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Kölner SPDEinigung im Streit um Abwahl von Fraktionschef Joisten

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Quasi im letzten Moment hat Fraktionschef Christian Joisten seine mögliche Abwahl verhindert.

Köln – Der Kölner SPD-Fraktionschef Christian Joisten wird heute (Mittwoch, 15. April 2020) nicht abgewählt. Das ist das Ergebnis des dritten mehrstündigen Vermittlungsgesprächs am Mittwoch, für die Sitzung der Fraktion am Nachmittag (17 Uhr) hatte ursprünglich ein Abwahlantrag der Vize-Fraktionschefs Andreas Pöttgen, Peter Kron und Monika Schultes vorgelegen. Der hat sich erledigt. Statt sich wie geplant im Spanischen Bau des Rathauses zur angedachten Abwahl zu treffen, gibt es dem Vernehmen nach nur eine Online-Video-Konferenz der 27-köpfigen Fraktion.

Am frühen Abend teilt die Fraktion mit: „Christian Joisten bleibt Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Köln. Ein Antrag auf Abwahl wurde von den Antragstellern zurückgezogen, nachdem eine Vereinbarung über die weitere Zusammenarbeit zwischen dem Fraktionsvorsitzenden und seinen drei Stellvertretern getroffen wurde.“ Über die Vereinbarung war zunächst nichts zu erfahren.

Teilnehmer ausgetauscht

Um die verhärteten Fronten aufzuweichen, haben nach Rundschau-Informationen auch die Teilnehmer in den Verhandlungen gewechselt: Demnach ersetzen Klaus Schäfer und Franz Philippi in der Runde Peter Kron und Monika Schultes, auch Joisten bringt Vermittler mit. Das bringt wohl den Durchbruch in der Runde, die gegen 11 Uhr begonnen haben soll und in zwei Etappen abläuft.

Eine E-Mail mitten in der Nacht

In der Nacht zuvor hatte das Chaos in der Fraktion eine neue Dimension erreicht, dabei geht es um den offenbar erzwungenen Abschied von Fraktionsgeschäftsführerin Barbara Lübbecke. In einer E-Mal, die Joisten um kurz vor halb drei an die Fraktion sendet, heißt es erstens: „Barbara ist an mich mit dem Wunsch herangetreten, aus Ihrer Funktion als Geschäftsführerin auszuscheiden.“ Zweitens: „Barbara und ich haben daraufhin eine einvernehmliche Lösung gefunden.“ Und drittens: „Gerüchte um eine "Entlassung" oder "Kündigung" sind falsch.“

Joisten weiß zum Zeitpunkt des Abschickens seit wenigen Stunden, dass Kölner Zeitungen am Mittwochmorgen über das Aus von Barbara Lübbecke berichten werden. Das kann er nicht mehr verhüten, es geht ihm jetzt offenbar um die Deutungshoheit gegenüber den 27 Fraktionsmitgliedern, er braucht ja möglichst viele von ihnen auf seiner Seite, noch steht die Abwahl im Raum. Und Pöttgen und Co. glauben 14 Stimmen und damit die Mehrheit auf ihrer Seite, wohl per Unterschrift dokumentiert.

Geschäftsführerin Lübbecke wehrt sich

Joistens Mail will Lübbecke, seit 2013 Fraktionsgeschäftsführerin, aber nicht auf sich beruhen lassen. Sie schreibt am Mittwochmorgen ebenfalls eine E-Mail: „Lieber Christian, es spricht für sich, dass Du diesen Weg für dein Anliegen wählst, statt mit mir persönlich zu sprechen.“ Lübbecke sitzt nicht im Stadtrat, die Juristin ist formal bei der Stadt angestellt. Bei den Grünen beispielsweise sitzt Lino Hammer auch im Rat.

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Und weiter: „Zu den Hintergründen und Inhalten der getroffenen Vereinbarung darf und werde ich nichts sagen, aber so viel steht fest und muss ausdrücklich richtig gestellt werden: Das Verlassen der Fraktion war und ist sicherlich nicht mein Wunsch. Ich habe mich am Ende schweren Herzens darauf eingelassen mit dem Ziel, weiteren Schaden von Partei und Fraktion abzuhalten.“ Ein Fraktionsmitglied bestätigt der Rundschau am Mittwoch die Echtheit der beiden E-Mails.

Die Parteispitze hatte im Vorfeld in einem zweiseitigen Schreiben die Fraktion aufgefordert, ihren Streit beizulegen. Darin heißt es am Ostersonntag: „Wir bekräftigen die Forderung an die Ratsfraktion und insbesondere an die Verantwortlichen, eine Abstimmung über die Abwahl des Fraktionsvorsitzenden durch eine vorher zu treffende Vereinbarung zur weiteren Zusammenarbeit zu verhindern.“

Der geschäftsführende Vorstand fürchtet negative Auswirkungen auf die Kommunalwahl am 13. September, Oberbürgermeisterkandidat Andreas Kossiski soll durch den ganzen Knatsch nicht beschädigt werden. Zu den Vorgängen will Kossiski sich auf Nachfrage am Dienstag zunächst nicht äußern.