägerin wurde aber erst im April 2020 14 Jahre alt.“

Im Verfahren hatte der Angeklagte mit seinen Verteidigern Denise Gerull und Ulrich Sommer auch den Eindruck einer von Liebe getragenen Beziehung erwecken wollen.

Staatsanwaltschaft und Polizei attackiert

In einer Erklärung waren zwar „sexuelle Kontakte“ und damit ein Überschreiten von „strafrechtlichen Grenzen“ eingeräumt worden. Das Zusammenleben zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin habe der Mandant aber als „liebevoll“ wahrgenommen. Ein „entgegenstehender Willen“ der Nebenklägerin sei nicht zu erkennen gewesen. Aus dieser Konstellation sei es zu weiteren sexuellen Kontakten gekommen. Während der Staatsanwalt die Erklärung als „wenig konkret“ bewertete, sprach ein Prozessbeobachter Tacheles: „Das war so weichgespült, als ob die Erklärung aus der Feder einer PR-Agentur für Sex-Täter stammt.“

Auch waren Staatsanwaltschaft und Polizei immer wieder hart von Verteidiger Sommer attackiert worden. Ende Oktober 2023 geißelte Sommer, Lehrbeauftragter an der Uni Köln, die Ermittlungen als „rechtswidrig“ In einem Rundumschlag sagte Sommer: „Wenn ein Referendar die Akte liest, fragt er sich: Bin ich in Nordkorea oder im deutschen Rechtsstaat?“

Strafschärfend wertete das Gericht im nun ergangenen Urteil eine Vorstrafe des Angeklagten wegen versuchten Totschlags. 2003 hatte der Angeklagte seine damalige Lebensgefährtin versucht zu töten. Wegen versuchten Totschlags war er zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden.