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Lage am EbertplatzDer Drogenhandel ist geblieben und damit die Probleme

Lesezeit 4 Minuten

Der Kölner Ebertplatz.

  1. Auf dem Ebertplatz hat sich ein urbanes Lebensgefühl eingestellt.
  2. Doch die Probleme sind geblieben, denn auch tagsüber wird hier offen mit Drogen gehandelt.
  3. Was sind die Ursachen für den Mord in der Nacht zu Sonntag? Wie geht es weiter am Ebertplatz – ist Besserung in Sicht?

Köln – Auch am Montag lässt Samuel Obode (60) die Rollgitter seines Lokals in der schattigen Ebertplatz-Passage wieder nach oben surren. In ihm brodelt es, nicht nur, weil unweit seines Lokals am Sonntagfrüh ein Mann bei einer Schlägerei ums Leben gekommen ist. Sondern auch, weil Innenminister Herbert Reul (CDU) aus der Ferne die Schließung des „African Drum“ angeregt hatte. Seines Ladens. „Das ist Rassismus“, echauffiert sich der Inhaber (siehe Interview).

„Das tut mir weh. Ich verständige regelmäßig die Polizei, wenn der Drogenhandel hier zu viel wird“, sagt er, zieht seinen deutschen Personalausweis aus der Tasche und zeigt aus dem Fenster, wo zwei Männer mit Joints hantieren.

Mit großer Wucht in den Hals gestochen

Die Mordkommission hat nach dem Tod eines Somaliers (25) am frühen Sonntagmorgen offenbar schnell Klarheit über den Tathergang erzielt. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilt, starb das Opfer an einer massiven Halsverletzung. Der Angreifer habe dem Opfer mit großer Wucht in den Hals gestochen. Ob es sich bei der Tatwaffe um ein Messer odere eine abgebrochene Bierflasche gehandelt hat, sei noch unklar.

Zeugen sprechen von einem Streit mit Flaschen. Verdächtigt wird ein ebenfalls 25 Jahre alten Somalier aus Linnich (Kreis Düren). Der mutmaßliche Täter wurde kurz nach der Bluttat an der S-Bahnhaltestelle Hansaring festgenommen. Bei der Auseinandersetzung sollen Drogengeschäfte eine Rolle gespielt haben.

„Das ist eine Katastrophe“

Schon wieder der Ebertplatz. So wie vor zwei Jahren, als hier ein Drogendealer aus Guinea abgestochen worden war. „Das ist eine Katastrophe“, sagt Michael Nowotny, Mitbegründer der Künstlerinitiative „Labor“, gegründet 2005. „Wir sorgen uns vor oberflächlichen Hardliner-Sprüchen, die jetzt wieder kommen“, sagt er, auf dem Platz sei in den vergangenen beiden Jahren eine „Euphorie“ spürbar gewesen. Der sprudelnde Brunnen, spielende Kinder, Kunstaktionen, ein Café – das Leben war auf die Betonwüste zurückgekehrt.

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Obwohl sich auf dem Platz nach Jahren der Vernachlässigung nun wieder urbane Normalität abzeichnet, war die Drogenszene nie verschwunden. In der Passage bieten die Dealer offensiv ihre Ware an. In den vergangenen Wochen kam offenbar Bewegung in die Szene. Die Zahl der Dealer habe zugenommen, manche von ihnen sollen auch in den Beeten übernachtet haben. Von Streits und angespannter Atmosphäre ist die Rede. „Diese Szene belastet das Leben auf dem Platz. Ich weiß nicht, warum das nicht unterbunden wird“, fragt Galerist Nowotny. Er selbst habe den Beamten schon Drogenverstecke gezeigt.

Drei Grablichter

Nun stehen drei Grablichter an jener Stelle, wo sich der tödliche Streit zugetragen hat, daneben liegt eine Sonnenblume. Keine zehn Meter weiter stehen mehrere junge Drogenhändler und warten auf Kundschaft. Der mutmaßliche Täter ist den Behörden wegen verschiedener Delikte bekannt.

„Er ist wegen Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorbestraft“, sagt Oberstaatsanwaltschaft Ulrich Bremer. Zu den Vorwürfen schweigt der Beschuldigte laut Polizei. Wegen Drogendelikten sei der Mann bisher aber nicht in Erscheinung getreten, ergänzt Bremer. An dem Streit in der Nacht seien vier Personen beteiligt gewesen, darunter der nun festgenommene 25-Jährige.

Seit Jahren steht der Umbau des Ebertplatzes auf der Agenda der Stadtverwaltung. „Der Spatensicht erfolgt frühestens 2021“, sagt Baudezernent Markus Greitemann am Montag der Rundschau: Es könne aber auch 2022 werden, bis die – noch nicht feststehenden – Pläne umgesetzt werden. Bis dahin soll das Zwischenkonzept samt Bespielung des Platzes und aller anderen Aktivitäten weiter betrieben oder sogar ausgebaut werden, kündigt Greitemann an. Am Donnerstag steht die nächste „Offene Musikbühne“ an. Die Facebook-Seite der Initiative „Unser Ebertplatz“ erscheint seit der Bluttat im Trauerflor.

Verwaltung will den Platz umbauen lassen

Wie berichtet, will die Verwaltung den Platz umbauen lassen, der Stadtrat hat das allerdings schon 2011 beschlossen. Allein die Diskussion über den Bau einer Tiefgarage unter dem Platz verzögerte das Vorhaben um Jahre. Die Lenkungsgruppe Masterplan Innenstadt legte voriges Jahr Eckdaten fest, die beim Umbau berücksichtigt werden sollen. Darin heißt es unter anderem: „Die bestehenden unterirdischen Angsträume der Fußgängerpassage im westlichen Bereich des Ebertplatzes sind aus Gründen der Kriminalprävention bei der zukünftigen Planung aufzugeben.“

Der Brunnen soll als Anziehungspunkt bestehen bleiben, nur der Standort ist offen. Ebertplatz und angrenzender Theodor-Heuss-Ring zum Rhein hin sollen als Einheit betrachtet und verändert werden. In einer ersten groben Schätzung ging die Stadt von 40 Millionen Euro für den Umbau aus, bis Ende Juli wollte sie genauere Zahlen nennen und dann vom Stadtrat abnicken lassen. Doch es dauert länger, wie lange blieb am Montag offen. Der Ebertplatz gehöre zu den vorrangigen Projekten, so versichert es die Stadt.