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Neue Porzer Bezirksbürgermeisterin„Vertretungen steht mehr Entscheidungskompetenz zu“

Lesezeit 8 Minuten
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Sabine Stiller ist seit Herbst 2020 die erste Porzer Bezirksbürgermeisterin. 

PorzFrau Stiller, die Proklamation des Porzer Dreigestirns war nach der konstituierenden Sitzung der Bezirksvertretung (BV), bei der Sie ins Amt gewählt worden sind, Ihre erste öffentliche Veranstaltung. Was war das für ein Gefühl?Ich war schon gerührt. Diese außergewöhnliche Proklamation durchzuführen, ist eine besondere Ehre für mich gewesen, eine Erinnerung, die ewig bleibt.

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Bezirksbürgermeisterin Sabine Stiller mit dem neuen Porzer Dreigestirn, FAS-Präsident Stephan Demmer führt durch das Programm. 

Blicken wir zurück auf die Wahl im vergangenen Jahr. Eigentlich waren Sie mit Listenplatz sieben aus dem Rennen und hätten es nicht in die BV geschafft, da die CDU sechs der 19 Sitze geholt hat. Hat Sie das geärgert so weit hinten platziert gewesen zu sein?

Nein. Es ist formal geregelt, dass jeder Ortsverband seinen Vertreter aussendet. Im Ortsverband Porz, Eil, Finkenberg hatten wir mit Werner Marx auch den Fraktionsvorsitzenden, er ist zudem länger dabei als ich. Da war es klar, dass er den Listenplatz zwei besetzt. Wäre ich alleine im Ortsverband gewesen, wäre ich auf Platz zwei gewesen. Es wollte mir keiner was Böses.Mit Platz sieben konnte man davon ausgehen, dass es knapp wird.

Durch politisches Taktieren und den Rückzug von Henk van Benthem sind Sie nun von Null auf 100 gestartet. Ein Journalist bezeichnete Sie einmal als „Kompromiss“.

Das habe ich als Lob empfunden. Es geht nichts ohne Kompromisse. Das ganze Leben ist ein Kompromiss. Es war für mich wichtig, dass wir nicht in die Opposition gehen. Ich bin seit 2011 in der Bezirksvertretung dabei, habe seit Jahren Aufbauarbeit geleistet und mitgestaltet. Ich denke, so wie es jetzt ist, haben wir eine gute Lösung gefunden.

In der vergangenen Wahlperiode hatte die CDU-Fraktion den höchsten Frauenanteil. Jetzt sind Sie die einzige Frau.

Das stimmt, bei der CDU bin ich die einzige Frau in der Fraktion. Sie hat jetzt aber eine an der Spitze des Stadtbezirks und stellt als erste Partei in Porz eine Frau als Bezirksbürgermeisterin.

Im Vorfeld der Wahl hat Simon Bujanowski von der SPD propagiert, dass wenn er Bezirksbürgermeister würde, er das Amt politischer ausfüllen wolle. Und Sie?Mein Aufgabengebiet ist in erster Linie das Repräsentieren. Als Mitglied der Fraktion werden natürlich Dinge politischer Art besprochen. Für die ist der Fraktionsvorsitzende zuständig. Bekomme ich Eingaben oder Informationen auf den Tisch, gebe ich sie weiter an die Fraktionsvorsitzenden. Für die CDU ist das der Bereich von Werner Marx. Ich werde mich nicht einmischen in die Arbeit des Fraktionsvorsitzenden. Das darf sich nicht vermischen, sonst haben wir mit mir und meinen beiden Stellvertretern eine weitere Fraktion. Deswegen ist eine klare Aufgabentrennung wichtig.

Vita Sabine Stiller

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Sabine Stiller

1958 in München geboren, verbrachte Sabine Stiller ihre Kindheit in Hamburg. Zwischenzeitlich hat sie in Bonn gewohnt, seit 2000 in Porz. Stiller ist ausgebildete Krankenschwester und war an der Uniklinik Bonn hauptsächlich auf Intensivstationen und in der Krankenpflegeschule eingesetzt. Nach Weiterbildungen hat sie die Leitung der Krankenpflegehilfeschule in Ratingen übernommen und dann die Pflegedienstleitung im Evangelischen Krankenhaus Mettmann. Im Anschluss wurde sie Pflegedirektorin am Porzer Krankenhaus. Mittlerweile ist sie im Ruhestand. Seit 2000 ist sie Mitglied der Porzer CDU, seit 2011 sitzt sie in der Bezirksvertretung Porz.

Sie haben nach Ihrer Wahl zur Bezirksbürgermeisterin gesagt, dass Sie als Team agieren wollen. Damit meinten sie nicht nur die CDU und Ihren Bündnispartner die Grünen, sondern die gesamte BV. Wie wollen Sie das umsetzen?

Es gibt regelmäßige Besprechungen mit der Verwaltung und meinen Stellvertretern, die die Informationen an ihre Fraktionsvorsitzenden weitergeben. Auch die Fraktionsvorsitzenden-Besprechungen werden mit der Verwaltung stattfinden. Ich strebe einen Kommunikationsaustausch an, damit alle auf dem gleichen Informationsstand sind. Ich glaube, dass dieses Prinzip schon sehr, sehr viel bewirken kann. Das muss sich jetzt einspielen, was unter Corona-Bedingungen schwieriger ist, aber es geht. Auch mit meinen beiden Stellvertretern werde ich vieles gemeinsam machen. Ich habe nichts zu verlieren, wenn sie mit repräsentieren. Das Zwischenmenschliche ist mir wichtig, ebenso wie meine Stellvertreter, die Fraktionsvorsitzenden und die Verwaltung einzubeziehen.

Stillers Steckbrief

FC oder Viktoria? Ich bin FC-Fan und Dauerkarteninhaberin. Viktoria ist eine rechtsrheinische Mannschaft, also stehe ich auch dahinter.

Bläck Fööss oder Höhner? Die Fööss finde ich gut, aber die Höhner in Zusammenhang mit dem Fußball sind schon klasse.

Wahner Heide oder Zündorfer Groov? Beides sind gute Orte, um seine Freizeit zu verbringen.

KVB oder Auto? KVB, ich hab kein Auto mehr. Ich benötige es nicht.

Veedel oder Vorort? Veedel

Meer oder Berge? Ich liebe das Meer, Meer hat so viel Weite, Berge sind erdrückend.

Kölsch oder Wein? Nix von beidem: Prosecco!

Oper oder Loss mer singe? Eher Philharmonie als Oper. Ich singe im Stadion beim FC.

Wandern oder Wellness? Wellness. Mit meinem Partner muss ich aber ab und an wandern.

War das vorher nicht so? Die SPD hatte an den Fraktionsvorsitzenden-Besprechungen beispielsweise aus Protest gegenüber ihrem Vorgänger Henk van Benthem nicht teilgenommen.

Das kann ich nicht sagen. Bei der Wahl zur Bezirksbürgermeisterin hatte ich ein Ergebnis, das unstrittiger ist. Das war vorher nicht so. Das hat es Henk van Benthem schwer gemacht, Dinge umzusetzen. Dazu beigetragen hat diese Stimme, die den Ausschlag zu seiner Wahl gegeben hat. Es ist auch nicht einfach, wenn man abgeblockt wird. Deswegen ist es jetzt leichter, eine gemeinsame Ebene zu finden. Unser Ziel sollte sein, den Bürgern ein sachliches Ergebnis vorzulegen. Inhaltlich kann man streiten. Aber letztendlich interessiert die Bürger das Ergebnis – und nicht, dass wir uns in der BV-Sitzung streiten.

Ist es dann auch besser, Signale in den Stadtrat zu schicken? Bei großen Themen wie der Verlängerung der Linie 7 hat die BV Porz das trotz Streitigkeiten geschafft.

Das waren Signale ja.

Sie wollen also mehr als nur Signale senden?

So ist es. In einer BV-Sitzung kommen wir zu einem Ergebnis, das in einen Beschluss gepackt wird. Da ist es angebracht, darüber nachzudenken, ob wir in der BV nur beraten oder entscheiden. Ich finde, dass den Bezirksvertretungen mehr Entscheidungskompetenz zusteht. Und dass der Rat diese dann aber auch akzeptiert und sie nicht nur wahrnimmt.

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Da muss man aber noch dran arbeiten. Die Porzer CDU ist zwar im Rat gut vertreten, der Bündnispartner im Bezirk, die Grünen, jedoch trotz enormen Stimmenzuwachses überhaupt nicht. Kein Ratsmitglied der Grünen kommt aus Porz.

Das ist richtig. Deswegen ist es ja so wichtig, stark aufzutreten. Wenn man sich in Porz nur in den Haaren liegt, funktioniert das nicht. Wir müssen die Sachen erst in Porz regeln. Erst dann kann man Forderungen stellen. Wenn man sich auseinanderdividiert, funktioniert das nicht. In keiner Führungskultur. Gemeinsam sind wir stärker. In dem Zusammenhang ist auch die Bürgernähe wichtig. Für die Porzerinnen und Porzer ist es neben politischen Entscheidungen, die in der Bezirksvertretung gefällt werden, wichtig, dass die Politik sie hört, Themen aufgreift, Probleme erkennt, Kritik wahrnimmt und bestenfalls Antworten gibt. Ich selbst kann nicht zaubern und alles erledigen, aber ich kann die Bürger anhören und schauen, wie ich ihre Anliegen weitergebe. Bürger und Bürgervereine – sie können mit ihren Anliegen zur Politik kommen.

Apropos Bürgervereine. In der jüngsten Vergangenheit hat es oft den Anschein gehabt, als stünden BV und Bürgervereine im Konkurrenzkampf.

Ich kann nicht sagen, ich mache eine bürgernahe Amtsführung und sehe Bürgervereine als Konkurrenz. Warum sollte ich so denken?

Weil andere es schon getan haben, quer durch die Fraktionen. Es ist der Eindruck entstanden, als sei die Vernetzung der Bürgervereine als Konkurrenz gesehen worden.

Ja, manche haben es vielleicht als Einmischung empfunden. Das ist richtig. Aber man verfolgt doch ein gemeinsames Ziel: Das Beste für Porz herauszuholen. Wenn ich kompetent bin, brauche ich keine Angst zu haben, dass mir jemand was wegnimmt. Bei manchen Dingen ist es vielleicht auch gut, sie abzugeben. Manche sehen das als Schwäche, weil man nicht als Alleinherrscher auftritt. Ich nicht. Ich weiß, was ich kann. Ich werde es auf meine Art durchführen, im Dialog mit allen Beteiligten.

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Die Porzer Mitte ist ein Werk im Werden. 

Vom Bezirksrathaus ist es nicht weit zur Baustelle Porz-Mitte. Einfach neue Gebäude hinstellen, damit ist es nicht getan. Wie kann die Revitalisierung kommen?

Die Gebäude müssen mit Leben gefüllt werden. Mit der Innenstadtgemeinschaft (ISG) sind wir sehr daran interessiert, weitere gute Geschäfte reinzuholen.

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Leerstände in der Bahnhofstraße machen die Porzer City unattraktiv. 

Die braucht man auch an der Bahnhofstraße. Muss man da nicht die Immobilienbesitzer ins Boot holen, damit sich was tut? Schließlich sind sie es, die die Ladenlokale vermieten.

Eine Kontaktaufnahme ist bereits erfolgt. Wir haben die Besitzer angeschrieben, um sie einzuladen.

Wie sehen Sie die neue Mitte, die da entsteht, mit diesem Klotz?

Für mich ist das kein Klotz. Das wird gut, wir haben ja lange drauf gewartet. Was war denn vorher da?

Da gab es einen Platz...

... der nicht genutzt wurde.

Es wird dort keinen richtigen Platz geben. Sollte nicht die Innenstadt zum Rhein geöffnet werden?

Es gibt Überlegungen, das Rathaus zu verlegen. Dann hätten wir dort einen wunderbaren Platz. Was an Geschäften möglich ist, wird sich zeigen. Man kann was draus machen, aber nicht alles auf einmal. Jetzt wollen wir erst einmal klein anfangen und aufbauen, aufbauen, aufbauen. Der Weg der kleinen Schritte. Zunächst müssen sich Geschäftsleute für die neue Porzer Mitte und die Bahnhofstraße finden.

Was sind für Sie die wichtigsten Themen für die nächsten Jahre?

Die Seniorenbetreuung wird in einer älter werdenden Gesellschaft immer wichtiger. Hier ist die Zusammenarbeit mit der Seniorenvertretung und den Seniorennetzwerken wichtig. Was auch drängt, ist die digitale Ausstattung der Schulen – unabhängig von Corona. Es kann nicht sein, dass einige Schulen iPads haben und andere nicht. Auch müssen Schulplätze dem wachsenden Bedarf angepasst werden. Das sind alles Themen, die man nicht nur starten, sondern auch betreuen muss.