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Kulturgut und Kölner DomKölns Stadtführer kämpfen gemeinsam gegen die Vermüllung

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Der Vorstand des Vereins Guides Köln an einer der neuralgischen Stellen der Stadt, der Römerstraße (von links): Günther Klein, Ilona Priebe, Hartmut Kramer.

Der Vorstand des Vereins Guides Köln an einer der neuralgischen Stellen der Stadt, der Römerstraße (von links): Günther Klein, Ilona Priebe, Hartmut Kramer.

Stadtführerinnen und Stadtführer fürchten, dass das Kulturgut der Stadt zerstört wird. Sie haben den Verein „Guides Köln“ als Sprachrohr für Kritik gegründet.

„Ich muss mittlerweile eine Stunde vor meinen Führungen durch die Stadt gehen, um zu schauen, welche Ecken ich bei meiner Führung überhaupt zeigen kann“, erklärt Hartmut Kramer. Er ist Touristenführer in Köln und bemängelt gemeinsam mit Ilona Priebe und Günther Klein den Zustand der Innenstadt und Altstadt, besonders im Domumfeld.

Urinal-Ecken auf der Domplatte, Uringeruch in Durchgängen, Taubenkot auf der römischen Stadtmauer und noch viel mehr Problemstellen schildern das Trio, das sich zusammengeschlossen hat, um die Kritik in Richtung Verwaltung zu bündeln und für das Ansehen der eigenen Stadt zu kämpfen.

Viele Baustellen, noch mehr Müll

Die Kritik ist deutlich. Ilona Priebe erklärt: „Seitens der Stadt wird zu wenig getan, um das Kulturgut zu erhalten. Dabei ist das Meiste eh für die nächsten zehn Jahre weggesperrt.“ Das Trio weist auf die vielen geschlossenen Museen wie das Römisch-Germanische und das Stadtmuseum hin. Zwischen Dom und Altstadt reihen sich die Baustellen aneinander: Die Sperrung am Römisch-Germanischen Museum (RGM) in Richtung Hohenzollernbrücke, das Dom-Hotel, das Laurenz-Carré, die Miqua, die Baugrube des Anbaus für das Wallraf-Richartz-Museum und mehr.

Die Baustellen sind jedoch nur das eine. Kramer, Priebe und Klein zeigen gezielt Problemstellen auf. Die Liste ist ebenso lang: So gibt es beim Römertor am Dom auf der Domplatte einen schmalen Durchgang an einer Mauer, der offensichtlich zum Urinieren genutzt wird, was eine riechende Pfütze bezeugt. Der Gestank von Urin ist auch allgegenwärtig, betritt man unterhalb des Domsockels die Tiefgarage. Eigentlich ein beliebter Gang für die Stadtführerinnen und –führer, denn hinter der Fassade versteckt sich die 2000 Jahre alte Stadtmauer.

Die 2000 Jahre alte römische Stadtmauer in der Tiefgarage am Dom.

Die 2000 Jahre alte römische Stadtmauer in der Tiefgarage am Dom.

Auf der Stadtmauer liegt jedoch der Müll. Strohhalme, Silberpapier von Kaugummi-Verpackungen und Zigarettenstummel sind auf der Mauer zu finden. Ein paar Schritte weiter wird es noch schlimmer: Im Bereich der Ausfahrt aus der Tiefgarage am Dom ist ein weiteres Stück Stadtmauer erhalten, überzogen mit Vogelkot. Auch hier liegt Müll neben Taubenfedern auf und vor der Mauer. Das Stadtführer-Trio kritisiert auch, dass dieses Stück Stadtmauer mitten im Bereich der Ausfahrt aus der Tiefgarage liegt. Es sei nicht nur eine Gefahrenstelle, die Geräuschkulisse sei auch eine Zumutung für Stadtführer und für die Gäste. Ein weiteres Problem sei Ungeziefer: Der Weg hinaus aus der Tiefgarage führt an einer toten Maus vorbei.

Es hagelt jedoch nicht nur Kritik, sondern auch konkrete Verbesserungsvorschläge und Forderungen wie eine Grundreinigung der Stadtmauer. Taubennetze könnten verhindern, dass die Vögel dort immer wieder die Mauer verschmutzen, so die drei. Ein breiterer Bürgersteig und eine Verlegung der Ausfahrtsschranke weiter in Richtung Ausgang sollen zudem das Risiko und den Lärmpegel senken.

Eine tote Maus liegt im Aufgang von der Tiefgarage zum Roncalliplatz.

Eine tote Maus liegt im Aufgang von der Tiefgarage zum Roncalliplatz.

Neben den vielen Kritikpunkten gibt es aber auch Fortschritte. So seien an der Römerstraße, die unterhalb des RGM zu finden ist, zwei neue Mülleimer aufgestellt worden. Dennoch liegen zerbrochene Glasflaschen und Zigarettenreste zwischen den historischen Pflastersteinen. „Wir sind für jede Verbesserung dankbar“, erklärt Ilona Priebe. Es sind die ersten Resultate der Arbeit des im Mai dieses Jahres gegründeten Vereins „Guides Köln“. Der Verein steht aber noch ganz am Anfang.

Mir sagen teilweise Gäste, dass sie das Wochenende lieber woanders verbracht hätten.
Illona Priebe

Kramer, Priebe und Klein betreiben jeweils eigene Agenturen mit Stadtführern, sie sind eigentlich Konkurrenten am Markt. Alleine haben sie keine Hoffnung auf Verbesserung mehr gehabt, also haben sie sich in dem Verein zusammen getan. In nur vier Monaten haben sich zudem viele weitere Agenturen und einzelne Stadtführer angeschlossen. Mittlerweile gehören dem Verein 65 bis70 Führerinnen und Führer an. Rund 300 Führungen finden im Domumfeld am Tag statt, so Hartmut Kramer. An Samstagen verdoppelt sich diese Zahl, wirft Günther Klein ein.

Angriffe auf Stadtführer

Die Rückmeldungen von den Gästen fielen dabei zunehmend schlechter aus, wissen die Stadtführer. „Mir sagen teilweise Gäste, dass sie das Wochenende lieber woanders verbracht hätten“, konstatiert Ilona Priebe: „Köln hat keine schönen Ecken mehr.“

Hinzu komme, dass besonders an den Wochenenden immer wieder Probleme und Vorfälle vorkommen würden. So habe es Angriffe auf Stadtführer bei Nacht- oder abendlichen Kostümführungen gegeben. Manche Guides würden in den Abendstunden keine Führungen mehr machen wollen. „Der Ordnungsdienst findet nicht statt, wenn er am dringendsten benötigt wird“, bemängelt Günther Klein: „Wir benötigen den Ordnungsdienst besonders freitags und samstags bis 22 Uhr, aber ab 18 Uhr sieht man hier keinen vom Ordnungsamt mehr.“

Die Stadtführerinnen und –führer stellen infrage, ob das die Art und Weise sein soll, wie die Stadt sich Gästen aus dem In- und Ausland präsentiere. Ilona Priebe fasst zusammen: „Das Kulturgut Kölns wird unwürdig präsentiert.“