30 Jahre leitete Joachim Bauer (65) die Abteilung Planung im Grünflächenamt, am 1. Mai geht er in Rente. Michael Fuchs sprach mit ihm über den Wandel in seiner Branche.
Joachim Bauer im Interview„Im Kölner Grünflächenamt geht es um hochemotionale Themen“
Wie war die Lage im Kölner Grünflächenamt, als Sie 1993 bei der Stadt Köln anfingen?
Ganz anders als heute. Wir standen unter hohem Spardruck, konnten kein Personal einstellen. Förderprogramme von Bund und Land für Grünanlagen, wie es sie heute gibt, kannte man damals nicht. Die Folge war: Die Stadt konnte nicht in ihre Grünflächen investieren und musste bei der Pflege Abstriche machen. Es wurde diskutiert, die städtischen Tierparks, etwa in Lindenthal, zu schließen. Deshalb gründete sich ein Förderverein.
Wodurch hat sich die Situation verbessert?
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Hervorzuheben ist die Gründung der Kölner Grün Stiftung im Jahr 2006. Dank dieses privaten Engagements konnte erheblich in Sanierung, Pflege und Erhalt der Kölner Parkanlagen investiert werden. Zudem konnten wir uns als Stadt erfolgreich um Fördermittel bewerben. Heute haben die Grünanlagen einen viel höheren Stellenwert bei den Menschen. Das Bewusstsein dafür, wie wichtig sie für die Natur und das Stadtklima, aber auch als Ort für Freizeit und Sport sind, ist enorm gewachsen.
Was hat Ihre Arbeit ausgezeichnet?
Als Grünflächenamt ist man näher dran am Bürger als viele andere Ämter, da geht es um hochemotionale Themen. Der eine beschwert sich, wenn ein Baum vor seinem Haus beschnitten wird, der andere schimpft über zu viel Schatten. Dass ich als Planer an der Entwicklung des Kölner Grünsystems mitwirken durfte, war etwas Besonderes. Projekte wie die Verlängerung des Inneren Grüngürtels im Rahmen der Parkstadt Süd – so etwas macht eine Stadt nur alle 100 Jahre. Dass man dabei in der Tradition eines Fritz Schumacher arbeitet, ist eine Ehre.
Schumacher und Konrad Adenauer haben vor 100 Jahren die Grundlagen für den Kölner Grüngürtel gelegt...
... und damit etwas Einzigartiges geschaffen. In den 1920er-Jahren gab es linksrheinisch keinen Wald! Dank Adenauer und Schumacher sind es heute 2000 Hektar. Bei der heutigen Flächenkonkurrenz wäre es gar nicht mehr möglich, in einer Großstadt so viel Fläche für Grün zu reservieren. Damit haben wir in Köln beste Voraussetzungen, um unsere Stadt an den Klimawandel anzupassen. Diese Chancen müssen wir nutzen.
Mit dem „Masterplan Stadtgrün“ hat Ihr Amt vor kurzem ein Konzept vorgelegt, dass für viel Kritik gesorgt hat. Es verhindere den Bau von Wohnungen, heißt es.
Der Masterplan Stadtgrün kann gar nichts verhindern. Er ist ein reiner Fachplan aus Sicht der Grünverwaltung und nicht verbindlich. Er zeigt die Funktionen, die die Flächen erfüllen, und liefert Daten, die besagen: Wo sind besonders wertvolle Flächen aus Sicht des Grüns? Welche Flächen sind weniger wertvoll? Das ist eine Diskussionsgrundlage für künftige Entscheidungen, wenn es darum geht: Wie will sich die Stadt weiterentwickeln? Will man bauen oder Grün erhalten? Diese Diskussion muss man führen.
Sie standen der Presse oft Rede und Antwort. Was waren denn unangenehme Themen für Sie?
Zum Beispiel die öffentliche Debatte um die Kostenexplosion beim Rheinboulevard. Bei diesem für Köln am Ende doch recht erfolgreichen Projekt war das Grünflächenamt federführend, ursprünglich wollten wir nur die Promenade erneuern. Doch den Wettbewerb gewann der Entwurf mit der großen Ufertreppe. Für die Kostensteigerungen, die größtenteils auf die archäologischen Funde zurückzuführen waren, konnten wir nichts.
Ein anderes Thema war das große Fischsterben im Aachener Weiher im Hitzesommer 2010. Wir standen stark in der Kritik, konnten nie die genaue Ursache ermitteln. Schlagartig war das Thema Klimawandel in der Stadt angekommen. Seitdem hat sich viel getan. Die Kölner Weiher wurden saniert, und Themen wie die Kühlung des Stadtklimas durch Bäume und Grünflächen erhalten immer mehr Gewicht.
Wie sollte sich das Kölner Grün in Zukunft entwickeln?
Jeder Baum, den wir pflanzen, ist ein Beitrag zum Klimaschutz. Das ist nicht zum Nulltarif zu haben. Straßenbäume zu pflanzen ist heute wesentlich aufwendiger und teurer, weil sie eine bessere Wasserversorgung und optimale Standortvoraussetzungen brauchen, um überleben zu können. Wir werden mehr Baumarten aus anderen Ländern haben als früher, die mit Hitze und Trockenheit besser zurechtkommen. In Parks müssen wir weiterhin auf die Balance aus Naturschutz und Artenvielfalt sowie Freizeit und Erholung achten. Das Wichtigste ist, die Menschen mitzunehmen. Ohne Bürgerbeteiligung geht heutzutage nichts.
Zur Person
Joachim Bauer (65) ist in Köln geboren und aufgewachsen und hat in Hannover Landschaftsarchitektur studiert. An der Uni Köln promovierte er über die Entwicklung des Städtebaus mit Blick auf die Bedeutung des Grüns. 1993 fing er im Grünflächenamt an, wurde später stellvertretender Amtsleiter. Seit 2007 ist er ehrenamtlicher Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Köln, seit 2009 Geschäftsführer des Freundeskreises Haus des Waldes. Zudem leitet er einen Kleingartenverein. (fu)