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Gewalt nimmt zuNotaufnahme in Köln sieht mehr Verletzungen durch Messer

Lesezeit 3 Minuten
Ein Krankenpfleger steht in einem Krankenhaus neben einer Glastür mit derAufschrift Notaufnahme.

Die Versorgung von Verletzten durch einen Messerangriff ist längst keine Seltenheit in Kölner Krankenhäusern.

Auch Kölner Mediziner bemerken die steigende Zahl von Verletzten durch Angriffe mit Messern.

Die Gewaltbereitschaft nimmt zu: Immer wieder werden bei Streitigkeiten oder Auseinandersetzungen auch Messer eingesetzt. Mediziner in der Hauptstadt schlugen deshalb bereits Alarm. Die Berliner Charité hat im ersten Halbjahr so viele Stichverletzungen registriert wie sonst in einem ganzen Jahr. Auch wenn auf Nachfrage der Rundschau aus den Kölner Krankenhäusern keine konkreten Zahlen über Stichverletzungen bekannt wurden, zeigen die Zahlen der Kölner Polizei, wie ernst die Situation ist.

Im Jahr 2023 kam es zu 552 Messerangriffen, teilte die Polizei bereits im Frühjahr mit. Im Vorjahr waren es 496 Taten. Dabei wurden 202 Menschen leicht verletzt, 35 Personen schwer verletzt und drei Menschen getötet. In 97 Fällen waren die Angreifer Jugendliche, in 25 Fällen Kinder.

Kleinere Stichwunden werden mehr

Von 20 bis 25 lebensbedrohlichen Stichverletzungen, die vom Kölner Rettungsdienst pro Jahr erstversorgt werden, spricht der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes der Stadt Köln, Professor Alexander Lechleuthner. Diese Zahl sei in den vergangenen Jahren etwa gleich geblieben. „Man kann jedoch sagen, dass die kleineren Stichwunden durch Messer oder andere Gegenstände mehr geworden sind“, so Lechleuthner. Auch Dr. Jens Müllen, Leitender Arzt der Zentralen Notaufnahme des Cellitinnen-Krankenhaus St. Hildegardis und freiberuflicher Notarzt, spricht von einem deutlichen Anstieg von Verletzungen durch Fremdeinwirkungen und Waffen, insbesondere durch Messer. „In unsere Notaufnahme kommen sie jedoch eher selten, insgesamt sind dies unter 20 im Jahr.“

Die Kliniken Köln erfassen, laut eigener Aussage, nicht die Anzahl von Stichverletzungen - darum könne man auch keine belegbare Beurteilung zu der Entwicklung mitteilen. „Wir versorgen alle Patientinnen und Patienten, die unsere medizinische Hilfe brauchen“, teilte eine Sprecherin mit. Auch die Uniklinik veröffentlicht keine Zahlen. „Einen Anstieg an Stichverletzungen sehen wir an der Uniklinik Köln auch über die letzten Jahre, aber uns ist kein akuter oder gar dramatischer Anstieg bekannt“, sagt ein Sprecher der Uniklinik dazu auf Nachfrage.

Insgesamt beobachten wir deutschlandweit eine zunehmende ‚Enthemmung‘ gegenüber Krankenhauspersonal, welche auch ohne Waffen zu körperlichen Übergriffen führt.
Dr. Timo Leygeber, ärztliche Leitung des Zentrums für Notfallmedizin im St. Vinzenz

Meistens werden Menschen, die von Messern verletzt werden, in die großen Kliniken, die Maximalversorger, eingeliefert. Aber auch in die innenstadtnahen Krankenhäuser, wie etwa das Cellitinnen-Krankenhaus St. Vinzenz in Nippes, werden Zeugen von Stichverletzungen. „Wir sehen einen Anstieg dieser Verletzungen und beobachten ihn mit großer Sorge“, sagt Dr. Timo Leygeber, ärztliche Leitung des Zentrums für Notfallmedizin im St. Vinzenz. Neben den teilweise schweren Verletzungsmustern für die Betroffenen, spiele aber auch die Sicherheitslage für Krankenhausmitarbeiter eine große Rolle. „Insgesamt beobachten wir deutschlandweit eine zunehmende ‚Enthemmung‘ gegenüber Krankenhauspersonal, welche auch ohne Waffen zu körperlichen Übergriffen führt“, so Leygeber.

Einen Anstieg der Gewaltbereitschaft kann auch Hilmar Dehne, Leitender Arzt der Zentralen Notaufnahme (ZNA) des Severinsklösterchens, eindeutig bestätigen: „Zum einen durch einen Anstieg von Patienten mit Verletzungen durch Fremdeinwirkung, zum anderen durch eine deutlich gestiegene Gewaltbereitschaft unserer Patienten dem Personal in der ZNA gegenüber, bei der häufig die Polizei hinzugezogen werden muss.“