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Köln Polizeipräsident im Interview„Wir müssen noch genauer hinsehen“

Lesezeit 4 Minuten
Falk Schnabel ist seit einem Jahr Polizeipräsident in Köln.

Falk Schnabel ist seit einem Jahr Polizeipräsident in Köln.

Polizeipräsident Falk Schnabel will sich für eine bunte und aufgeschlossene Polizei einsetzen. Jens Meifert und Thorsten Moeck sprachen mit ihm über Videobeobachtung, Cybercrime und gesprengte Automaten.

Herr Schnabel, fühlen Sie sich angekommen in Köln?

Ja, ich habe mich seit dem ersten Tag wohlgefühlt. Nun fühle ich mich auch angekommen. Ich finde mich zurecht und brauche kein Navi, wenn ich unterwegs bin. Und ich fühle mich inzwischen durchaus heimisch.

Welche Tipps würden Sie Menschen geben, die neu in Köln sind?

Am besten lässt man sich ganz auf die Stadt und ihre Menschen ein. Ich habe schon in vielen NRW-Städten gelebt und gearbeitet, und ich denke, es ist richtig, was man über die Menschen in Köln und im Rheinland sagt: Man wird hier sehr herzlich aufgenommen.

Köln lernt man ja gut bei einem Glas Kölsch kennen. Gab es besondere Begegnungen?

Es gab viele Begegnungen, aber vielleicht eine, die mir einen guten Einblick in die kölsche Lebensart ermöglicht hat. Ich hatte das Glück einen Abend mit Janus Fröhlich (Gründungsmitglied der Höhner, Anm. d. Red.) zu verbringen, das war eine sehr schöne und sehr lehrreiche Begegnung.

Welchen Einfluss möchten Sie denn auf die Polizeibehörde nehmen? Wofür stehen Sie?

Ich denke, wir müssen bei Messern und anderen gefährlichen Gegenständen noch genauer hinsehen.
Falk Schnabel

Unsere Polizei wird bunter, wir haben viele Kolleginnen und Kollegen mit Migrationshintergrund, bei uns arbeiten Menschen aus der LGBTQ-Szene. Und sie alle sind eine unglaubliche Bereicherung, weil sie unseren Horizont erweitern. Diesen Weg möchte ich gerne weitergehen, die Polizei Köln soll immer am Puls der Zeit und der Entwicklung stehen. Hierzu zählt auch ein hohes Maß an Eigenverantwortung bei Einsätzen.

Auch die Kölner Polizei haben Sie kennengelernt. Seit Jahren wartet die Behörde auf einen Erweiterungsbau am Walter-Pauli-Ring in Kalk. Wie sieht der Zeitplan aus?

Derzeit läuft das Vergabeverfahren. Fakt ist aber, dass wir beengte Räumlichkeiten haben, einige Kolleginnen und Kollegen arbeiten übergangsweise in Containern im Innenhof. Wir benötigen etwa 10 000 Quadratmeter Fläche. Auch ein Teil der Hochschule für öffentliche Verwaltung soll dort einziehen.

Die Neuorganisation der Kriminalpolizei steht ebenfalls an. Wie soll dies aussehen?

Hierbei spielt der Oberbegriff Cybercrime eine wichtige Rolle. Organisatorisch müssen wir uns darauf einstellen und irgendwann womöglich eine eigene Kriminalinspektion hierfür einrichten. Und wir müssen den technischen Sachverstand bündeln.

Es wird weiterhin den Fahrraddiebstahl geben. Und Trickbetrüger, die an der Wohnungstür klingeln statt eine Fishing-Mail zu senden.

Sicherlich wird es weiterhin Straßenkriminalität, Taschendiebstahl und Körperverletzungen geben. Aber viel spielt sich im Darknet ab, über Call-Center wird weltweit operiert. Darauf müssen wir uns einstellen. Die Bereiche Repression und Prävention werden künftig weiter verschmelzen. Und es wird darum gehen, Straftaten zu verhindern, bevor sie geschehen.

Das klingt nach dem Sciencefiction-Film „Minority Report“ von Steven Spielberg. Wie soll das geschehen?

Nehmen wir zum Beispiel Menschen, die immer wieder durch kleinere Delikte, durch Bedrohungen oder wirre Ansichten auffallen. Menschen, die vielleicht Behörden anschreiben mit Vorwürfen oder Drohungen. Hierauf wollen wir unseren Blick richten. Wir werden sicherlich keine Amoktäter im Vorfeld identifizieren können, aber wir müssen alles tun, solche Personen und die von ihnen möglicherweise ausgehenden Gefahren zu erkennen, um die Bevölkerung und auch sie selbst zu schützen.

Um Opfer von Betrug zu werden, muss ich die Tür öffnen. Virtuell oder analog. Setzt dort Ihre Prävention an?

Viele Trickbetrüger suchen sich vorwiegend ältere Menschen als potenzielle Opfer. Hier setzt unsere Prävention an. Aber jeder kann Opfer von Internetbetrug werden, es werden großartige Anlageversprechen auf sehr professionell gestalteten Seiten gemacht. Auch hiervor müssen wir warnen.

Eine ganz konkrete Gefahr geht von Messern aus, die offenbar viele Menschen mit sich führen. Statistisch ist das schwer zu verifizieren. Sind Sie dennoch besorgt?

Tatsächlich sind Messerangriffe statistisch gesehen rückläufig. Aber manche Einzeltaten sorgen für eine Verunsicherung der Menschen. Ich denke, wir müssen bei Messern und anderen gefährlichen Gegenständen noch genauer hinsehen.

Sie sprechen von der Möglichkeit der „Strategischen Fahndung“?

Ja, hiervon machen wir Gebrauch, wenn es die rechtliche Situation hergibt. Hierbei können wir verdachtsunabhängig kontrollieren und Waffen unter Umständen aus dem Verkehr ziehen. Insbesondere an den Wochenenden wollen wir präventiv darauf einwirken, dass vor allem junge Menschen nicht mit Messer das Haus verlassen.

Auch die Videobeobachtung hilft Ihnen gelegentlich. Sind die Kameras aus dem öffentlichen Raum noch wegzudenken?

Die Videobeobachtung hat sich in Köln bewährt. Wir erzielen gute Erfolge damit. Ich verspreche mir davon ein erhöhtes Sicherheitsgefühl der Menschen. Aber die Videobeobachtung ist an strenge rechtliche Voraussetzungen geknüpft. Sollten sich Delikte in bestimmten Bereichen häufen, könnten wir auch weitere Bereiche in die Videobeobachtungen aufnehmen. Und wir würden Kameras abschalten, wenn die Kriminalität nachhaltig zurückginge. Bislang ist das noch nicht der Fall.

Zuletzt sind Automatensprenger dazu übergegangen, Sprengstoff statt Gas zur Explosion zu bringen. Die Zerstörung ist teils enorm. Und es scheint Glück zu sein, dass noch nicht mehr passiert ist.

Diese Entwicklung beunruhigt mich sehr. Deshalb messen wir der Bekämpfung dieser Kriminalität große Bedeutung bei. Diese Täter sind hochgradig skrupellos, denn sie gehen nicht nur das Risiko großer Sach- und Gebäudeschäden ein, sondern sie gefährden durch ihr rücksichtsloses Fluchtverhalten Menschenleben, wenn sie mit Hochgeschwindigkeit in ihren Autos ins Ausland fliehen.