Köln – Den Gewalttätern von Nizza drohen hohen Strafen. Wie die Kölner Staatsanwaltschaft mitteilte, werden die Ermittler die sichergestellten Videos und Fotos auch unter dem Gesichtspunkt eines versuchten Tötungsdeliktes untersuchen. „Wir werden dies genau prüfen“, sagte Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn der Rundschau. Bei den Krawallen sei eine „enorme Gewalt“ ausgeübt worden.
FC-Spiel am Donnerstag als Risikospiel eingestuft
Für die Polizei geht es neben der Aufklärung der Straftaten von Nizza nun darum, den Donnerstag vernünftig über die Bühne zu bekommen. Die Uefa hat das Spiel nach den Vorfällen der Vorwoche als Risikospiel eingestuft, die Kölner Polizei hat aber bislang keine Hinweise auf Ausschreitungen. „Wir werden die Situation in der Stadt genau im Blick behalten“, betont ein Polizeisprecher. Erwartet werden mehrere hundert Anhänger des tschechischen Vereins 1. FC Slovacko. Die Einstufung des Spiels durch den europäischen Verband hat weitergehende Folgen: Im Stadion und rund um die Arena darf kein Alkohol verkauft werden.
An den Eingängen wird es verschärfte Kontrollen geben. Immer wieder kommt es vor, dass die Anhänger Pyrotechnik in das Stadion schmuggeln – gerne auch mal in der Unterwäsche. In Müngersdorf gibt es im Stadion eine so genannte „Sektorentrennung. Fans dürfen sich nur im Bereich ihrer Plätze aufhalten und sich nicht frei im Stadion bewegen. Die Fans sollen nur unmittelbaren Zutritt zu ihren Sitz- oder Stehplätzen bekommen. Ähnliche Sicherheitsvorkehrungen gibt es bei brisanten Derbys in der Bundesliga, beispielsweise bei Spielen des 1.FC Köln gegen Mönchengladbach oder Schalke gegen Dortmund. Für das Spiel am Donnerstag gibt es noch 3000 Restkarten.
Im Fall der Krawalle von Nizza ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft zusammen mit den französischen Behörden bisher wegen schwerem Landfriedensbruch, Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz und gefährlicher Körperverletzung. Die Brutalität der Angreifer könnte auch zu einer Anklage wegen eines versuchten Tötungsdeliktes führen. „Es ist eine hohe juristische Hürde. Aber es ist nicht ausgeschlossen“, sagte Ankläger Willuhn weiter. Bisher gebe es noch kein Verdacht in dieser Richtung – aber die Durchsicht der Videos hätte erst angefangen. Über 500 Dateien sind dem Landeskriminalamt übermittelt worden und nun von der Polizei in Köln analysiert.
Bisher ist bekannt, dass einem Beteiligten aus dem Gästeblock ein Messer in den Rippenbereich unterhalb des Herzens gerammt wurde. In weiteren Fällen ist einem Opfer von oben auf den Oberkörper getreten worden oder ein Mann mit einem Stehtisch verprügelt worden.
Die Kölner Staatsanwaltschaft ist zuversichtlich trotz der Vermummung Angreifer zu identifizieren. Im Fokus steht beispielsweise ein nicht vermummter stark tätowierter Mann, der einen Kontrahenten brutal attackiert.
Erklärung des FC-Vorstandes zu den Vorfällen
Der Vorstand des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln hat indessen mit eindringlichen Worten die Gewaltexzesse von Nizza in einem Schreiben an die Mitglieder auf das Schärfste verurteilt:
„Was wir auf den Tribünen gesehen haben, waren keine Selbstverteidigungsmaßnahmen, sondern Aktionen – teilweise mit entfesselter Gewalt. Dafür gibt es überhaupt keine Entschuldigung“, schrieben Präsident Werner Wolf und seine Vize-Präsidenten Eckhard Sauren (50) und Carsten Wettich (42).
Der Klub habe einen „schweren Schaden“ erlitten. „Gewalttäter in den Farben unseres Vereins haben in Nizza den Fokus auf sich gezogen und einen Tag voller Hoffnungen, Vorfreude und Zusammenhalt mit ihren Aktionen zerstört. Sie haben mit ihren Übergriffen Menschen verletzt, Menschen eingeschüchtert und bei vielen, die diesen Tag mit Freunden und Familie verbringen wollten, Ängste ausgelöst“, hieß es weiter.
Die Klub-Chefs sprachen auch die Probleme beim Umgang mit den gewalttätigen Anhängern an: „Viel wichtiger ist es, eine Debatte darüber zu führen, wie wir mit den Gewalttätern umgehen, die wir nicht identifizieren können. Sie werden auch künftig unter uns in der Kurve stehen und weiterhin die Werte des FC mit Füßen treten, zu denen neben Fairness auch der Gewaltverzicht zählt. Sie lassen keinen Dialog zu. Sie lassen sich nicht identifizieren, sie schützen sich in der Masse. Diesen Schutz finden sie durch eine Mischung aus Tolerierung, Gleichgültigkeit, aber auch Angst der FC-Fans um sie herum.“