Ein „Alkohol-Kiosk“ in Kölns Partyviertel sorgt für Aufregung. Die Anwohner und der Innenstadt-Bürgermeister fordern eine Änderung des Bebauungsplans.
„Auf Saufgelage ausgerichtet“Neuer Kiosk im Belgischen Viertel sorgt für Ärger
Eine Nachbarin bringt es auf den Punkt: „Katastrophe“. Ein neuer Kiosk im Partyviertel rund um den Brüsseler Platz erregt die Gemüter oder besser gesagt, bringt einen um den Schlaf. Seit rund zwei Wochen hat auf der Moltkestraße ein „Alkohol-Kiosk“ aufgemacht und seit dem versammeln sich besonders am Wochenende rund 200 Nachtschwärmer vor dem Kiosk. Früher war in dem Ladenlokal ein Textilgeschäft, heute geht dort Hochprozentiges über die Theke. Nun ist es nicht so, dass die Menschen im Belgischen Viertel in einer Ruhezone wohnen. „Der Lärm in dem Viertel ist ohnehin schon kaum zu ertragen. Nun haben wir noch einen weiteren Kiosk, der die jungen Leute anzieht“, sagte eine Anwohnerin der Rundschau.
Die Nachbarn des Kiosks sind so erzürnt, dass sie die Politik eingeschaltet haben. Innenstadt-Bürgermeister Andreas Hupke hat sich ein Bild von der Lage gemacht und sagte: „Der Kiosk ist auf Saufgelage ausgerichtet“. In dem Geschäft würde überwiegend Hochprozentiges angeboten.
Mit einem normalen Kölner Kiosk an der Ecke hätte der Laden nichts zu tun: „Zeitungen gibt es dort nicht“. Hupke ist geschockt, dass unweit des Brüsseler Platzes noch ein nächtlicher Aufenthaltspunkt für die vielen Partymenschen aufgemacht hat. In einem Seniorenheim an der Lütticher Straße/Ecke Moltkestraße ist man entsetzt über die neue Lärmquelle. „Diese Atmosphäre ist nicht nur unerträglich, sie macht auch krank. Es geht doch nicht an, dass wir, um schlafen zu können, jedes Wochenende Schlaftablette einschmeißen“, sagte eine Bewohnerin. Beispielsweise hätte es am vergangenen Freitag in Strömen geregnet. Doch das hätte die Nachtschwärmer nicht abgeschreckt. „Grölende Kunden verteilen sich dann in Hauseingängen, Toreinfahrten und in unserer Tiefgarageneinfahrt und lassen ihre Notdurft da wo sie wollen nieder“, berichtete eine Bewohnerin weiter.
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Hupke hat angesichts des neuen Kiosks Baudezernent Markus Greitemann angeschrieben. Inhalt des Schreibens: Greitemann soll über eine Veränderung des Bebauungsplanes nachdenken. „Ich werde immer häufiger von Menschen, die im Belgischen Viertel wohnen, darauf angesprochen, ob die Möglichkeit besteht, den Bebauungsplan für das Belgische Viertel revitalisieren zu können“, heißt es in dem Papier. Laut Hupke sei in dem jetzigen Laden eine Bäckerei oder ein anderes Versorgungsgeschäft die bessere Wahl gewesen und kein Kiosk mit Hochprozentigem. Das Belgische Viertel rund um den Brüsseler Platz sollte einen Bebauungsplan erhalten, um das Wohnen zu schützen. Doch das Vorhaben ist gescheitert.
Erst vor wenigen Tagen war der Partybereich Thema bei einer Anwohnerversammlung. „Das Belgische Viertel hat inzwischen fast Ballermann-Charakter“, sagte eine aufgebrachte Anwohnerin. Die Straßen seien nach langen Partynächten voller Pizzakartons und Flaschen, die Kinder müssten morgens zwischen Erbrochenem und Scherben zum Bäcker gehen. Während manche Bewohner die Außengastronomie, die sich seit der Pandemie immer weiter vergrößerte, als den Kern des Problems sehen, steht für einen Großteil aber auch die Stadt in der Verantwortung. „Es ist immer noch ein Wohnviertel, da sollten die Anwohner im Vordergrund stehen“, berichtet ein weiterer Teilnehmer.
Rechtsstreit um Brüsseler Platz
Beim Streitpunkt Brüsseler Platz geht es nicht wirklich voran. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster im September 2023 die Stadt Köln zur Einhaltung der Nachtruhe zwischen 22 und 6 Uhr verpflichtet. Daraufhin legte die Stadt Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein, wodurch das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Bereits vor den ersten warmen Tagen hatte die Stadt Köln jedoch angekündigt, verstärkt am Brüsseler Platz zu kontrollieren. Das Ordnungsamt und sogenannte Vermittler, zu erkennen an grünen Westen, sollen die Menschen freitags und samstags ab 22 Uhr auffordern, den Platz zu verlassen bis spätestens 24 Uhr. Sanktionen können sie nicht aussprechen. Weitere Maßnahmen sind, das Schließen der Außengastronomie ab 23.30 Uhr sowie ein Alkoholkaufverbot für einen naheliegenden Supermarkt und zwei Kiosks.
In dem neuen Lokal an der Moltkestraße wird nach Angaben von Anwohnern gegen 1.30 Uhr nachts Alkohol verkauft manchmal auch länger.