In der Altstadt feiern Tausende eine ausgelassene Party. Es war der fulminante Startpunkt des Straßenkarnevals. OB Reker mahnte Solidarität an.
Weiberfastnacht am Alter Markt in Köln„Wir haben so lange drauf gewartet!“
„... drei, zwei, eins.“ Tausende Jecke zählen gemeinsam runter. Dann ist es soweit: 11.11 Uhr! Von der Bühne auf dem Alter Markt rieselt rotes und grünes Konfetti durch die Luft. Prinz Boris I., Bauer Marco und Jungfrau Agrippina winken. Die Menge tobt. Endlich wieder Karneval. „Wir haben da so unfassbar lange drauf gewartet“, sagt eine Lappenclown-Frau. Mit einer Gruppe von Freunden steht sie in der ersten Reihe vor der Bühne am Alter Markt. Um 7 Uhr sind die Lappenclowns aus Poll gekommen. Schunkeln, singen, tanzen − die Stadt ist aus dem Häuschen. Das gilt für Kölnerinnen und Kölner ebenso wie für die vielen, die extra angereist sind. Vor allem in der Altstadt sind auch viele Auswärtige unterwegs.
Sechs Freundinnen, verkleidet als „Steampunks“ − einer Mischung aus viktorianischem Tüll und sexy Accessoires, − kommen aus der Südpfalz. Zwei Stunden Zugfahrt liegen hinter ihnen. Die Männer sind zwar mitgereist, aber die Frauen wollen alleine unterwegs sein: „Wer nimmt denn schon zu ’ner Brauereibesichtigung Bier mit?“, lacht eine. „Wir wollen nur spielen“, fügt eine andere lachend hinzu.
Beste Laune bei den sechs Bambis
Beste Laune auch bei den Bambis. Obwohl die Mädelsgruppe sich als Rehe verkleidet hat, machen die Neusserinnen alles andere als einen scheuen Eindruck. „Wir sind seit 7.49 Uhr in der Stadt und bleiben bis in die Nacht“, rufen sie gegen die Musik an. Alter Markt, Heumarkt und die Gassen drumherum sind voll zum Start des Karnevals. „Karneval ist die große Konstante im Seelenleben der Kölschen“, hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker am Morgen im Rathaus festgestellt. In der traditionellen Tracht der Hellige Knäächte un Mägde, die ebenso wie der organisierte Karneval dieses Jahr das 200. Jubiläum feiern, empfing sie das Dreigestirn und Mitglieder der Karnevalsgesellschaften im Hansasaal des Historischen Rathauses.
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„Als jahrhundertealter Brauch spendet der Karneval Halt. Und ihn brauchen wir in unserer bewegten Welt umso mehr“, ist Reker überzeugt. Sie spricht auch die aktuellen Katastrophen an, den Krieg in der Ukraine und das verheerende Erdbeben in der Türkei und Syrien. „Karneval erinnert uns an unsere Mitmenschlichkeit“, betont die Oberbürgermeisterin. Der Karneval werde auch dieses Jahr die Solidarität mobilisieren, die es in der krisengeschüttelten Gegenwart brauche.
„Ich bin deshalb der Meinung, dass wir feiern dürfen und feiern sollten. Wir dürfen dabei fröhlich sein, aber auch nachdenklich − so wie es unser herrlichen Kölschen Lieder sind.“ Die erklangen von der Bühne auf dem Alter Markt. Alle Top-Bands des Kölner Karnevals gaben sich ein Stelldichein.
Zwischen den Kostümierten im Karneval sind auffallend viele Menschen, die leere Dosen einsammeln. „Ich denke, ich habe so 20 Euro zusammen damit“, sagt ein Mann, der einen prall gefüllten Müllsack aus der Menge schleppt. Genauso viel zahlt jede der „Steampunks“ aus der Südpfalz als Eintritt in einer Altstadt-Kneipe. „Zwei Getränke sind da mit drin und wir müssen nicht länger in der Schlange stehen“, sagen die feierwütigen Frauen und verabschieden sich. Jetzt geht’s richtig rund.