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Neue auflebender TrendDarum ist Köln eine Hochburg der Secondhand-Mode

Lesezeit 4 Minuten

Der Secondhand „Entlarvt“ an der Zülpicher Straße ist besonders zu Karneval ein Hotspot. Mitarbeiterin Katrin liebt es farbenfroh.

Secondhand liegt im Trend, vor allem in Köln. Die Besitzerin eines Kölner Geschäftes spricht über ihre Arbeit, ihre Branche und die Entwicklung.

Secondhand-Läden sind nicht einfach Orte, die man betritt und kurze Zeit später mit vollen Tüten verlässt. Wer dorthin zum Einkaufen kommt, nimmt sich Zeit und stöbert. Es ist ein Erlebnis. So ist es auch im Geschäft Secondhand entlarvt. In dem langgezogenen Laden an der Zülpicher Straße hängen an den Kleiderstangen Jeanshosen, bunte Hemden oder weite Kleider. Da zwischen stehen hohe, filigrane Schuhe oder ein mit Taschen bestückter Ständer. Eva Unverdross führt „Secondhand entlarvt“ gemeinsam mit ihrem Mann Christoph Minas seit rund 30 Jahren. Jedes Teil ist ein Einzelstück, Massenware gibt es hier nicht. Das scheint viele zu reizen, denn Secondhand-Mode liegt aktuell im Trend, Tendenz steigend.

Trend in den Trendvierteln

Köln ist eine Hochburg für Secondhand-Läden. Vor allem im Belgischen Viertel, auf der Ehrenstraße oder in der Südstadt sind einige zu finden. Darunter neben privat geführten Geschäften auch Secondhand-Ketten wie „Picknweight“ oder „Humana“. Das Publikum sei in der Regel jung, das berichtet Unverdross. Außerdem habe sie viele Stammkunden. Unter ihnen ist auch die Intendantin des Hänneschen-Theaters, Mareike Marx, wie diese im Interview mit der Rundschau verriet.

Vor allem im Belgischen Viertel und in der Südstadt geht die Seconhand-Mode gut.

Bei Unverdross findet man vom Fransenkleid aus den 20ern über Lederjacken bis Herrenanzüge aus den 70er Jahren alles. Der Laden ist tief und verwinkelt, hinter jeder Ecke verbirgt sich noch ein neuer Schatz. „Secondhand entlarvt“ ist besonders für eine Sache bekannt: Ausgefallene Kleidung für Karneval. Es sind keine klassischen Kostüme, sondern Theater-, Film- oder Partykleidung vergangener Jahrzehnte, die man in der jecken Zeit tragen kann. Dafür räumt Unverdross im Januar ihren Stammladen auf der Zülpicher Straße vollständig leer und präsentiert dort ausschließlich die Kostüme. Einen Teil davon findet man aber auch das ganze Jahr über dort.

Die Secondhand-Ware kauft Unverdross nicht von großen Firmen ab, sie geht selbst auf Suche oder die Einzelstücke finden zu ihr. Sie bekommt Teile von Privatleuten oder wird von Freunden angerufen, wenn ihnen etwas Ausgefallenes auf dem Trödelmarkt begegnet ist. Sie kauft mit Blick auf aktuelle Modetrends ein. „Viele Sachen, die heute modern sind, gibt es auch in alt“, erklärt Unverdross. Vergangenes Jahr habe sie beispielsweise auf der Kö in Düsseldorf eine blaue Herrenjacke von Prada gesehen und diese versucht, so oder so ähnlich in alt zu finden. Und das ist ihr gelungen, sogar günstiger.

Umsatz geht nach oben

Blickt man auf den Umsatz von Secondhand-Geschäften in Deutschland, lässt sich ein Trend nach oben erkennen. Die Statistik-Plattform Statista prognostizierte für dieses Jahr einen Umsatzanteil von 12,7 Prozent am deutschen Kleidungsmarkt. Für 2027 prognostizieren sie 18,4 Prozent. Fragt man Eva Unverdross nach ihren Geschäften, sagt sie, dass der Absatz in den vergangenen Jahren gleichmäßig gut gewesen sei. „Ich bin nicht so anspruchsvoll“, fügt sie hinzu.

Der größte Konkurrent von Secondhand-Kleidung ist das Online- Shopping. Unverdross berichtet, dass viele Kundinnen und Kunden nur noch zum Anprobieren in konventionelle Geschäfte gehen und die Ware dann zu Hause online bestellen. Das ist bei Secondhand-Geschäften gar nicht möglich. „Wir leben vom Verkauf“, sagt Unverdross.

Auch Accessoires gehen auf dem zweiten Modemarkt gut.

Laut den Umsatzprognosen von Statista steht der Secondhand-Branche eine goldene Zukunft bevor. Unverdross sorgt sich aber, dass der Markt irgendwann gesättigt sein wird. Gerade in Köln entstehen immer mehr Läden dieser Art. „Vielleicht wird das den Leuten aber irgendwann zu viel und sie kaufen nicht mehr dort ein“, überlegt sie. Eine weitere Sorge: Hochwertige Secondhand-Kleidung könne es in zehn bis zwanzig Jahren nicht mehr geben. Grund sei, dass es mittlerweile überwiegend „Fast Fashion“ gebe und selbst Designermarken nicht mehr höchste Qualität bieten. „Weniger Leder, mehr Plastik“ sei laut Unverdross ein Problem. Sie merke jetzt schon, dass die Qualität der Ware im Vergleich zu früheren Zeiten abgenommen habe. Das werde sich ihrer Meinung nach noch verstärken.

Konzepte für jeden Geschmack

Mittlerweile gibt es neben den klassischen Secondhand-Geschäften auch andere Konzepte, bei denen Kleidung aus zweiter Hand zu haben ist. In der Südstadt können Verkäufer bei „Das Wachsende Loft“ Kleiderstangen mieten und eigene Kleidung verkaufen. Mindestens zwei Wochen kann man die eine Stange für 50 Euro mieten, am Ende wird abgerechnet. Der Erlös geht vollständig an den Verkäufer, die Geschäftsinhaberinnen finanzieren sich über die Miete der Stangen. Neben diesem Angebot findet man im Loft auch handgemachte Dinge. Mehr Informationen auf Instagram @daswachsendeloft

Ein anderes Konzept ist an der Venloer Straße zu finden. In der „Kleiderei“ steht das Motto Leihen statt Kaufen ganz weit oben. Gegen einen Monatsbeitrag von 29 Euro kann man Kleidungsstücke ausleihen und so Neukäufe vermeiden. Neben Alltagskleidung gibt es in der Kleiderei auch Party- und Festkleidung. Das ermöglicht, auch mal in neue Styles hineinzuschlüpfen. Und das beste: Hat man sich in ein Teil verliebt, kann man es auch kaufen.