- Im Grunde ist es ein Kahlschlag: Nur noch drei bischöfliche Priesterseminare soll es künftig in Deutschland geben.
- Traditionsreiche Standorte wie Fulda, Erfurt oder auch Bonn sollen bei der Priesterausbildung keine Rolle mehr spielen.
- Katholische Fakultäten könnten in Gefahr geraten.
Als der katholische Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, kürzlich im Kölner Dom die Priesterweihe feierte, konnte er fünf angehenden Geistlichen die Hand zum Segen auflegen. Drei davon kamen aus dem Erzbistum Köln, zwei gehörten einem Orden an. Hätte man Joseph Kardinal Frings, dem großen Kölner Erzbischof, einst von diesen Zahlen berichtet – er hätte wohl an einen mißglückten Karnevalsscherz geglaubt: Noch 1962 konnte er im Kölner Dom einer Statistik der Deutschen Bischofskonferenz zufolge 39 angehende Geistliche zu Priestern weihen.
Doch das ist lange her. Heute ist die Zahl der im Kölner Dom geweihten Neupriester in der Regel einstellig. Und auch in den anderen deutschen Diözesen ist die Zahl der Weihekandidaten stark zurückgegangen. Manche Bistümer, vor allem im Osten Deutschlands, können nicht einmal in jedem Jahr noch eine Priesterweihe feiern. Im kleinen Lausitzbistum Görlitz etwa gibt es überhaupt nur noch drei Priesterkandidaten – über alle Jahrgänge hinweg, zusammengerechnet.
Reform beschäftig schon lange
Die katholische Deutsche Bischofskonferenz ist deswegen schon seit einigen Jahren damit beschäftigt, über eine Reform der Priesterausbildung nachzudenken. Zuletzt befasste sich eine Arbeitsgruppe der Konferenz mit der „Qualitätssicherung der Priesterausbildung in Deutschland“: Am Dienstag legte die aus dem Bischöfen von Münster, Felix Genn, Fulda, Michael Gerber, und Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, bestehende Gruppe ihren Bericht dem „Ständigen Rat“ der Deutschen Bischofskonferenz bei dessen Sitzung in Berlin vor.
Die Kernaussage des Papiers: Die Zahl der Priesterseminare in Deutschland könnte möglicherweise drastisch reduziert werden. „Eine ganzheitliche Ausbildung von Kandidaten für das Priestertum verlangt nach Auffassung des Ständigen Rates zunächst hinreichend große Lerngruppen und Ausbilder in Vollzeit, aber auch akademische Orte, die eine gemeinsame Ausbildung aller pastoralen Dienste gestatten“, heißt es in einer von der Bischofskonferenz verschickten Pressemitteilung. Zu den vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz „mit großer Mehrheit“ verabschiedeten Kriterien für die Priesterausbildung gehört etwa, dass sich am Ort der Ausbildung eine vollwertige Theologische Fakultät befinden soll. Die nötigen Immobilie müsse es ebenso geben, wie geistliche Begleiter und Mentoren.
Auswirkung auf Zukunft der katholischen Theologie
Und am Ende schlugen die drei Bischöfe vor, dass die angehenden Theologen die Einführungsphase vor dem Studium in Freiburg und Bamberg, die Studienausbildung in München, Münster und Mainz und die Ausbildung im Pastoralkurs in Erfurt, Rottenburg-Stuttgart sowie an einem Standort in Bayern absolvieren sollten. Das Bonner Collegium Albertinum und das Priesterseminar in Köln spielen in dieser Überlegung dagegen offensichtlich keine Rolle mehr. Lediglich das Seminar Redemptoris Mater des „Neokatechumenalen Weges“ soll der Dreiergruppe zufolge künftig im Erzbistum Köln bestehen bleiben. Und auch andere Priesterseminare scheinen in der Ausbildung von Kandidaten künftig keine Rolle mehr zu spielen – prominente Beispiele sind etwa das Seminar in Fulda, wo Deutschlands katholische Bischöfe regelmäßig zu ihrer Herbstvollversammlung zusammenkommen, oder das Seminar in Regensburg, wo in der vergangenen Woche noch der frühere Papst Benedikt XVI. bei seinem überraschenden Deutschlandbesuch logierte.
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Auswirkungen dürften die Pläne der Bischöfe indes auch auf die Zukunft der katholischen Theologie als akademischer Wissenschaft haben. Dort, wo künftig keine Priester mehr ausgebildet werden, dürfte auch die Bereitschaft steigen, über die Einsparung von Professuren oder gar die Schließung von Fakultäten nachzudenken. Entsprechend besorgt äußerten sich am Mittwoch auch Vertreter des katholisch-theologischen Fakultätentags, der von der Tübinger Theologin Johanna Rahner geleitet wird, und weiterer Fachverbände. Man sei erstaunt darüber, in die Planungen nicht vorab einbezogen worden zu sein, heißt es in einer auf der Website des Fakultätentags veröffentlichten Stellungnahme. „
Wir fordern daher nachdrücklich, die nun anstehenden Diskussionen auch unter Beteiligung der wissenschaftlichen Theologie zu führen.“ Man wolle die katholische Theologie in der Universitätslandschaft Deutschlands flächendeckend präsent halten. „Denn die Fakultäten für Katholische Theologie tragen wesentlich dazu bei, dass unsere religiös vielfältige und weltanschaulich plurale Gesellschaft sprachfähig bleibt.“