Mit der Zerstörung der Rheinbrücken wurde Köln 1945 in links- und rechtsrheinische Gebiete getrennt. Erst am 14. April war der Krieg beendet.
6. März 1945Das Kriegsende im linksrheinischen Köln jährt sich zum 80. Mal

Die US-Armee erreichte die Kölner Stadtgrenze bereits am 4. März.
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Amerikanische Soldaten ziehen auf Panzern und zu Fuß durch die Straßen des in Trümmern liegenden Kölns. Die Zivilbevölkerung winkt ihnen vom Straßenrand zu, schwenkt weiße Fahnen, begrüßt die Befreier mit Lebensmitteln. Bilder vom Ende des Zweiten Weltkriegs. Der 6. März 1945, an dem die US-Armee das linksrheinische Köln einnahm, jährt sich nun bereits zum 80. Mal.
Aber dieses Kriegsende war lange erwartet. Spätestens seit der Befreiung Aachens am 21. Oktober 1944 waren sich viele sicher, dass bald Schluss sein würde. „Die Gestapo trieb dies in ihrem Endphase-Terror an“, sagt Janosch Steuwer. Der promovierte Historiker arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter sowohl für das NS-Dokumentationszentrum als auch am Lehrstuhl Neuere Geschichte der Universität Köln. „Es wurde ein verschlepptes Kriegsende“, erklärt der 41-Jährige. Diese letzten Kriegsmonate nutzte die Gestapo in Köln, um systematisch Inhaftierte zu ermorden, mehrere Hunderte wurden im Hinterhof des EL-DE-Hauses hingerichtet.
Es geht nicht nur um ein Zurückblicken auf ein historisches Ereignis, sondern auch um die Fragestellung, mit der wir heute noch konfrontiert sind: Wie gehen wir mit unserer Geschichte um?
Seit Herbst 1944 schwankte auch die Stimmung in Köln. Auf der einen Seite wurde das Ende der Luftangriffe herbeigesehnt, auf der anderen Seite wuchs die Angst vor einer ungewissen Zukunft nach Kriegsende. Spätestens nach einer Serie schwerer Angriffe im Oktober glich die Domstadt einer unbewohnbaren Trümmerwüste. „Wo vorher noch Menschen lebten, war dies nun faktisch nicht mehr möglich“, sagt Steuwer. Wegen fehlender Wasser- und Gasversorgung flüchtete der Rest der Zivilbevölkerung. Derweil schritt der Vormarsch der US-Armee voran, sodass Köln Ende Februar 1945 zur Frontstadt wurde.
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Mit diesem Tag waren alle Rheinbrücken Kölns zerstört
Am 4. März war es dann soweit. Die amerikanischen Verbände erreichten am Abend die Stadtgrenze und zogen am frühen Morgen des nächsten Tages weiter in Richtung Innenstadt. Dort kamen sie am 6. März 1945 an. Die wenigen Menschen, die in der entvölkerten Stadt übrig waren, empfingen die amerikanischen Soldaten zunächst als Befreier. Die ersten Fußsoldaten erreichten das Rheinufer in der Altstadt gegen Mittag. Mit einem letzten Panzergefecht vor dem Dom war der Krieg im linksrheinischen Köln am Abend beendet.
Mit diesem Tag gab es keine Rheinquerung mehr in Köln. Die links- und rechtsrheinischen Stadtgebiete waren vollends durch den Strom getrennt. Alle Brücken waren zerstört. Die Mülheimer Brücke war bereits am 14. Oktober 1944 eingestürzt. Bei Angriffen im Januar 1945 stürzten die Südbrücke und die Rodenkirchener Autobahnbrücke ein. Am 28. Februar brach dann die bereits erheblich beschädigte Deutzer Hängebrücke („Hindenburgbrücke“) aufgrund zu großer Belastung zusammen. Die letzte, die Hohenzollernbrücke, wurde noch am Mittag des 6. März, wenige Stunden bevor die US-Armee das Stadtzentrum erreichte, von Wehrmachtsangehörigen gesprengt.

Als letzte Kölner Brücke wurde die Hohenzollernbrücke noch am Mittag des 6. März von Wehrmachtsangehörigen gesprengt.
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So dauerte die Befreiung der Schäl Sick entsprechend länger. Während sich im Linksrheinischen schon langsam auf die Nachkriegszeit vorbereitet wurde, blieb im Kölner Osten das öffentliche Leben noch bis Mitte April erloschen. Zusammengewürfelte Volkssturmverbände überwachten das Gebiet und galten häufig als tödliche Gefahr für die Zivilbevölkerung. Die US-Soldaten waren größtenteils auf dem Weg ins Ruhrgebiet. Kleinere Gruppen hatten den Rhein aber über die Remagener Brücke gequert und näherten sich nun von Süden her. Erst am 14. April 1945 wurde der Krieg auf Kölner Boden mit der widerstandslosen Besetzung von Deutz, Kalk, Mülheim, Humboldt und Buchheim beendet.
Zunächst wirkte die Kölner Bevölkerung mit der Befreiung am 6. März fast euphorisch, auch wenn es natürlich weiterhin ebenso fanatische Anhänger des NS-Regimes gab. „Die große Gewalterfahrung am Kriegsende machte es der Bevölkerung leichter zu sagen, dass sie damit nichts mehr zu tun haben wollten“, sagt Steuwer. Doch die Erleichterung über das Ende der jahrelangen Bombardierungen hielt bei vielen nur kurz. Schnell wandelten sich die Befreier in der Wahrnehmung in Besatzer. Maßnahmen wie Ausgangssperre, Schließung der Gaststätten oder die Bekanntmachung des Besatzungsrechts führten dazu, dass viele Kölnerinnen und Kölner versuchten, sich bei den neuen Machthabern beliebt zu machen. Kaum jemand beleuchtete selbstkritisch die eigene Verantwortung der vergangenen zwölf Jahre. Der Krieg endete offiziell am 8. Mai 1945.
Sieben Leichen vom Klingelpütz zum Hansaplatz transportiert
Wirklich befreit worden waren im März 1945 aber die Inhaftierten der Kölner Haft- und Folterstätten. 80 Insassen des Klingelpütz waren ab dem 2. März sich selbst überlassen worden, viele von ihnen am Fleckfieber erkrankt. Als am 10. März endlich die Befreier eintrafen, kam für sieben Häftlinge jede Hilfe zu spät. Deren Leichen mussten später im Klingelpütz inhaftierte NS-Funktionäre auf Anweisung der Militärregierung am 25. Mai im Gefängnishof exhumieren und zum Hansaplatz transportieren. Dort wurde dann am 3. Juni 1945 ein Gedenkstein eingeweiht. „Beeindruckend früh“, urteilt Steuwer aus heutiger Sicht. „Und beeindruckend, dass es diesen Stein bis heute noch gibt.“ Auf diesem steht zu lesen: „Hier liegen sieben Opfer der Gestapo. Dieses Denkmal ist eine Erinnerung an Deutschlands schändlichste Zeit – 1933-1945.“ Fast 1500 Menschen kamen zu der feierlichen Einweihung des ersten Denkmals für Opfer der NS-Zeit auf Kölner Stadtgebiet. Bis zur Eröffnung des NS-Dokumentationszentrums blieb der Hansaplatz jahrzehntelang Treffpunkt für Gedenkfeiern.

Ein zerstörter deutscher Panzer vor dem Dom.
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Heute fahren jeden Tag zahlreiche Menschen an ihm vorüber, ohne dass er im städtischen Bewusstsein verankert ist. Dabei endete im März 1945 zwar die Geschichte von Zerstörung und Gewalt. Gleichzeitig begann aber mit dem 3. Juni die Geschichte des Erinnerns. „Es geht nicht nur um ein Zurückblicken auf ein historisches Ereignis, das mit 1945 abgeschlossen ist“, sagt Historiker Steuwer, „sondern auch um die Fragestellung, mit der wir heute noch konfrontiert sind: 80 Jahre erinnern – wie halten wir es wach? Wie gehen wir mit unserer Geschichte um?“