AboAbonnieren

Lautstarkes GehupeTausende Türken feiern in Köln den Sieg ihrer Mannschaft

Lesezeit 3 Minuten
Siegesjubel Türkei

Fröhliche Fans schwengten die türkische Fahne.

Tausende türkischer Fans verwandelten Köln nach dem EM-Sieg gegen Österreich in eine jubelnde Partymeile. Trotz hitziger Emotionen blieb es relativ ruhig.

Im Restaurant „Doy Doy“ auf der Weidengasse könnte die Laune nicht besser sein. Am Mittwochmittag drehen sich viele Gespräche nur um den Sieg der Türkei gegen die Österreicher. Die Probleme mit dem Qualm der Holzkohlegrills, drohende Stilllegungen und die Beschwerden der Anwohner sind am Mittwochmittag ganz weit weg.

Tausende haben den Erfolg ihrer Mannschaft am Dienstagabend lautstark gefeiert — und es sollte nicht die letzte Kölner Party gewesen sein. „50:50“ schätzt ein Mitarbeiter die Chancen auf ein Sieg im Viertelfinale. Ein Kollege kommentiert die Aussage mit einem Daumen hoch. Auf der türkisch geprägten Meile hofft man inständig auf den Sieg gegen die Niederlande am Samstag in Berlin. Was dann passieren könnte, zeigten die Kölner Türken nach dem Sieg.

Aus dem gesamten Stadtgebiet gingen Beschwerden von Anwohnern über Ruhestörungen ein.
Kölner Polizei zu den Hup-Konzerten nach dem Spiel

Ausgelassen, lautstark und ein stückweit gefährlich feierten die Türken. Wie bei einem Sternmarsch fuhren aus allen Himmelsrichtungen in die Innenstadt. Viele Fahrzeuge kamen über die Zoobrücke in die Nordstadt: Hansaring, Ebertplatz und Teile der Neusser Straße verwandelten sich in eine hupende und jubelnde Blechlawine. Gegen Mitternacht ging nix mehr auf den Hauptverkehrsstraße im Agnesviertel. An einem Schlafen war für die Anwohner nicht zu denken. Manche feierten vom Balkon am Hansaring mit, andere schimpften. „Aus dem gesamten Stadtgebiet gingen Beschwerden von Anwohnern über Ruhestörungen ein“, teilte die Polizei am Mittwoch mit.

Auf den Kölner Ringen geht es rund

Hoch her ging es auch auf den Ringen. Fans kletterten auf Ampelmasten, jubelten und brachten sich in Gefahr. Es wurde Pyro gezündet und manche Autofahrer fuhren mit ihren Wagen im Jubelrausch Schlangenlinien. Gravierende Vorfälle gab es laut Polizei nicht. Aber die Beamten appellieren bei einer neuen Party etwas ruhiger zu feiern — doch davon ist nicht auszugehen. Die Emotionen kochen hoch. Nach dem Abpfiff wurde auch in der Fan-Zone am Heumarkt getanzt und gesungen. In der Altstadt tummelten sich schnell die ersten hupenden Autos. „Turkiye, Turkiye!“ - Fahnen werden geschwungen, traditionelle Musik wird aus Boxen gespielt. „Wir sind so glücklich und stolz“, schreit eine Gruppe junger Frauen.

Was viele Türken auch am Tag nach dem Erfolg noch ärgerte, dass das Spiel nicht im frei empfänglichen Fernsehen zu sehen war. Nicht jeder konnte in eine Kneipe oder Restaurant gehen und dort das Spiel sehen. Der Landesintegrationsrat hatte sich darüber beschwert, dass das Spiel nur exklusiv beim Magenta TV gezeigt wird. „Das ist inakzeptabel. In Deutschland leben über 3 Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln und fast 200 000 Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft. Ihre Bedürfnisse und Wünsche werden nicht ernst genommen“, sagte der Vorsitzende des Integrationsrats der Stadt Köln, Tayfun Keltek.

Kritik an Nicht-Ausstrahlung im TV

„Das ist eine Ungleichbehandlung der Einwohner und Einwohnerinnen unseres Landes und damit gegen die Prinzipien unseres Grundgesetzes. Dieses Verhalten führt zum Vertrauensverlust seitens der Menschen mit internationaler Geschichte in öffentliche Institutionen. Der Auftrag von öffentlich- rechtlichen Rundfunkveranstaltern ist klar definiert. Sie müssen mit ihren Programmen den Zuschauern und Zuhörern umfassend und ausgewogen Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung anbieten“, betonte Keltek.

Weil der Ansturm riesig war, hat der Anbieter Magenta TV das EM-Achtelfinale zwischen der Türkei und Österreich am Dienstag kurzerhand auch live via YouTube übertragen. „Die Resonanz auf unser exklusives Achtelfinale ist überwältigend und übertrifft unsere Erwartungen bei weitem“, erklärte die Telekom am Mittwoch. Am Samstag wird das mit Spannung erwartete Spiel bei RTL übertragen und ist frei empfänglich.