Im Rheinland werden immer häufiger Nummernschilder von Autos gestohlen. Die Zahlen der registrierten Diebstähle sind in den meisten Polizeipräsidien angestiegen, hat eine Umfrage der Rundschau ergeben.
PolizeistatistikDiebstahl von Kfz-Kennzeichen im Rheinland nimmt zu

Auf einem Parkplatz im Grüngürtel wurden Nici Liebrich die Kennzeichen ihres Autos gestohlen.
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Mit den entwendeten Kennzeichen werden meist Straftaten begangen. Für die Halter der betroffenen Autos ist die Situation Nerven aufreibend und teuer. Eine dieser Geschädigten ist die Kölnerin Nici Liebrich. Sie betreibt eine mobile Tierheilpraxis, ist viel mit ihrem Dacia unterwegs. Als sie mit ihrem weißen Schäferhund Icy auf einen Parkplatz am Grüngürtel fuhr, freute sie sich, mit ihm gemeinsam das Wetter zu genießen.
Zwischen zwei Behandlungsterminen war sie nur kurz im Park unterwegs. Als sie zum gut gefüllten Parkplatz zurückkehrte, fiel ihr direkt auf, dass an ihrem Auto etwas nicht stimmte: „Ich dachte mir, irgendwie sieht das komisch aus.“ Bei genauerem Hinsehen bemerkte sie, dass die Nummernschilder vorne und hinten abmontiert waren. „Ich habe dann sofort die Polizei angerufen und gefragt, was ich tun soll“, erzählt Nici Liebrich. Schließlich dürfe man ohne amtliches Kennzeichen nicht mit dem Auto auf die Straße.
Sechs Kennzeichendiebstähle täglich im Kölner Stadtgebiet
Sie könne ruhig damit zur nächsten Polizeiwache fahren und dort eine Strafanzeige stellen, habe der freundliche Beamte am Telefon gesagt, erinnert sie sich. Das habe sie gemacht und dort erfahren, dass solche Delikte mehrmals täglich vorkommen: „Da war ich schon ziemlich verblüfft.“ Die Statistik des Kölner Polizeipräsidiums belegt diese Einschätzung: Durchschnittlich werden jeden Tag in der Stadt die Kennzeichen von mehr als sechs Fahrzeugen gestohlen – Tendenz steigend.
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Im Rheinisch-Bergischen und im Oberbergischen Kreis, im Rhein-Sieg- und im Rhein-Erft-Kreis sind zwar insgesamt niedrigere Zahlen zu verzeichnen, aber auch sie nehmen zu. Nur in Bonn und Euskirchen sind es im Vergleich von 2023 zu 2024 etwas weniger Fälle. Der Parkplatz am Grüngürtel in Nähe des Kölner Militärrings, wo Nici Liebrich plötzlich ohne Kennzeichen an ihrem Auto stand, ist ein typischer Tatort für den Schilder-Diebstahl. Meist stehen hier etliche Autos, es fällt kaum auf, wenn jemand geschäftig daran herumschraubt.
Tankbetrug mit gestohlenen Kennzeichen

Grafik gestohlene Kennzeichen
Copyright: Grafik: Harald Woblick/Quelle: Polizei
Sprecher mehrerer Polizeipräsidien im Rheinland berichteten, dass die gestohlenen Schilder am häufigsten dazu benutzt werden, um beim Tanken zu betrügen. Dabei fahren die Täter mit einem Auto an eine Tankstelle, zapfen Treibstoff in erheblichem Wert und flüchten ohne zu bezahlen. Wenn die Überwachungskameras das Kennzeichen erfasst haben, nutzt das den Ermittlern gar nichts – denn die gestohlenen Schilder weisen nur auf Unbeteiligte hin.
Die Polizei im Oberbergischen Kreis weist darauf hin, dass Kennzeichen auch häufig gestohlen werden, um an die Plakette für die Hauptuntersuchung zu kommen. Die werde in solchen Fällen vom Schild abgelöst und auf andere Autos übertragen, die technisch nicht ordnungsgemäß überprüft wurden.
Pappschild ersetzte vorübergehend offizielle Kennzeichen
In Bonn lieferten sich im Jahr 2023 Beamte gleich in zwei Fällen Verfolgungsjagden mit Fahrzeugen, die in Verdacht geraten waren. Die Pkw konnten gestoppt werden. Die mutmaßlichen Täter, die in den Fahrzeugen saßen, sollen Einbrüche begangen haben. An ihren Fahrzeugen waren Polizeiberichten zufolge Kennzeichen angebracht, die wohl vorher gestohlen worden waren. Die Kölner Polizei berichtet unterdessen von einem Raubüberfall auf einen Juwelier in Leverkusen, bei dem zuvor nachts im Kölner Stadtteil Flittard entwendete Kennzeichen am Fluchtwagen montiert worden waren.
Mit einem kuriosen Fall war die Kölner Polizei erst vor wenigen Tagen im Stadtteil Kalk konfrontiert: Ein 34-jähriger Smart-Fahrer kassierte eine umfangreiche Strafanzeige, weil er nicht nur nach einem Verkehrsunfall geflüchtet, sondern auch Drogen und Alkohol konsumiert und falsche Kennzeichen an seinem Auto gehabt haben soll. Was mit den verschwundenen Kennzeichen von Nici Liebrich geschehen ist, weiß sie nach eigenen Angaben nicht. Sie erinnert sich aber gut daran, was sie nach Erstattung der Anzeige bei der Polizei gemacht hat.
Bei der Kraftfahrzeug-Zulassungsstelle der Stadt Köln schilderte sie telefonisch ihren Fall und merkte schnell, dass solche Diebstahl-Fälle für die Mitarbeiter dort inzwischen Routine sind. Einen Termin bekam sie aber erst Wochen später. Ihr sei geraten worden, sich einfach ein Pappschild mit dem bisherigen Kennzeichen zu malen. Das habe sie auch gemacht und sei in der ganzen Zeit niemals angehalten worden, erzählt sie. Rund 60 Euro habe sie dann später das neue Kennzeichen gekostet.
Die Kombination aus Buchstaben und Zahlen, wie sie auf ihrem bisherigen Autoschild war, durfte sie nicht behalten. Aus Sicherheitsgründen werden die entsprechenden Daten entwendeter Kennzeichen für längere Zeit amtlich gesperrt. Eine böse Überraschung gab es für Liebrich im städtischen Amt dann auch noch – auch die Umweltplakette für die Autoscheibe musste neu ausgestellt und von ihr bezahlt werden. Auf der Plakette, die grundsätzlich Pflicht ist, wird das Autokennzeichen notiert. Und das muss mit den aktuellen Schildern übereinstimmen.
Verlusterklärung kann online ausgefüllt werden
Die Kölner Stadtverwaltung bestätigt, dass grundsätzlich bei jedem Verlust von Autoschildern – wozu auch der Diebstahl gehört – eine „Umkennzeichnung“ erforderlich ist. Als Dokument im Internet gebe es dafür eine „Verlusterklärung“. Das Formblatt kann online ausgefüllt, ausgedruckt und beim Besuch der Zulassungsstelle mitgebracht werden. Bei einem Diebstahl muss zwingend auch die polizeiliche Anzeige vorgelegt werden. „Kann keine Bescheinigung einer deutschen Polizeidienststelle vorgelegt werden, werden die Fahndungsmaßnahmen durch die Zulassungsstelle eingeleitet“, heißt es ergänzend auf der Webseite der Stadt Köln. Dafür werden dann 15 Euro an zusätzlichen Gebühren fällig.
Die Prozedur der „Umkennzeichnung“ hat Nici Liebrich inzwischen hinter sich. An ihrem Dacia hat sie neue Kennzeichen, und in ihrem Bekanntenkreis hat sie schon oft von ihrem Erlebnis erzählt. „Ich war überrascht, wie vielen das auch schon passiert war“, sagt sie. Den Parkplatz am Grüngürtel steuert sie wieder regelmäßig an. „Icy gefällt es hier“, meint Liebrich: „So viele andere Parkplätze gibt es ja hier auch nicht. Und ich hoffe einfach, dass sich mögliche Diebe nicht ein zweites Mal ausgerechnet mein Auto aussuchen.“