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„Das ist ein Offenbarungseid“7000 Kinder in Köln um kostenlose Wassergewöhnung gebracht

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In Schwimmcontainern, die diesen ähneln, sollten sich Kölner Kinder ans Wasser gewöhnen, um später leichter schwimmen zu lernen.

In Schwimmcontainern, die diesen ähneln, sollten sich Kölner Kinder ans Wasser gewöhnen, um später leichter schwimmen zu lernen.

Weil keine Einigung erzielt werden konnte im Pilotprojekt mit den kostenlosen Schwimmcontainern, stehen sie nun nicht in Köln, sondern in Erftstadt.

Es war ein Angebot auf dem Silbertablett. Rund 7000 Kölner Kinder hätten in einem mobilen Schwimmcontainer eine von Fachkräften durchgeführte Wassergewöhnung durchlaufen und so leichter und schneller schwimmen lernen können. Und das so gut wie kostenlos für die Stadt. „Dass die Stadt das Angebot nicht umgesetzt hat, ist ein Offenbarungseid und eine Vollkatastrophe“, sagt Oliver Seeck, Vorsitzender des Sportausschusses der Stadt. „Das kann man keinem normalen Menschen erklären.“

Seit Anfang der Woche wird dieser mobile Schwimmcontainer in Erftstadt-Erp an einer Grundschule genutzt. Hier soll er bis Ende des Jahres bleiben.

Ausgestaltung und Nutzungskonzept des mobilen Schwimmcontainers hatten der Schwimmverband NRW und die Schwimmschule „Sharky“ gemeinsam entwickelt und die RTL-Stiftung als Sponsor des 140 000 Euro teuren Containers gewonnen. Die Schwimmschule stellt   Schwimmlehrkräfte kostenlos zur Verfügung, organisiert den Transport und die Wiederbefüllung des Containers an den neuen Standorten. Ursprünglich hatte dieser in den 23 Wochen zwischen den Oster- und den Herbstferien diesen Jahres in Köln an rund einem Dutzend Stationen   genutzt werden sollten.

Wir wollten den Container zuerst an Schulen in sozialen Brennpunkten aufstellen. Da ist der Hilfebedarf besonders hoch.
Oliver Seeck, Vorsitzender des Sportausschusses

„Der Bedarf an solchen Angeboten ist riesig, denn die Zahl der Kinder, die nicht schwimmen können, wird immer größer. Jedes Jahr fehlen Wasserzeiten für 500 Kinder. Vier der neun Lehrschwimmbecken der Stadt können überhaupt nicht genutzt werden“, kritisiert der Vorsitzende des Sportausschusses. Ersatzlos ausgefallen seien Schwimmkurse überdies während des siebenmonatigen Lockdowns der elf Kölner Bäder.

Immer mehr Kinder können nicht schwimmen

„Wenn Kinder nicht früh schwimmen lernen, lernen sie es gar nicht mehr, wenn die Eltern sich nicht kümmern oder kümmern können. Mit 13, 14 sind die Kinder nicht mehr erreichbar. Ein Schwimmkurs ist dann peinlich“, sagt Seeck. Das sei ein Grund, dass immer wieder tödliche Badeunfälle passieren. „Dann stehen sie mit 17 Jahren in einem Boot, haben etwas getrunken und wollen nicht kneifen, wenn die anderen ins Wasser springen.“ „Die Stadt wächst kontinuierlich, die Wasserfläche bleibt gleich“, kritisierte auch Robert Becker, Vorsitzender des Ortsverbands der Kölner Schwimmvereine (wir berichteten). In allen Vereinen gebe es lange Wartelisten fürs Erstschwimmen.

Ein mobiles Schwimmbad der Firma Aqwa Itineris, das als Lkw-Anhänger überall hin transportiert werden kann.

Ein mobiles Schwimmbad der Firma Aqwa Itineris, das als Lkw-Anhänger überall hin transportiert werden kann.

Container hätte an sozialen Brennpunkten stehen sollen

Bereits im Oktober 2022 hatten sich die Initiatoren des Projektes mit den beteiligten offenen Ämtern und Sportdezernent Robert Voigtsberger getroffen. Alle seien begeistert von dem Angebot gewesen, auch die angesprochenen Schulen, so Seeck. „Wir wollten den Container zuerst an Schulen in sozialen Brennpunkten aufstellen. Da ist der Hilfebedarf besonders hoch, und die Lehrkräfte sind oft sehr engagiert.“ Um den Schwimmcontainer bestmöglich zu nutzen, müsse er in den zwei Wochen vor Ort auch nachmittags eingesetzt werden. „Das wirft einen Schulalltag schon durcheinander, aber so können wir pro Standort 700 Kinder erreichen.“ In den Sommerferien sollte der Container von freien Trägern bei Ferienmaßnahmen genutzt werden. „Die Aufgabe der Verwaltung war es,   Standorte zu benennen und die Kosten für Strom, Wasser und die Reinigung der Schwimmcontainer zu tragen – 450 Euro für zwei Wochen“, so der Sprecher des Sportausschusses.

Nach intensiven Gesprächen mit den Projektbeteiligten konnte im vorgegebenen Zeitfenster leider keine endgültige Einigung über die notwendigen Rahmenbedingungen des Projekts erzielt werden, teilte die Verwaltung mit. Man wolle mit den Kooperationspartnern jedoch grundsätzlich weiter in Kontakt bleiben und gemeinsame Projekte erörtern, sofern die entsprechenden Rahmenbedingungen gegeben sind. Kritische Punkte, die in dem sechsmonatigen Prozess ungeklärt geblieben waren, teilte die Stadt trotz konkreter Nachfrage der Rundschau nicht mit.

Man habe aber eine Interessensbekundung zur Teilnahme am NRW-Programm „Narwali“ abgegeben, so die Mitteilung weiter. Da der Container sich „von Düren über die Städteregion Aachen und Heinsberg in östlicher Richtung auf Köln zubewege“, sei man optimistisch, dass man 2024 einen Standort für den Schwimmcontainer anbieten könne.

Der Container komme, bestätigte das Land – für sechs Wochen. Bei dem Angebot der Initiativen wäre er 23 Wochen lang in Köln geblieben.