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Von Neuss nach KölnNeuer Dompropst auf den Spuren von Kardinal Frings

Lesezeit 6 Minuten

Auf den Spuren des großen Neusser Sohns: Guido Assmann ist der neue Dompropst. Dafür geht er von Neuss nach Köln – so wie letztlich auch Kardinal Frings.

Köln/Neuss – Draußen vor dem Café sitzen ein paar ältere Menschen und plaudern. Eine Frau holpert mit ihrem Fahrrad über das Kopfsteinpflaster. Im Schatten eines Baums sucht eine Mutter mit ihrem Baby Schutz vor der Sonne. Es geht beschaulich zu am Münsterplatz in Neuss. Dort, direkt an St. Quirinus, wohnt Guido Assmann seit 2007 im Pfarrhaus. Doch nicht mehr lange und er muss seine Koffer packen. Es trägt ihn zu einem der quirligsten Plätze Kölns. Monsignore Assmann ist der neue Dompropst.

Assmann wusste nicht, dass er zur Wahl stand

Die Hände können nicht ruhen. Es gibt zu viel zu zeigen. Höchstens mal ein schneller Gruß an einen Bekannten, mehr Unterbrechung ist nicht drin. Es gibt so zahlreiche Geschichten zu den Straßen und Fassaden. Wer mit Pfarrer Guido Assmann durch die Neusser Innenstadt schlendert merkt schnell, diese Stadt ist nicht einfach Wohn- oder Arbeitsstätte. Neuss hat einen festen Platz im Herzen des Geistlichen.

Dass er diese Liebe ein wenig wird konservieren müssen, dass ist ihm seit dem unvermittelten Anruf vor wenigen Wochen klar. Ein alter Bekannter war da am Hörer. „Wir haben dich gewählt“, sagte Domdechant Robert Kleine. „Ich habe nicht einmal gewusst, dass ich zur Wahl stand“, erklärt der designierte Dompropst. Als sogenannter nichtresidierender Domkapitular sah er sich gewiss nicht in der ersten Reihe. Aber so ist das nun mal als geweihter Priester: „Wir versprechen unserem Bischof Gehorsam.“

Die Männer hinter dem Dom

Das Metropolitankapitel – oder auch Domkapitel genannt – ist eine Gemeinschaft von Diözesangeistlichen mit Bischofs- oder Priesterweihe, deren Aufgaben vor allem sind: die Seelsorge an der Hohen Domkirche, insbesondere die Feier des Gottesdienstes, die Verkündigung des Wortes Gottes und die Spendung der Sakramente. Ebenso die Beratung des Erzbischofs, die Wahl des Erzbischofs von Köln gemäß den Bestimmungen des Preußenkonkordates von 1929, die Vertretung der Hohen Domkirche sowie die Verwaltung der Güter der Hohen Domkirche und der Güter des Kapitels.

Zwei Würdenträger weist das Domkapitel aus: Den Dompropst und den Domdechanten. Dazu kommen zehn residierenden Domkapitulare. Ferner gehören dazu vier nichtresidierende Domkapitulare. Sie wählen, wenn notwendig, den neuen Dompropst. Dazu kann theoretisch jeder Geistlicher des Bistums gewählt werden. Doch in der Regel bekleidete in den vergangenen Jahren ein residierender Domkapitular das Amt. Der Erzbischof muss die Wahl des Dompropstes bestätigen.

Der Vorsitzende des Kapitels ist der Dompropst. Er vertritt es nach außen, er trägt für alle Belange die Verantwortung. Er ist der Dienstvorgesetzte aller ehren- und hauptamtlich am Dom Arbeitenden.

Die offizielle Einführung von Monsignore Guido Assmann in sein Amt als Dompropst ist für den 20. September vorgesehen. Sie wird in Form eines Hochamtes im Dom gefeiert. Das Hochamt zelebriert Domdechant Robert Kleine.

Die Verabschiedung seines Vorgängers Gerd Bachner konnte bisher noch nicht durchgeführt werden. Sein altersbedingtes Ausscheiden fiel in die Hochzeit der Corona-Auflagen. Laut eines Sprechers des Domkapitels konnte bisher noch kein Termin festgesetzt werden. (ngo)

Gehorsam? Liebe zu Neuss? Geht Assmann etwa schweren Herzens nach Köln? Natürlich nicht. Sein Ziel ist ja immerhin der Dom. Für unzählige Menschen ist diese Kathedrale weit mehr als eine Ansammlung wohl platzierter Steine. Auch für den 56-Jährigen.

Assmann sagte „ja“ zum Dom

Vor 30 Jahren empfing er hier seine Weihe zum Priester. Oft führen ihn seine zahlreichen Aufgaben nach Köln. Wann immer möglich geht er dann in den Dom. Gerne zu der Stelle, an der er sich vor 30 Jahren auf den Boden legte und zu Gott sagte: „Hier bin ich.“ Das bedeutet auch eine unauflösliche Bindung an den Dom.

Fremd ist ihm Köln sowieso nicht. In Klettenberg war er Kaplan. Und überhaupt: So ganz über seinen Kopf hinweg ist das alles nicht passiert. „Ich habe Bedenkzeit bekommen.“ Und an deren Ende hat er „ja“ gesagt.

„Pfarrer sein, das kann ich.“

Im Großen und Ganzen folgt er damit dem Weg eines berühmten Neusser Sohns. Kardinal Frings wurde in der Schützenhochburg geboren. Assmann zeigt auf eine Pergola im Garten des alten Pfarrhauses. „Es heißt, hier habe er Karten gespielt.“ Kardinal ist man bis ans Lebensende, oder bis der Papst der Bitte um Ruhestand nachgibt.

So Gott will, liegen vor Assmann 19 Jahre als Dompropst, dann greift die vom Domkapitel festgesetzte Altersgrenze von 75 Jahren. Eine verhältnismäßig lange Amtszeit. Hat er dafür schon einen Plan gemacht? „Ich weiß noch nicht, was von mir erwartet wird. Ich lasse das auf mich zukommen.“ Seit drei Jahrzehnten sei er nun Priester. „Pfarrer sein, das kann ich.“ Dompropst hingegen sei etwas Neues für ihn.

„Ich will nicht nur am Schreibtisch sitzen.“

Und dennoch. Assmann beugt sich nach vorne, stellt die Füße auf die Zwischenstrebe seines Gartenstuhls, wie zum Sprung bereit: „Im Dom sehe ich eine große Chance. Touristen, Bahnreisende auf einem Zwischenstopp oder Menschen die einfach mal reinkommen: Wenn es uns gelingt, den ein oder anderen, von denen bestimmt nicht alle der Kirche nahe stehen, ein wenig ins Staunen zu versetzen, dann können wir Brücken schlagen.“

Den Kontakt zu den Menschen finden, das ist Assmann ganz wichtig. Bei allem Organisationstalent, dass ihm nachgesagt wird und das er auch nicht in Abrede stellt: „Ich will nicht nur am Schreibtisch sitzen.“

Ökumene oder konservativ?

Nachgesagt wird dem 56-Jährigen auch ein konservatives Theologieverständnis. Da macht Assmann den Rücken wieder gerade: „Ich protestiere nicht bei dem Wort konservativ. Aber ich finde es schade, wenn Menschen einfach mit Etiketten versehen werden. Bin ich konservativ, weil ich schon an meiner Kleidung als Priester zu erkennen bin, weil ich gerne Liturgie feiere oder weil wir im Quirinus-Münster sonntags eine Messe in lateinischer Sprache feiern? Eine von elf Sonntagsmessen in Neuss-Mitte. Wenn das alles konservativ ist, dann bin ich gerne konservativ.“

Noch ein Etikett haftet ihm an in einigen Lebensläufen und Artikeln, die über ihm im Internet kursieren: Ein Mann der Ökumene soll er sein. „Sehen Sie, das passt jetzt gar nicht zu konservativ“, lacht Assmann auf. „Ich komme aus dem Oberbergischen, aus Radevormwald, ich bin also mit der Ökumene groß geworden.“ Vier Kirchtürme, vier Konfessionen – und die Katholiken in der Minderheit. „Es gab ein gutes Miteinander.“

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Das katholische Neuss sei vielleicht nicht gerade ein Tummelplatz an ökumenischen Aktionen. „Aber das, was wir machen, ist sehr wertschätzend.“ Zwischenmenschlich stimme es einfach. Ein Beispiel: 2017, zum Reformationsjubiläum, fuhren der Vertreter der evangelischen und der orthodoxen Kirche in Neuss zusammen mit Assmann für drei Tage nach Rom. „Ich zeige euch mal katholisch“, habe er damals gefrotzelt. „Wir mussten das nicht. Wir haben das einfach gemacht. Das war schön.“

Und eins weiß der designierte Dompropst genau: „Es gibt viele evangelische Christen in Köln, die empfinden den Dom auch als ihre Kirche.“