Seit Jahren kämpfen die städtischen Kliniken mit hohen Verlusten. Die neue Geschäftsführung geht für 2023 von einem massiv höheren Defizit aus als gedacht. Kölns OB Reker verlangt von der Geschäftsführung kurzfristig ein neues Sanierungskonzept.
Finanznot größer als gedachtKliniken Köln erwarten 90-Millionen-Euro-Defizit
Die Finanznot der städtischen Kliniken Köln ist weitaus größer als bisher bekannt. Nach Rundschau-Informationen geht die neue Geschäftsführung in ihrer Wirtschaftsplanung für 2023 von einem Defizit von fast 90 Millionen Euro aus. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 betrug der Fehlbetrag laut Geschäftsbericht 53,2 Millionen Euro, 2020 waren es 48,6 Millionen Euro.
Das Rekordminus ist nicht etwa ein einmaliger Ausreißer. Laut Mittelfristplanung führen die jährlichen Defizite der drei Kliniken Merheim, Holweide und Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße bis 2027 zu einem zusätzlichen Finanzbedarf von insgesamt rund 350 Millionen Euro. Seit Jahren kämpfen die städtischen Kliniken mit hohen Verlusten, die nun immer größer zu werden drohen. Für 2022 gingen die beiden Geschäftsführer Prof. Dr. Axel Goßmann und Sylvia Langer zuletzt von einem Defizit von 67,7 Millionen Euro aus, der Jahresabschluss 2022 liegt noch nicht vor.
Darlehen belaufen sich auf 401,6 Millionen Euro
Immer wieder musste die Stadt Köln als Alleingesellschafterin der Kliniken mit Darlehen aushelfen, um das Unternehmen vor der Zahlungsunfähigkeit zu bewahren. Die Gesamtsumme der von der Stadt bewilligten Kredite beläuft sich bereits auf 401,6 Millionen Euro. Ein Ende ist nicht absehbar, und dass die Darlehen jemals zurückgezahlt werden, gilt praktisch als ausgeschlossen.
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Doch nun will die Stadt die Ausweitung der Defizite nicht länger hinnehmen. Nach Rundschau-Informationen hat die Gesellschafterversammlung der Kliniken in der vergangenen Woche die Geschäftsführung angewiesen, kurzfristig im Februar ein neues Investitions- und Sanierungskonzept vorzulegen. Die Gesellschafterversammlung besteht aus nur einer Person: Oberbürgermeisterin Henriette Reker (66, parteilos) als Vertreterin der Alleingesellschafterin Stadt Köln.
Dem Vernehmen nach hat Reker den Klinik-Chefs den Auftrag erteilt, ein Konzept zu entwickeln, das die hochwertige Qualität der medizinischen Versorgung sicherstellt und gleichzeitig die notwendigen Investitionen ermöglicht. Zudem soll das jährliche Defizit in absehbarer Zeit auf einen Betrag unter zehn Millionen Euro gesenkt werden. Bis das Konzept vorliegt, sollen die Kliniken keine weiteren Darlehen von der Stadt erhalten, sie sind derzeit bis zum März finanziert. Umgesetzt würde das Konzept nur, wenn der Rat es beschließt.
Sanierung kam kaum voran
In der Vergangenheit wurden schon mehrere Sanierungsgutachten erstellt, doch unter Ex-Geschäftsführer Holger Baumann kam die Sanierung kaum voran. Die finanzielle Lage verschlimmerte sich – auch angesichts der Corona-Pandemie – weiter. Nun will Reker offenbar verhindern, dass die Kliniken für die Stadt finanziell zu einem Fass ohne Boden werden. Auf Anfrage der Rundschau wollte sich die OB nicht zu dem Thema äußern.
Klar scheint aber: Um das Defizit stark zu reduzieren, bräuchte es dringend mehr Mittel von Land und Bund, sonst würden einschneidende Kürzungen bis hin zur Schließung von Standorten drohen. Die Klinik Holweide soll laut Aufsichtsratsbeschluss ohnehin von einem Plankrankenhaus in ein Medizinisches Versorgungszentrum umgewandelt werden („2+1“-Konzept). Dieser Prozess könnte unter hohem wirtschaftlichen Druck beschleunigt werden – trotz der vielen Proteste. Auch der Kinderklinik könnte der Rotstift drohen.
Offen ist, was dies für den geplanten Klinikverbund aus Uniklinik und Kliniken Köln bedeutet. Auch die Uniklinik – eine Einrichtung des Landes NRW – macht Verluste. Das Land prüft derzeit weiterhin, ob es einen Verbund will. Angesichts der finanziellen Risiken hat die Landesregierung die Ende 2017 vorgeschlagene Idee bisher sehr zurückhaltend behandelt.