Köln – Es lief nicht so glatt bei der SPD, wie von der Parteispitze erhofft. Nicht nur, dass die Wahlkreiskonferenz zur Aufstellung der Kandidaten für die Kommunalwahl am Samstag im Gürzenich deutlich länger dauerte als geplant. Erst fehlten Stimmzettel und mussten nachgedruckt werden. Dann zog sich die Auszählung in die Länge, weil bei der Wahl der Reserveliste für den Stadtrat rund die Hälfte der 244 Delegierten nicht den Gesamtvorschlag abnickte, sondern zu jedem der 72 Kandidaten ein eigenes Votum abgab.
Doch vor allem war es ein Parteitag, bei dem die Basis demonstrativ dem Mann den Rücken stärkte, der Parteichefin Christiane Jäger im Februar scharf kritisiert und mehr Transparenz bei Personalfragen gefordert hatte. Mit 144 von 242 gültigen Stimmen (59,5 Prozent) gewann der Rodenkirchener Bezirksbürgermeister Mike Homann (44) seine Kampfkandidatur um Platz 7 der Ratsreserveliste gegen Peter Kron (70). Damit hat Homann gute Chancen, in den nächsten Stadtrat gewählt zu werden. Kron, Vize-Fraktionschef und seit 2004 im Rat, erhielt 89 Stimmen (36,8 Prozent), es gab 9 Enthaltungen.
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Mit seiner Kandidatur stellte sich Homann gegen die Empfehlung des Parteivorstands, der den von Jäger und Fraktionschef Christian Joisten erarbeiteten Listenvorschlag abgesegnet hatte. Man habe ihm parteischädigendes Verhalten vorgeworfen, sagte Homann vor der Abstimmung. „Aber man muss bei einer Wahl doch auch eine Auswahl haben dürfen.“ Außerdem habe Kron gute Chancen, seinen Wahlkreis (Bickendorf, Ossendorf) direkt zu holen. Dagegen habe er in seinem Wahlkreis (Raderthal, Rondorf, Hahnwald, Immendorf, Meschenich), der seit 2009 in CDU-Hand ist, bei der letzten Wahl elf Prozentpunkte hinten gelegen. „Ich halte es für unsere Verpflichtung, in Meschenich nach elf langen Jahren wieder ein Ratsmandat zu haben“, betonte Homann. Nach der Wahl sagte er, er sehe das deutliche Votum als Zeichen des Vertrauens. Er wolle kämpfen und seinen Wahlkreis gewinnen.
Der selbstständige Rechtsanwalt hatte 2019 angekündigt, sich nach 16 Jahren aus der Bezirksvertretung zurückzuziehen und ein Mandat im Stadtrat anzustreben. Er wollte als Oberbürgermeister-Kandidat antreten, bewarb sich im September bei SPD-Chefin Jäger. Die schlug jedoch Ende Januar gemeinsam mit Fraktionschef Joisten den Landtagsabgeordneten Andreas Kossiski als OB-Bewerber der SPD vor. Er wurde am 15. Februar mit 71,3 Prozent Zustimmung gewählt, nachdem Homann das Verfahren zur Kandidatenkür als unfair kritisiert und seine Kandidatur in letzter Minute zurückgezogen hatte.
Kossiski auf Platz 1
87,2
Prozent Zustimmung erhielt Oberbürgermeister-Kandidat Andreas Kossiski von den Delegierten bei seiner Wahl auf Platz 1 der SPD-Reserveliste für den Stadtrat. Auf Platz 2 folgt Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes (73,6 Prozent), danach Fraktionschef Christian Joisten (86,0 Prozent), Parteichefin Christiane Jäger (71,5 Prozent) , Bürgermeister Ralf Heinen (87,5 Prozent) und die Ex-Landtagsabgeordnete Lisa Steinmann (90,1 Prozent).
Gewählt wurden auch die Direktkandidaten für die 45 Kölner Wahlbezirke und die Bewerberlisten für die neun Bezirksvertretungen. (fu)
Das eindeutige Votum für Homann sei ein klares Zeichen, dass die Basis von der Parteispitze mehr Mitsprache in Personalfragen einfordere, sagte ein Delegierter. Eine Rolle dürfte auch gespielt haben, dass Kron im April den Abwahlantrag gegen Joisten mit unterschrieben hatte. Der Putschversuch scheiterte, nachdem Parteivorstand und SPD-Bundesspitze ein Ende der Selbstzerfleischung gefordert hatten. Die Fraktion blieb auch danach tief gespalten.
Nach Homanns Erfolg gab es bei der geheimen Abstimmung erneut Gegenwind für Jäger. Denn sie kassierte mehr Gegenstimmen als jeder andere Bewerber. Ihre Direktkandidatur im Wahlkreis Ehrenfeld 1 lehnten 44 Delegierte ab, zu ihrer Kandidatur für Platz 4 der Ratsreserveliste sagten 60 Genossen nein.
Jäger zeigte sich nach der Konferenz zufrieden
Mit Ausnahme von Platz 7 für Homann ging die Ratsliste am Ende wie empfohlen durch (siehe Kasten). OB-Kandidat Kossiski schwor die Delegierten mit einer engagierten Rede auf den Wahlkampf ein. Die SPD wolle, „dass es den Menschen in dieser Stadt in fünf Jahren besser geht“. Eine starke Sozialdemokratie sei die bessere Alternative zum „Nicht-Köln-Plan“ von Henriette Reker. Die OB habe beim Thema Wohnungsbau versagt, so Kossiski. Dass 2019 in Köln nur 2175 Wohnungen gebaut wurden, sei „ein absoluter Skandal“ und weit weniger, als SPD-OB Jürgen Roters seinerzeit vorgelegt habe. Köln brauche mindestens 6000 neue Wohnungen pro Jahr. Als OB werde er sich dafür einsetzen, die Zielmarke von 10 000 neuen Wohnungen pro Jahr anzusteuern. „Man muss sich große Ziel setzen“, so Kossiski. Die Delegierten klatschten stehend Beifall.
Jäger zeigte sich nach der Konferenz zufrieden. Die SPD sei „gut aufgestellt, um bezahlbares Wohnen, soziale Sicherheit und gebührenfreie Bildung wieder ganz oben auf die Tagesordnung in dieser Stadt zu setzen“. Joisten betonte, die SPD wolle mit einem qualifizierten Team wieder stärkste Kraft im Rat werden.