Roncalli-Chef Bernhard Paul begrüßte Oberbürgermeisterin Henriette Reker auf seine Art und Weise - mit einem kleinen Seitenhieb. Der Rest war Kunst.
Neumarkt in KölnCircus Roncalli feiert Premiere - große Kunst in der Manege
Der blau-weiße Heißluftballon setzt zur Landung an. An Bord sind die beiden Clowns Matute und Canutito Jr., bepackt mit schweren Koffern. Ein schüchterner Gruß ins Publikum, der Ballon senkt sich und setzt in der Manege auf. Der Circus Roncalli ist gelandet. Für sechs Wochen lässt sich das Kölner Zirkus-Unternehmen auf dem Neumarkt nieder. Am Freitagabend stieg die große Premieren-Gala. „Wir sind sehr gerne in Köln. Wenn wir hier sind, ist alles gut“, begrüßt Roncalli-Chef Bernhard Paul sein Heim-Publikum. Ganz besonders begrüßt er Oberbürgermeisterin Henriette Reker, kann sich einen Seitenhieb gegen die Stadtführung aber nicht verkneifen. „Das Geld, das wir in München, Hamburg, Wien oder New York verdienen, bringen wir nach Köln, hier bezahlen wir unsere Steuern. Und dann kämpfen wir darum, dass wir hier spielen dürfen.“
Dann ist endlich Zirkus angesagt. Erneut ist es Paul gelungen, eine temporeiche und kurzweilige Show auf die Beine zu stellen. Dafür hat der Circus Roncalli die Künstler seit dem Kölner Gastspiel vor zwei Jahren komplett ausgetauscht – bis auf eine Ausnahme. Fast seit 20 Jahren mit dabei ist Weißclown Gensi, Aushängeschild, Wahrzeichen und fester Bestandteil der Roncalli-Familie.
Nach der geglückten Landung sorgt Noel Aguilar für einen rasanten Start. Der Mexikaner jongliert Keulen, Bälle und Strohhüte mit Füßen, Kinn, Kniekehle oder sogar mit dem Mund. Und legt dabei wohl die meisten Meter von allen Künstlern in der Manege zurück.
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Circus Roncalli in Köln: Auch Lili Paul-Roncalli mit dabei
Schon beim Gastspiel vor zwei Jahren widmete sich Bernhard Paul der Kunst in all ihren Facetten. Das neue Programm „ART ist ART“ ist nun die Fortsetzung. Die meisten Nummern stehen zwar für sich. Wer genau hinschaut, der findet aber fast überall mal weniger, mal mehr versteckte Anspielungen auf verschiedene Künstler und Kunstformen. Verbiegungskünstler Andrey Romanovski lässt seinen Körper etwa in einer schmalen Röhre verschwinden, gestaltet im Stile des Pop-Art-Künstlers Keith Haring. Übrigens keine Nummer für Klaustrophobiker.
Die Tänzer der Adem Crew verwandeln die Manege in ein Museum und erzählen die Geschichte eines missglückten Kunstdiebstahls. Die Exponate – ein Pharao, ein Samurai und Charlie Chaplin – erwachen zum Leben und überwältigen den Dieb, der schlussendlich selbst als Ausstellungsstück endet. Beeindruckend bis verstörend sind die roboterartigen Verrenkungen der kirgisischen Truppe.
Das künstlerische Bindeglied sind die Übergänge zwischen den Nummern. Da wird die Manege schon mal zum Laufsteg für die farbenfrohen Kleider des vierköpfigen Roncalli Balletts. Die unterhaltsame Slapstick-Trampolin-Nummer des russischen Professor Wacko, der sich auf alle erdenklichen Weisen über, unter und neben seinem Turngerät die Rübe stößt, ist eingebettet in das Frankreich des 19. Jahrhunderts. Frauen in rüschigen Can-Can-Röcken himmeln den bärtigen Artisten an, im Hintergrund schwingt ein Bäcker sein Baguette.
Circus Roncalli auf dem Neumarkt: Spektakuläre Luftnummern
Bei der Generalprobe in Recklinghausen war sie noch nicht dabei. Bei der Premiere in Köln feierte auch Pauls Tochter Lili Paul-Roncalli ihren Tourauftakt. Erstmals seit acht Jahren steht sie wieder in Köln in der Manege. Stilecht auf einem Billardtisch wird sie voraussichtlich in allen 69 Shows mit ihrer Verbiege-Akrobatik (im Fachjargon Kontorsion) auftreten.
Wirklich lustig sind in diesem Jahr die beiden Clowns. Der Peruaner Canutito Jr. überzeugt vor allem mit seinem musikalischen Talent und im Zusammenspiel mit Roncalli-Urgestein Gensi. Clown Matute läuft im Spiel mit dem Publikum zur Höchstform auf. Einen Zuschauer bittet er zum Boxkampf in die Manege – und sorgt äußerst präzise für die passenden Soundeffekte.
Spektakulär wird es immer dann, wenn sich der Blick des Publikums nach oben richtet. In luftiger Höhe balanciert der Chinese Zhenyu Li auf zwei biegsamen Stäbchen, das Duo Turkeev wirbelt zu zweit in waghalsigen Figuren am Trapez durch die Manege und erhält für ihre emotional erzählte Liebesgeschichte den wohl lautesten Applaus am Abend.
Und dann sind da die kleinen liebevollen Nummern, die den Circus Roncalli so besonders machen: eine Dampflok, die wie von Zauberhand betrieben durch das Roncalli-Rund tuckert, ein Stoff-Stier, der Seifenblasen aus seinem Allerwertesten pustet oder die zauberhafte Nummer der Illusionistin Alexandra Saabel, die das Publikum in die Welt von „Alice im Wunderland“ entführt. Bis zum 26. Mai gastiert der Circus Roncalli auf dem Neumarkt. Tickets gibt es auf der Roncalli-Webseite.