Die Stadt zeichnete im Historischen Rathaus die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger des Ehrenamtspreises aus.
Köln engagiert 2024Ohne das Ehrenamt bricht die Gesellschaft auseinander
Es sei eine ihrer „schönsten Aufgaben“, erklärte Oberbürgermeisterin Henriette Reker, „Ihnen ,Danke' zu sagen. Sie sind das Rückgrat der Gesellschaft“. Gemeint war ein kleiner Teil der mehr als 200 000 ehrenamtlich engagierten Menschen in Köln, die im Historischen Rathaus für ihren Einsatz ausgezeichnet wurden — stellvertretend für alle. 130 Einsendungen waren es diesmal, unter denen der Ehrenamtspreis „Köln Engagiert 2024“ ausgelobt wurde: Einzelpersonen, Vereine, Institutionen, Unternehmen.
Acht von ihnen wurden schließlich auf die Bühne gebeten, um sich ins Gästebuch der Stadt einzutragen, die kleine Medaille und den Obulus in Form eines Schecks zwischen 1000 und 3000 Euro in Empfang zu nehmen. Ausgesucht wurden sie von einer Jury quer durch die Stadtgesellschaft, unter ihnen auch Rundschau-Lokalchef Jens Meifert. Als Paten standen den Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtlern in diesem Jahr Tugba Tekkal, ehemalige FC-Spielerin und Menschenrechtsaktivistin, sowie FC-Legende Toni Schumacher zur Seite.
Werben für die gute Sache
Die Rundschau hatte die Nominierten in einer eigenen Serie bereits ausführlich vorgestellt, doch die Bühne im Rathaus nutzten sie gerne noch einmal für das Werben für die eigene Sache. Petra Pluwatsch-Oehlen beispielsweise: Sie arbeitet beim Kölner NS-Dokumentationszentrum (NS-Dok). Sie hat honorarfrei ein Buch verfasst, das sich mit den Menschen hinter den sogenannten Stolpersteinen — kleinen, in den Boden eingelassene Erinnerungen an verfolgte und deportierte Menschen während des Nationalsozialismus — beschäftigt. „Es sind Menschen wie Sie, die tatkräftig dafür sorgen, dass wir weiterhin eine Erinnerungskultur haben“, würdigte Reker Pluwatsch in ihrer Laudatio.
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Wie sehr das Thema Nationalsozialismus bis heute offene Wunden geschlagen hat, ließ sich insbesondere auch der Arbeit eines weiteren Preisträgers entnehmen: Der Verein „Zweitzeugen“ ermöglicht Zeitzeugen des Holocausts, ihre Geschichten weiterzugeben. „Wenn wir Menschen zuhören, werden wir selbst zu Zeugen“, erinnert Co-Vereinsgründerin Anna Damm. Der Verein ermutigt über Generationen hinweg Menschen, sich gegen Antisemitismus und Ausgrenzung einzusetzen. Ohnehin mochte man glauben, es liege einiges im Argen in unserer Gesellschaft, wenn man den Preisträgerinnen und Preisträgern zuhörte.
Ulrike Demmig etwa, die sich über den Verein „Rat und Tat“ für Angehörige psychisch erkrankter Menschen einsetzt. Und wenig hinter dem Berg hielt mit ihrer Kritik an der Art und Weise, wie seitens der Medizin wie auch der Gesellschaft mit den Betroffenen umgegangen werde: „Es gibt viele psychisch kranke Menschen in unserer Gesellschaft. Wenn wir sie im Stich lassen, werden wir selbst krank“, mahnte sie.
Große und kleine Geschichten im Hintergrund
Von der Dramatik des Im-Stich-Lassens konnte auch Amadou Touré berichten. Selbst vor gut zehn Jahren als Asylsuchender aus Afrika gekommen, bietet er heute mit dem Verein Promo Guinée Afrika Hilfen für afrikanische Geflüchtete an und kooperiert eng mit dem Flüchtlingsrat. Er habe selbst erlebt, wie es sei, in einem fremden Land, in einer fremden Gesellschaft auf sich allein gestellt zu sein. Mit all den Problemen, die ihn schließlich zur Flucht bewogen hatten.
Es waren die vielen großen und kleinen Geschichten, die die Menschen hinter dem Ehrenamt an diesem Tag wenigstens einmal kurz an die Öffentlichkeit kommen ließen. Die Mitglieder des Kölner Jugendrings, die von ihren Erfahrungen als „Lobby für junge“ insbesondere gegenüber der Politik berichteten und vor allem ihre Erfahrungen einbringen wollen. Die Mitarbeitenden der GAG, die nicht nur einmal im Jahr am Freiwilligen-Tag des Unternehmens teilnehmen (der, wie Vorständin Anne Keilholz betonte, in der Tat freiwillig ist und an dem dennoch ein großer Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilnimmt), sondern vor allem auch vor Ort soziale Kontakte knüpfen, vermitteln und den in der Satzung verankerten sozialen Gedanken vorleben.
Den Blick auf andere bewahren
Haksun Gülcicek ist selbst in nicht immer einfachen Verhältnissen aufgewachsen, hat sich aber immer den Blick auf andere bewahrt. Fußballtrainer, Schiedsrichter und ehrenamtlicher Richter beim Amtsgericht Köln sowie beim Schiedsamt in Porz. Viel hat er sich bei seinen Aufenthalten in den USA und Australien abgeschaut, er spricht mit den Menschen, versucht zu schlichten und Schwachen auf die Beine zu helfen.
Und dann sind da noch die jungen Menschen der Eduard-Mörike-Schule, einer Förderschule im Grengel. Aus eigenem Antrieb heraus organisieren sie einen Spendenlauf für geflüchtete Menschen aus der Ukraine, laden sie in die Schule ein, helfen zu verstehen, geben den Menschen ein Gefühl des Miteinanders in einer für sie fremden Welt.
Es bleibt viel zu tun in einer zunehmend angespannten Zeit, darüber waren sich alle einig. Und auch darin, dass ohne ehrenamtliche Arbeit in Stadt und Land die Gesellschaft in vielen Bereichen schlicht zusammenbrechen würde. Dass sie dies nicht tut, ist ein Verdienst aller Ehrenamtler. Auch derer, die an diesem Tag keine Bühne fanden.